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Ehemänner

Ehemänner

Titel: Ehemänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angeles Mastretta
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den Fernseher laufen. Alicia brachte es nicht fertig, ihnen diese Unart auszutreiben, obwohl sie es der Form halber versuchte.
    »Macht den Fernseher aus und schaltet ihn erst wieder ein, wenn ihr fertig seid«, sagte sie, wohl wissend, dass sie ihr nicht gehorchen würden.
    »Ja«, sagte das Mädchen.
    »Mach nicht zu lange mit dem Artikel«, sagte der Junge.
    Dann zog sie sich in ihr Arbeitszimmer zurück. Zwei Stunden später war sie immer noch nicht weitergekommen. Sie hatte schon den Nachmittag vertrödelt. Ihr war nach Musik. Sie trat ans Regal und wählte ein Kammerorchester, das nun vom CD-Player erklang, wie um zu sagen: »Keine Sorge, das 18. Jahrhundert hatte auch seine Tücken, war aber auch denkwürdig und ist trotzdem in Vergessenheit geraten.«
    Alicia hätte gerne gemalt wie ihre Schwester. Aber sie war keine Malerin, nur eine fade Journalistin, die über die Absurditäten des politischen Lebens im Land ihres Herzens berichtete.
    Auch Sängerin wäre sie gerne geworden, wenn das Schicksal es gut mit ihr gemeint hätte. Stattdessen schrieb sie nur Zeitungsartikel. Sie hatte ein Nachrichtenprogramm im Radio und verfasste dreimal in der Woche eine Zeitungskolumne. Man hätte annehmen können, das brächte ihr eine gewisse Anerkennung und somit Vergnügen, aber das stimmte, ehrlich gesagt, nicht immer; schon gar nicht an jenem unruhigen Tag, als abends niemand wusste, ob es am nächsten Morgen im Kongress zum Eklat kommen würde, nur weil ein Haufen unfähiger Gesetzgeber es in sechs Monaten nicht geschafft hatte, auch nur den ersten Paragraphen eines Gesetzes zu formulieren.
    Sie waren ja auch vollauf damit beschäftigt gewesen, sich zu streiten und jeden bloßzustellen, der für die eine oder andere Seite stimmte. In der letzten Woche war es gar zu einer Prügelei gekommen wie bei einem Bandenkrieg. Für den ersten Dezember wurde der Höhepunkt des Konflikts erwartet, und ihre Zeitung erwartete von ihr eine der zahlreichen täglich erstellten Analysen und Prognosen.
    Zwei Stunden lang hatte sie am Computer gesessen und nichts weiter getan, als im Internet zu surfen. Die Mexikaner waren völlig auf den Abgeordnetenstreit fixiert. Überall auf dem Erdball lebten die Zeitungen in ihrer eigenen kleinen Welt. Surfen war wie eine Flugreise, auf der die unten vorbeiziehenden Felder und Äcker im Minutentakt die Farbe wechselten.
    Wie würde es in Mexiko weitergehen? Würde der Präsident, nachdem er bei den Wahlen nur einen halben Punkt vor seinem Kontrahenten gelegen hatte, sein Amt überhaupt antreten können, wenn ein Drittel der Abgeordneten die Wahl für ungültig hielt? Wozu der ganze Aufwand, um die Glaubwürdigkeit der Demokratie zu stärken, wenn es am Ende heißt: Irrtum, ihr ist so wenig zu trauen wie eh und je.
    Alicia machte sich ernsthaft Sorgen, und zu ihrem großen Leidwesen glaubten zwei ihrer besten Freunde an die Unglaubwürdigkeit. Das war nicht zu ändern, aber deswegen mochten sie sich trotzdem. Manchmal beweisen sich Freundschaften gerade bei Uneinigkeit. Auch wenn der andere bezweifelt, woran man selbst glaubt, und umgekehrt, tut das der Zuneigung keinen Abbruch. Was würde morgen wohl geschehen?
    Die Besonnenen meinten, gar nichts. Die Skeptiker sagten eine Katastrophe mit verheerenden Folgen voraus, die das Land dauerhaft zerrütten würden.
    Alicia war eine erprobte Skeptikerin. Daher hielt sie beides für möglich oder auch nicht. Jedenfalls würde es die eine oder andere Irritation, den einen oder anderen Verdruss geben, doch nach den anfänglichen Konflikten am ersten Dezember würde es am zweiten schon so gut wie vorbei sein, und die Kinder würden weiter ihre Süßigkeiten am Kiosk kaufen, die Erwachsenen mit der Metro fahren und die Alten jeden Monat ihre siebenhundert Pesos kassieren wie unter der alten Regierung.
    Die Journalisten, auch sie, würden pro oder kontra Stellung beziehen, »ja« oder »nein« sagen oder »wer weiß« und »bis wann«, aber auf jeden Fall würden die Dezembertage wie üblich sonnig und lau sein und abends alle über die ungewöhnliche Kälte in diesem Winter klagen, der ganz anders sei als sonst.
    Nahezu alle Mexikaner sind jedes Jahr aufs Neue geschockt von der winterlichen Kälte.
    »Wieso ist es so furchtbar kalt? So kalt war es doch früher nie«, sagen sie. Dabei ist es im Dezember morgens immer frostig, und mittags, wenn die Sonne zum Vorschein kommt, lassen sich dann alle blenden und denken, die Wärme sei zurückgekehrt. Doch sobald die

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