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Eheroman (German Edition)

Eheroman (German Edition)

Titel: Eheroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Seddig
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duftet nach Rauch und Parfüm. Er nimmt den kleinen Martin auf den Arm und läuft mit ihm in den Flur zu Merve. Merve schmeißt ihren Schuh gegen die Wand, Tränen in den Augen. Sie lässt sich aber nicht mehr helfen mit den Schuhen. Sie macht alles alleine. Als sie Fadil sieht, lächelt sie ihr schönstes Mädchenlächeln und stellt sich hin, die Arme hinter dem Rücken, als wäre sie schüchtern, die ausgekochte kleine Ziege.
    «Mervilein», ruft Fadil. Mervilein ziert sich und schaut auf die Erde und rennt dann plötzlich los in ihr Kinderzimmer. Danilo kommt hinter Fadil in den Flur. Er würde das sonst nicht tun. Er würde sonst in seinem Zimmer sitzen bleiben und weiterarbeiten und höchstens hochgucken und hallo sagen. Aber nun veranstaltet Fadil eine fabelhafte Begrüßung, da kann er höflicherweise nicht sitzen bleiben. Er steht ratlos in der Gegend herum und wartet auf die weiteren Dinge, die da ihren Lauf nehmen. Fadil tänzelt mit Martin auf dem Arm, dem der Mund offen steht, in das Kinderzimmer zu Merve, die sich hinter dem Schrank versteckt hat. Er schaut sich um, er dreht sich und dreht sich, dann sagt er: «Schwester ist weg, Martinolein, da musst du wohl gleich zwei Geschenke kriegen.»
    Rascheln und Kichern hinter dem Schrank. Fadil bleibt hart. Mit Martin auf dem Arm tänzelt er dümmlich grinsend in den Flur, setzt ihn dann auf den Boden und bückt sich zu seiner schwarzen Tasche aus Segeltuch. «Geschenke, Geschenke!», brüllt er. Merve kommt um die Ecke geflitzt. «Da bin ich!», sagt sie. «Da bist du ja, ich dachte, du bist weg», sagt Fadil. «Nein, bin ich nicht, ich bin da-ha», sagt Merve. «Bist du sicher?», fragt Fadil. «Siehst du doch, hier bin ich doch», sagt Merve. «Ach so, du bist das», sagt Fadil. «Merve etwa?» Merve nickt heftig. Fadil zieht zwei Schachteln aus seiner Tasche, bei Karstadt eingewickelt in Ritter-und-Drachen-Papier. Eines für Martin, eines für Merve. Immer wenn er kommt, hat er zwei Geschenke dabei. Er kann jetzt kaum damit aufhören. Er hat die Kinder dran gewöhnt, Merve jedenfalls, Martin ist noch nicht besonders an irgendwas gewöhnt, sein Gedächtnis reicht nur kurz. Merve bekommt ein buntes kleines Klavier mit bunten kleinen Noten, auf dem sie sofort rumhackt, und Martin einen blauen Elefanten, der Geräusche macht, wenn man auf Körperteile drückt. Bunt sind Fadils Geschenke immer, und meistens machen sie auch Geräusche. Er kichert und freut sich, als sie ihre Geschenke auspacken. Ava kann sich vorstellen, wie er bei Karstadt in der Spielwarenabteilung steht und Elefanten und Klaviere ausprobiert und kichert und die Verkäuferinnen erfreut. Er erfreut alle.
    Danilo zieht Fadil wieder in sein arbeitsames Zimmer und schließt die Tür. Ava muss das Essen vorbereiten und die Kinder zu Bett bringen. Sie wird Merve etwas vorlesen, hoffen, dass Martin freundlich neben Merve in seinem Gitterbett einschläft, ohne Geheule und Nuckelverliererei, dann duschen und ein wenig fernsehen oder vielleicht auch lesen. Sie ist so müde. Und Danilo redet und redet nebenan mit Fadil, das regt sie auf. Dieses Gerede! Mit ihr redet er nicht so viel. Kaum etwas eigentlich. Mit ihr kann er auch diese Sachen gar nicht bereden, weil sie keine Ahnung davon hat. Wovon sie Ahnung hat? Kinderkacke!

    Danilo schreibt Texte für Zeitschriften, die sich mit aktuellen Entwicklungen in der Gesellschaft befassen. Ava liest die Texte meist erst, wenn sie veröffentlicht sind, oder auch gar nicht. Er arbeitet weiterhin für seinen Professor, der ein Buch schreibt. Er recherchiert und liest und korrigiert. Er hat eine Assistenz bei ihm bekommen und strebt eine Karriere an der Universität an. Geld kommt mal so und mal so. Aber es ist okay. Es ist mehr als früher, viel mehr. Die Zeitungssache hat sich durch den Professor entwickelt, weil der Sachen delegiert hat, die er selbst hätte schreiben sollen. Er hat Danilo die Sachen zugeschoben. Danilo schrieb gut und bekam dann weitere Aufträge. Er hat in den letzten drei Jahren immer mehr geschrieben. Er macht sich einen Namen. Es macht ihm Spaß und macht ihn glücklich. Er hat Freunde, und er hat Fadil. Fadil hat mit seinem Großvatererbe ein Feinkostgeschäft in Eppendorf eröffnet, ein großes und nobles Feinkostgeschäft, er hat sogar ein paar Leute eingestellt. Er liest viel und ist ein bisschen dicker geworden. Er hat keine Frau, kein Kind und lebt immer noch so, wie er als Student gelebt hat. Dass er ein Feinkostgeschäft aufgemacht

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