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Eheroman (German Edition)

Eheroman (German Edition)

Titel: Eheroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Seddig
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Ketten, alle Dinge stehen in scharfen Linien vor ihr, die ganze Einrichtung, aus waagerechten und senkrechten Linien bestehend, ist ihr sehr präsent, der Rest taumelt und schwimmt, die Sätze taumeln und schwimmen, nur eine Sache ist stabil, die Augen von Stulle, sie sagt auch «Stulle», die Augen von Stulle sind konstant wie ein Mittelpunkt, ein Anker und ein fester Boden. Als wäre er sicherer und klüger als sie, schon wieder dieses Wort. Lass das man sein, Ava, vergiss es, sei klug, es führt zu nichts und drückt nichts aus, es ist leer. Sie fühlt sich sehr da, alles ist voller Bedeutung, voller einschneidender Bedeutung, und das ist real und schneidet in ihr Leben und in ihren Tag hinein. Sie denkt, egal wie, es geht nicht mehr zurück in das Verkehrte, es muss alles auf jeden Fall eine Wendung nehmen. Soll sie so sein, soll sie zur Abwechslung mal so sein, wie niemand es erwartet hätte, nicht mal sie selbst? Immer machen, wie alle sagen. Immer Wege gehen. Ausbilden lassen. Arbeiten. Schlafen. Fernsehen. Sich um die Muschifrau kümmern. Danilo zuhören. Danilo aushalten. Danilo. Immer alles. Immer. Schnaps. Prost. Schnaps. Die Tische. Stulle.
    Stulle sagt. «Ist gut jetzt, Kleine.»
    Beate sagt: «Ja, Ava. Wir bringen dich eben nach Hause.»
    «Nein», hört sie sich sagen, murmeln.
    «Willst du noch bleiben? Ist schon spät, Ava. Und ich will dich nicht allein lassen, weil du echt besoffen bist.»
    «Stulle bringt mich», sagt Ava und bemüht sich um Festigkeit.
    «Stulle?» Beate sieht zu Stulle und ist nicht zufrieden.
    «Stulle ist in Ordnung», sagt Jensen.
    Beate zuckt mit den Schultern und steht auf, alles langsam und konzentriert, weil sie sich auch wirklich konzentriert, weil sie auch besoffen ist. Sie drückt Ava und flüstert ihr ins Ohr: «Ava, ist alles doch nicht so schlimm, schlaf mal, und morgen früh ist alles besser, wenn die Sonne scheint, dann ist alles besser.»
    Ava drückt Beate heftig wie eine Mutter, und Beate torkelt mit Jensen am Arm davon.
    «So, Fräulein, dann lass mal», sagt Stulle fünf Minuten später.
    Ava steht auf und hält sich an seinem Arm fest.
    «Zu dir», sagt sie.
    «Wat?»
    «Ich möchte gerne zu dir.»
    «Das tut dir morgen leid.»
    «Ist doch meine Sache, oder?»
    «Auf jeden Fall.»
    Ava geht mit Stulle durch die dunklen Straßen zu seiner Bude durch einen Eingang, den sie nur matt wahrnimmt, durch ein Treppenhaus, das ihr grell vorkommt und schmutzig, aber es ist ein normales Treppenhaus, nicht schmutziger als ihres, nur kommt es ihr so vor, sie weiß, dass es ihr alles aus einem Grund nur so vorkommt, sie sieht Fingerabdrücke wie unter einer Lupe, alles schmutzig und wie unter einer Lupe. Stulle schließt die Tür zu seiner Wohnung auf, und es ist in der Wohnung fast überhaupt nichts drin.
    «Gar keine Möbel», sagt Ava.
    «Nicht viele.»
    Die Wände nackt und kahl. Eine Matratze auf dem Boden, ein Kinderbettbezug mit Elefanten und Bären auf einem Schiff, ein Fernseher, eine Stereoanlage auf den nackten Dielen. Ein Haufen Pullover in einem Karton.
    «Ich habe nur das eine Bett», sagt Stulle.
    Ava zieht sich aus. Sie streift jedes Kleidungsstück steif von sich, als wäre es ein Verbrechen. Es ist ein Verbrechen.
    «Was willst du eigentlich?», fragt Stulle, als er aus der Küche kommt, mit einer Cola in der Hand, und sie nackt auf der Matratze mit dem Kinderbettzeug sitzen sieht.
    «Sex», sagt Ava. «Oder willst du nicht?»
    Stulle stellt die Cola auf die Erde und den Fernseher an. «Eines nach dem anderen.»
    «Aha.» Ava lacht. «Stulle.»
    «Du brauchst nicht lachen», sagt Stulle.
    Ava lacht noch mehr. Sie sagt: «Stulle. Du heißt Stulle, Stulle. Und wir … sitzen hier, to-tal besoffen, und du sagst … eines … nach dem … anderen, wie ein Lehrer!» Das Letzte fast geschrien, und die Luft bleibt ihr weg vor Lachen. Stulle starrt sie an und lacht etwas mit, aber das Lachen ist nur zögernd. Er legt schließlich seinen Arm um sie und drückt sie fest an sich. Dann zieht er seine Klamotten aus und legt sich neben sie, der Fernseher an, die Bilder flackern leise über sie wie Geister, über die Elefanten und die Bären.
    «Ich dachte, Männer wollen immer», flüstert Ava.
    «Männer sind doch ganz normale Menschen.»
    Irgendwann schläft Ava ein. Es ist fremd bei Stulle. Und gleichzeitig ist alles einfach und verantwortungslos. Sie schläft ein. Sie schläft. Sie wird wach. Stulle liegt neben ihr und schläft, zusammengerollt wie ein

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