Ehemann für eine Nacht?
mitgenommen, als ich nach London gezogen bin. Mutter hielt nie viel von Grafikde…“
Unvermittelt brach Sophie ab.
Belinda war froh, dass sie nicht das Einzige war, das Colins Mutter missbilligte. „Dann werde ich vielleicht ein Atelier einrichten. Ich bin sicher, die jüngsten Granvilles würden sich darüber freuen und die Kinder und Enkel der Bediensteten auch.“
Trotz allem zeigte Sophie einen Anflug von Interesse.
Zu ihrer eigenen Überraschung fühlte sich Belinda dadurch ermutigt. Sie und Colins Schwester hatten beide künstlerische Berufe, und sie würde sich nicht wundern, wenn Sophie Sinn für Kunst des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts hätte. Vielleicht würden die beiden kommenden Jahre doch nicht so schlimm werden, wie sie befürchtet hatte.
„Sophie?“
Die Stimme der Dowager Marchioness war von oben zu hören, und Sophie warf Belinda einen schuldbewussten Blick zu, ehe sie die Treppe hinaufeilte.
Belinda setzte ihren Weg ins Esszimmer fort.
Vielleicht ist es nicht ganz so hoffnungslos, dachte sie. Zumindest hatte sie einen weiteren Tag in diesem Haus überlebt …
Irgendwie war es unpassend, dass ein Marquess selbst einkaufte. Belinda beobachtete, wie Colin sich eine Auswahl importierter Brotaufstriche ansah.
Sie lebte nun seit einigen Tagen in Halstead Hall, und Colin war aus London zurückgekommen. Als sie einige Besorgungen im Supermarkt machen wollte, hatte er zu ihrem Leidwesen beschlossen mitzukommen.
Sie nahm ein knuspriges Baguette aus einem Korb und legte es in den Einkaufswagen.
„Wie oft gehst du denn deine Milch selbst einkaufen?“
Colin schien amüsiert. „Hin und wieder.“
Skeptisch betrachtete sie ihn.
„Na ja, wenn William und Catherine selbst im Supermarkt einkaufen gehen“, scherzte er mit Bezug auf die englischen Royals, „dann kann das ein Marquess ja wohl auch.“
„Wir sind hier jedoch bei Waitrose . Ich bin also nicht sonderlich beeindruckt.“
Belinda wusste so gut wie Colin, dass diese gehobene Supermarktkette in Kreisen mit dem nötigen Kleingeld sehr beliebt war.
Colin lächelte. „Dann werde ich mich wohl weiter bemühen müssen.“
Belinda senkte den Blick, weil sich die Atmosphäre zwischen ihnen plötzlich änderte.
Froh über die Ablenkung schob sie den Wagen weiter, dicht gefolgt von Colin.
Es war leicht, Colin für einen arroganten Adeligen zu halten, doch sie musste zugeben, dass er sie mit dem Wunsch, sie in den Supermarkt zu begleiten, angenehm überrascht hatte.
Auf ihrem Weg durch Waitrose blieben sie gelegentlich stehen, um mit Einheimischen zu plaudern, die Colin erkannten. Jedes Mal stellte er sie als seine Frau vor. Niemand schien überrascht, vermutlich, weil jeder in dieser Ecke von Berkshire gut informiert war über den Marquess und die Marchioness of Easterbridge.
Trotzdem war Belinda erleichtert, als sie wenig später den Supermarkt verließen.
Nachdem Colin ihre Einkäufe im Wagen verstaut hatte, schob er den leeren Einkaufswagen zurück, während Belinda wartete.
Er war jedoch kaum ein paar Schritte gegangen, als eine zierliche ältere Frau, teuer gekleidet und mit Chanel-Handtasche, ihn anhielt.
„Junger Mann, würde es Ihnen etwas ausmachen, mir mit einem Umtausch zu helfen? Bringen Sie doch bitte Ihren Wagen her.“ Sie zeigte auf das Heck ihres Autos.
Belinda ging auf, dass sie Colin für einen Mitarbeiter von Waitrose hielt, der am Ende seiner Schicht den Parkplatz aufräumte.
Gerade wollte sie die Chanel-Lady über ihren Irrtum aufklären, doch Colin schüttelte den Kopf.
Nach wenigen Minuten hatte Colin die Espressomaschine der Frau in den Einkaufswagen geladen und ging der Frau voraus zum Eingang des Supermarkts.
Doch schon nach wenigen Metern erspähte ein echter Waitrose – Mitarbeiter die beiden, erstarrte und eilte zu ihnen.
Aus einem Anflug von Übermut heraus ging auch Belinda zu den beiden hinüber.
„Du liebe Güte“, sagte sie so laut, dass jeder es hören musste.
Colin und die Chanel-Lady drehten sich zu ihr um.
„Tut mir leid“, entschuldigend sah sie Colin an, „aber ich habe vergessen, Ihnen ein Trinkgeld zu geben.“
Colin warf ihr einen erstaunten Blick zu, und sie lächelte verschmitzt, ehe sie ihre Schultertasche abnahm.
Der Waitrose – Mitarbeiter war inzwischen bei ihnen. „Kann ich Ihnen behilflich sein, Mylord?“
Die Frau erstarrte. Denn nur bestimmte Aristokraten wurden mit Mylord angesprochen.
„Oje.“ Beschämt blickte die Chanel-Lady von einem zum
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