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Eheroman (German Edition)

Eheroman (German Edition)

Titel: Eheroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Seddig
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befreundet bin.»
    Danilo nickt.
    «Ich könnte dich zum Beispiel knutschen», sagt Ava. Ihr Herz klopft ein bisschen schneller. Sie würde ihn, wenn er damit anfangen würde, sofort wegstoßen. Sofort.
    Aber Danilo sitzt immer noch auf seinem Platz und wiegt die Schaukel mit seinen Beinen sanft vor und zurück.
    «Was die anderen denken, wenn ich nicht zurückkomme?», überlegt sie laut.
    «Dein Freund wird sich Sorgen machen», sagt Danilo und rückt näher an sie heran und legt seinen Arm um sie.
    Ava nickt und zittert ein bisschen unter der Wärme seiner Armhöhlung. Sie lehnt ihren Kopf an seine schmale Brust, sie sitzen und schweigen, die Schafe blöken verlassen in der Dunkelheit, das Radio rauscht, Fetzen der Musik in die Nacht verteilend. Nie war es schöner, denkt Ava und schämt sich gegenüber allen Menschen, die sie gerne hat und die sich um sie bemühen, aber nie war es schöner.

    «Du musst jetzt gehen», sagt Danilo und nimmt seinen Arm von ihrer Schulter und steht auf. An der gerade noch warmen Stelle breitet sich eisige Kälte aus. Aber sie steht auf, beschämt, dass sie nicht selbst drauf gekommen ist und als Erste.
    «Ja, ich muss wirklich gehen», murmelt sie.
    «Ava?»
    «Ja?» Sie sieht, dass er unsicher ist, zum ersten Mal heute.
    «Würdest du, wenn ich dich einlade, vielleicht … zu meinem Geburtstag kommen? Also, ich wollte eigentlich sagen, ich lade dich an meinem Geburtstag ein.»
    «An deinem Geburtstag? Was willst du denn … Macht ihr eine Feier?»
    «Am vierundzwanzigsten August, merkst du dir das? Vierundzwanzigster August, wie Heiligabend, nur im August. Ich komme zu dir nach Lüneburg, wir können uns irgendwo treffen, zum Beispiel am Rathaus, am Rathaus, das ist einfach zu finden, so abends um sieben Uhr, am vierundzwanzigsten August, hast du es dir gemerkt? Und dann gehen wir beide essen, Ava, würdest du kommen?»
    Ava klimpert mit den Augen und runzelt die Stirn, als würde sie nachdenken. «Muss ich ja, aus echter Freundschaft», sagt sie, «muss ich ja zu deinem Geburtstag kommen, sonst hast du ja keinen einzigen Freund als Gast mehr, Danilo.»
    Danilo hält sich an der Schaukel fest und sieht sie an, als wäre er wieder zwölf.
    «Du meinst es ernst, Ava, du kommst wirklich. Du hast es gesagt. Du hast es gesagt, und dann musst du auch kommen.»
    «Klar, Mann, wenn ich es sage.» Ava gähnt und torkelt durch die Nacht auf die Straße und denkt nicht mehr ans Knutschen und auch nicht mehr an Andreas, der jetzt still neben Markus und Sabine auf dem Dorfplatz hängt.
    «Ava, wo warst du denn so lange?»
    «Willst du den ganzen Tag immer denselben Satz sagen, wenn ich pinkeln gehe? Du hast doch studiert, sag doch mal was Kluges.»
    «Aber so lange, Ava?»
    «Ich hab halt auf dem Klo geschlafen.»
    Markus lacht und haut sich auf den Schenkel. «Das hab ich auch schon, das hab ich auch schon. Da bin ich vom Klo gefallen und hab mir das Kinn an der Badewanne aufgeschlagen.» Er lacht.
    Andreas lächelt müde. «Lass uns nach Hause gehen, Ava, ja?»
    Ava nickt. Sie ist auch müde. Sie ist ernsthaft müde, auf eine tiefe, ehrliche und frohe Art. Sie kann sogar großzügig gegenüber Andreas sein. Was kann er schon dafür, dass er so gesellig ist. Das ist ja nicht grundsätzlich was Schlechtes, so gesehen.

    In Andreas’ Wohnung sehen sie sich «Schnee am Kilimandscharo» an, weil der Film gerade im Fernsehen läuft, im Nachtprogramm. Ava starrt auf den Bildschirm, sie kennt jede Szene und jedes Bild, sie greift in die knisternde Tüte mit den zerbröselnden Kartoffelchips und stopft sie sich händeweise in den Mund und kaut, als würde sie den Film kauen, sie zieht die Beine an sich heran und reckt ihren Hals schön lang wie Ava und die Knef im Film. Der Vater ist immer voller Lob für die Knef, wie er es sagt, «die Knef», so sagen alle, die Ahnung haben, und die er dennoch schönheitsmäßig hinter Ava Gardner ansiedelt. Es ist, als würde Ava Andreas Filme von sich als Kind präsentieren, ein bisschen peinlich, ein bisschen komisch, und die Szenen kommen ihr übertrieben vor, das Schauspiel lächerlich, lächerlich, wirklich, Ava, du übertreibst, Fräulein, aber als sie, vor Scham leicht erhitzt, zu Andreas hinsieht, ist der mit seinem samtenen blauen Kissen unter dem Kinn eingeschlafen. Seine Lippe zittert, und sein Haar klebt leicht verschwitzt über dem wächsernen Ohr am Kopf. Er hat ihr vorhin beim Abwasch gesagt, er liebe sie, und das hat sie überrascht. Er beugte

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