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Eheroman (German Edition)

Eheroman (German Edition)

Titel: Eheroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Seddig
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sofort alles hinter sich geschoben und den Busen rausgestreckt und ist ins nächste Zimmer, mit Schnitzel und Erbsen und Kartoffelbrei.
    Danilo schläft. Sie ist wütend. Er schläft immer. Oder ist nicht da. Oder redet mit seinen Freunden. Oder liest Bücher. Oder macht sich lustig. «Danilo», ruft Ava. Danilo schläft. «Danilo.» Sein Atem gleichmäßig. Gestern kam er spät. Ava steht auf und geht zu ihm und beugt sich über ihn. Sein dunkles, lockiges Haar hängt ihm über die Stirn in die Augen und verdeckt den größten Teil seines Gesichtes. Seine Haut hat von nahem große Poren, vor allem seine Nase. Seine Lippen sind leicht geöffnet. Wenn er schläft, kann man nichts machen. Man kann sowieso nie was machen, was er auch tut. Er hat keine Ahnung, wie es mit Herrn Podzun ist und mit ihrer Dünnhäutigkeit im Moment. Wenn sie was erzählt, dann schüttelt er nur den Kopf, als wäre es schon eine Dummheit an sich, ins Krankenhaus zu gehen und dort zu arbeiten. Es ist fast, als mache es ihn böse, dass sie dort arbeitet und dass solche Dinge wie mit Herrn Podzun passieren, und meistens vermeidet sie es schon, es ihm zu erzählen. Sie fühlt sich, als wäre es ihre Schuld, denn sie selbst hat sich schließlich dafür entschieden, Krankenschwester zu werden und Herrn Podzun die Pisse abzuwischen. Danilo würde sich nie für so einen Beruf entscheiden. «Und nun beklage dich nicht!» Das sagt er nicht, aber es kommt ihr so vor, es klingt immer so. Hätte sie doch etwas anderes gelernt. Hätte sie doch Danilos Alter und würde mit ihm auf dem Gymnasium Herrmann Hesse lesen. Dann wäre alles besser. Und einfacher.
    Ava bringt das Bier in die Küche und knallt es auf den Tisch. Es ist alles verkehrt.
    Im August wollen sie an die Ostsee fahren, zelten. Erst wollten sie alleine, jetzt kommen Danilos Freunde mit und deren Freundinnen vielleicht auch noch, es passt Ava nicht. Das hat sie ihm gesagt: «Danilo, es passt mir nicht, dass die mitkommen, nicht, weil ich was gegen sie habe, aber ich wollte ja mit dir …» – «Du bist doch mit mir zelten», hatte Danilo gesagt. «Da zelten nicht nur wir zwei, da zelten jede Menge Leute, weil es ein Campingplatz ist, nicht nur zwei Zelte am Strand, da kann jeder kommen, auch meine Freunde, wenn sie es wollen.»
    Ava trinkt jetzt selbst das Bier. Sicher. Sie können machen, was sie wollen. Aber Ava kann auch machen, was sie will. Sie hat das ganze Jahr gearbeitet, immer gearbeitet, und jetzt will sie Danilo für sich haben. Er hat sie ja für sich. Ihre Freunde kommen nicht mit an die Ostsee. Das wäre sowieso gar nicht möglich. Es gäbe Streit. Beate und Jensen und Stulle und dazu Danilos Freunde, das gäbe heftigen Streit, und wie. Draußen fährt ein Polizeiauto mit einer Sirene vorbei. Ava stellt sich ans Fenster, das Auto fährt blaublinkend durch den Abend. Ava zieht sich aus und kriecht zu Danilo ins Bett. Aber sie liegt, trotz des langen Dienstes, lange wach und überdenkt die Lage. So nicht, denkt sie, es muss ein anderer Plan her. Und dann kommt ihr wieder Stulle in den Sinn, der im Moment sowieso Plan B ist.

    Sie beredet noch einmal mit Danilo die Lage. «Ich möchte nicht mit deinen Freunden an die Ostsee. Ich möchte eigentlich nur mit dir allein irgendwohin.» Danilo schweigt. «Danilo. Hast du gehört? Mir gefällt es nicht, mit deinen Freunden irgendwo zu sein. Sie reden die ganze Zeit mit dir. Und reden. Und ich kann es mir schon richtig vorstellen, was sie reden und wie. Und du bist dann mit ihnen auch so. Und ich sitze vor dem Zelt und werde wütend. Das passt mir alles nicht, Danilo. Sag doch was.»
    «Du bist zu kompliziert. Wir fahren zelten. Die anderen fahren vielleicht auch zelten. Ich kann sie nicht davon abhalten, Ava. Die Ostsee ist für alle da.»
    «Du kannst aber mit mir wo hinfahren, wo die anderen nicht sind. An einen anderen Zeltplatz oder in ein anderes Land. Wir könnten auch nach Italien fahren oder nach Spanien.»
    «Du vielleicht. Du hast Geld. Aber ich habe nichts. Ich kann nur mit dem Zelt um die Ecke.» Das stimmt allerdings. Und Ava bezahlt schon fast alles. Die Wohnung, das Ausgehen, den wenigen Luxus wie mal ins Restaurant oder ins Kino. Danilos Mutter gibt ihnen Geld für Danilo. Für sein Leben. Aber es ist nicht viel. Sie hat auch nicht viel Geld. Sie geht selbst nicht ins Restaurant oder ins Kino. Sie baut selbst Gemüse in ihrem krummen Hof an und hört Radio und ist halbwegs zufrieden. Wenngleich sie nicht zufrieden damit

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