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Ehre sei dem Vater (German Edition)

Ehre sei dem Vater (German Edition)

Titel: Ehre sei dem Vater (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa May
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eingestehen, dass
er nicht einmal genau wusste, wann sie zum letzten Mal telefoniert hatten.
Gesehen hatte er sie auf jeden Fall schon viel zu lange nicht mehr. Er spürte,
dass Verena Recht gehabt hatte, als sie behauptete, Eva würde Hilfe brauchen. „Hättest
du keine Lust, endlich wieder einmal ein Wochenende bei deinem alten Freund in
Graz zu verbringen? Du könntest auch ein paar Tage länger bleiben, ich habe im
Moment ohnehin sehr viel Zeitausgleich abzubauen“, sagte er spontan. „Was ist
denn das nun schon wieder für ein Überfall?“ Julian bereute bereits seine
unvermittelte Frage. Er hätte wissen müssen, dass Eva nicht für rasche
Entscheidungen zu haben war. Er hätte nicht mit der sprichwörtlichen Tür ins
Haus fallen sollen. Sie war in dieser Beziehung viel komplizierter als Verena.
Eva musste man über Hintertürchen langsam auf den Geschmack bringen und ihr das
Gefühl geben, sie selbst hätte die entscheidende Idee gehabt. Verena hatte Eva erst
bei ihrem letzten Zusammentreffen wegen dieser Seite ihrer Persönlichkeit
aufgezogen. „Du bist fast so spontan wie ein Mann!“, hatte sie in
vorwurfsvollem Tonfall zu ihr gesagt, um gleich darauf beschwichtigend auf
Julians Schenkel zu klopfen: Du bist natürlich ausgenommen!“
    „Ich wollte dich nicht überrumpeln. Mir ist
nur plötzlich eingefallen, dass ich dich gern wieder einmal sehen würde. Ist
das vielleicht ein Verbrechen?“, antwortete er mit gespielt beleidigtem Unterton.
Das war zwar nicht die ganze Wahrheit, aber hätte er ihr jetzt auch noch
erzählt, dass er sich mit Verena in letzter Zeit ausgedehnt über sie
unterhalten hatte und dass sie beide zu dem Schluss gekommen waren, dass Eva
unbedingt ein wenig Abwechslung bräuchte, hätte sie bestimmt nicht zugesagt. Obgleich
es trotz allem absolut der Wahrheit entsprach, dass er sie sehr gerne endlich
wieder persönlich getroffen hätte.
    „Schon gut, so war es auch gar nicht gemeint.
Leg bitte nicht alles auf die Goldwaage, was ich zu dir sage. Nein ehrlich, ich
bin im Moment nicht besonders gut drauf. Eine kleine Zerstreuung würde mir bestimmt
gut tun, aber ich kann David nicht gut alleine lassen.“
    „Was ist den los
mit deinem Bruder? Ist er gesundheitlich mal wieder nicht ganz auf dem Damm?“,
fragte Julian mitfühlend, da er von Davids Asthmaschüben wusste. „Nein, diesmal
ist es etwas anderes, aber das ist eine längere Geschichte. Die möchte ich dir
nicht gerne am Telefon erzählen. Wie wär’s, willst du nicht wieder einmal für
einige Tage zu uns nach Irdning kommen?“
    An die laute Musik, die in den letzten Tages fast ununterbrochen durch die
Gänge dröhnte, hatte sie sich inzwischen schon beinahe gewöhnt. Aber eben nur
beinahe und nur deshalb, weil sie glaubte ihrem Bruder diese Nachsicht schuldig
zu sein. Sie hatte sehr unsensibel reagiert, als sie ihn zum ersten Mal in
dieser trostlosen Verfassung angetroffen hatte.
    Der Blick in ihr kleines, in hellblau
gehaltenes Badezimmer ließ Eva ihre guten Vorsätze David gegenüber kurzfristig
vergessen. Das konnte doch einfach nicht möglich sein. Erst vor zwei Tagen
hatte sie die gesamte Wäsche gewaschen, gebügelt und verräumt und nun lag schon wieder ein riesiger Berg Klamotten vor der Waschmaschine. „Das
geht eindeutig zu weit, mein Freund!“, schimpfte sie laut vor sich hin, als ihr
Bruder um die Ecke kam. „Redest du von mir, oder habe ich mich gerade verhört?“
fragte er schlecht gelaunt.
    „Ich weiß, du hast momentan genug Probleme,
aber ich sehe auch nicht ganz ein, dass ich dafür büßen muss. Ich bin gewiss
immer für dich da, wenn du mich brauchst. Trotzdem wäre ich dir dankbar, wenn
du dich ein wenig an der Hausarbeit beteiligen könntest. Sieh dir nur diesen
Riesenhaufen Wäsche an. Glaubst du etwa, der wäscht sich von selbst?“
    „Nun hab dich nicht so, die meisten Frauen in
deinem Alter haben bereits zwei bis drei kleine Racker. Das ist bestimmt viel
mehr Arbeit als das bisschen Wäsche hier im Bad“, sagte er und fügte spöttisch
hinzu: „Hast du nicht vor kurzem noch selbst von der Gründung einer kleinen
Familie mit irgend so einem Heini geträumt?“
    „Lass die dummen Sprüche!“ entfuhr es Eva.
Sie bereute zutiefst, ihm am Vorabend angedeutet zu haben, dass es einen
besonderen Mann in ihrem Leben gab. David hatte kein Recht, Martin als „Heini“
zu bezeichnen. Ihre blasse Gesichtsfarbe wich augenblicklich einem kräftigen Rot,
als sie unbeholfen nach den richtigen Worten

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