Eheroman (German Edition)
sich von der Spüle zu ihr hin, das Gesicht vom Kochen und Abwaschen rosig, das Radio spielte knirschend und rauschend «Santa Maria», und sein Gesicht sah aus wie in Tränen, aber es war nur Feuchtigkeit. Es war etwas wie Angst in seiner Stimme, und sie hat diese kleine Angst, die eher eine leichte Unsicherheit zu sein scheint, schon seit einiger Zeit an ihm gefühlt, aber nie gedacht. Erst jetzt, als er ihr sagte, er liebe sie. Die Angst drückte sich in genau diesem Satz aus. Ich liebe dich. Sie sagte nichts dazu. Sie lächelte nur. Es ist Sommer. Alles ist einfach. Das einzige Kleidungsstück, das sie trägt, ist ein hellblauer Baumwollslip. Ihre Haut ist glatt und voller heller, kleiner Härchen. Ihr Bauch faltet sich perfekt über dem Bauchnabel während des zusammengekrümmten Sitzens. Die Fenster im Haus sind alle weit geöffnet, und der blassgraue Vorhang im Wohnzimmer bewegt sich geisterhaft sanft. Die Hitze steht im Raum wie ein Gast, dazu die Nacht, der Film und Andreas’ Liebe. «Ich liebe dich», sagte er mit dem Spülschwamm in der Hand und dem ängstlichen Gesicht. Wenn man jemanden liebt, hat man nicht solche Angst, dachte sie, er ist ja wie gehetzt. Aber sie freute sich.
Nun schläft er und schwitzt in sein Kissen. Sein schlanker Körper hängt auf dem Sofa, zur Seite gerutscht, seine weißen Arme mit den vielen Leberflecken, auf den Innenseiten die blauen Adern wie frische, kleine Flüsse, im blassen Schatten seines dunklen, alten Zimmers. Sie ist fast ein bisschen froh, dass sie den Film allein ansehen kann, ohne diese Scham wegen der peinlichen Schauspielerei und ohne Rechtfertigungen und Erklärungen. Es interessiert ihn nicht. Es interessiert ihn einfach nicht. Interessiert sie ihn? Er liebt sie schließlich. Sie denkt sich in dieses Thema rein, und der Film, die Liebe von Gregory Peck vermischen sich mit der Liebe von Andreas, es kommt ihr alles so großartig vor, sie sieht ihn schlafen, und sie stellt sich ihr Leben vor, ihr Leben mit dem sie liebenden Mann. Nun ist alles sicher. Er liebt sie. Nun ist das Leben, das richtige Leben im Gange. Sie lächelt, während sie Ava Gardner lächeln sieht. Alles wird gut. Das mit Danilo wird sie ihm nicht erzählen, das auf der Schaukel. Sie hat ja auch gar nichts getan, was man erzählen müsste. Sie hat nur so dagesessen und ihm zugehört. Wie alte Freunde. Sie hat es auch so gesagt, Freunde, das Wort hat sie erwähnt. Danilo und sie hätten gute Freunde werden können. Sie können es immer noch. Danilos Geburtstag fällt ihr ein. Sie sieht wieder Ava hinreißend gucken, mit Augen wie hergestellt, denkt sie, wie hergestellt und nicht echt, und Gregory Peck hält ihre Hand mit den langen weißen Fingern. Es ist so traurig, dass alles schon vorbei ist und sie sich nur in seiner Erinnerung so lieben. Ava schluckt. Sie betrachtet Andreas. Das ist ihr Mann, der Mann, der sie liebt. Sie streicht ihm vorsichtig über das Haar. Er schüttelt den Kopf und zieht die Nase hoch und schläft weiter. Wenn sie es Danilo nur nicht versprochen hätte. Wenn sie daran denkt, was er sich davon verspricht. Wie konnte sie nur so etwas zusagen? Ava, du dumme Kuh. Wie konntest du nur? Sie könnte einfach nicht hingehen. Sie könnte zu Haus bleiben. Sie kann vielleicht sowieso nicht. Vielleicht hat sie Schicht. Wenn sie arbeiten muss, kann sie nicht, das ist doch klar. Er kann überhaupt nicht damit rechnen, dass sie kann. Und selbst wenn sie könnte. Wenn sie nicht kommt, dann ist alles klar, und er wird nie wieder annehmen, dass sie irgendetwas von ihm will. Dann ist es endlich klar. Es war nur, weil sie bekifft war. Sonst nichts. Kiff nie wieder, Ava!
Andreas reibt sich die Nase und schnauft und öffnet die Augen. Er gähnt. «Der Film ist nicht so mein Ding», sagt er. «Die waren handlungsmäßig früher einfach langsamer. Das war ne andere Zeit.»
Ava nickt. «Du hast ja auch geschlafen. Du weißt gar nichts von der Handlung.»
«Ich? Ich hab doch gar nicht geschlafen, nur kurz die Augen zugemacht. Ich wollte doch den Film sehen, wegen dir, ich hab alles mitbekommen, hab nur kurz die Augen zu. Aber ich weiß alles genau.»
«Du hast gepennt, aber richtig. Du hast gar nichts mitbekommen.»
«Ach, lass mich doch in Ruhe. Du willst einfach, dass ich den Film gut finde, das ist alles. Soll ich es sagen? Ich finde den Film gut. Sehr guter Film. Okay?»
«Es ist mir total egal, wie du den Film findest. Du findest ihn auch nicht gut, du kannst ihn gar nicht gut finden,
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