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Ehre sei dem Vater (German Edition)

Ehre sei dem Vater (German Edition)

Titel: Ehre sei dem Vater (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa May
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der Schulter
einer guten Freundin auszuweinen. Ihre Kinder, die ohnehin selbst genug um die
Ohren hatten, wollte sie nicht mit ihren Problemen belasten. Trotzdem hatte sie
die Sache vor der Familie, die im gleichen Haus wohnte, nicht verheimlichen
können. Barbara hatte nicht locker gelassen, bis sie alles wusste. Viel war das
ja ohnehin nicht. „Glaubst du, dass er eine andere Frau trifft?“, hatte sie
unverfroren gefragt. An so etwas hatte Anna noch nicht einmal gedacht. Der
Gedanke war natürlich nicht ganz von der Hand zu weisen gewesen. Welche
plausiblen Gründe könnte es denn sonst für sein geheimnisvolles Verhalten gegeben
haben? Wäre es möglich, dass ihr nach außen hin völlig verschlossener Mann eine
heimliche Affäre gehabt hätte? Anna hatte noch vor sich hingegrübelt ,
als sie die nächste direkte Frage ihrer Tochter wie ein Keulenschlag traf. „Hat
er sich denn in letzter Zeit verändert? Ich meine ist er, wenn ihr allein seid…“,
sie hatte kurz inne gehalten, um die richtigen Worte zu finden „…. weniger
zärtlich zu dir als sonst?“ Anna hatte noch nie über derartig intime Dinge mit jemandem
gesprochen und hatte merklich mit ihrer Antwort gezögert. War er denn jemals richtig zärtlich zu ihr gewesen?
Nein, so konnte man das nicht nennen. Sie war schon glücklich, wenn er sich
nach einem ohnedies sehr selten stattfindenden Liebesakt nicht sofort von ihr
abwandte. Dennoch hatte sie in all den Jahren doch zu spüren geglaubt, dass sie
ihm nicht ganz gleichgültig war. Obwohl, wenn sie recht überlegte, war Barbara
mit ihrer Vermutung vielleicht gar nicht so falsch gelegen. Er hatte sich
verändert. Er war in letzter Zeit noch ein wenig unnahbarer geworden. „Mama“, hatte
Barbara eindringlich gesagt „ich bin schon erwachsen, wir können über derartige
Angelegenheiten reden. Ich bin selbst schon Mutter und auch ich liege nicht
immer nur gesittet neben Manfred!“ Das war wieder typisch für Barbara. Immer
das Herz auf der Zunge! „Ist ja gut! Ich weiß dass du kein kleines Kind mehr
bist, aber ich musste auch erst mal verdauen, was du da eben gesagt hast.
Traust du deinem Vater wirklich zu, sich mit einer anderen Frau zu treffen?“ Sie
hatte es nicht gewusst, ebenso wie Anna zugeben musste, ihren Mann nach all den
Jahren nie wirklich kennen gelernt zu haben.
    Schließlich war er tatsächlich nach einigen
Tagen wieder mit seinem schwarzen Reisekoffer zuhause eingetrudelt. Anna hatte jedoch
niemals erfahren, wo er sich in diesen Tagen aufgehalten hatte.
    Die Erinnerung schmerzte noch heute. Sie wunderte
sich manchmal selbst, wie sie ihm diese Eskapade jemals verzeihen konnte.
    Ein heißer Spritzer aus dem stark sprudelnden
Wassertopf, erinnerte Anna wieder an ihr eigentliches Vorhaben. Rasch bereitete
sie den versprochenen Tee und schlich zurück ins Zimmer. Zu spät, Franz war
bereits wieder eingeschlafen, seine Hand ruhte auf Ronnys Rücken.

Als das Telefon zum fünften Mal klingelte,
hob endlich jemand den Hörer ab. „ Sandtner !“ Davids
tiefe Stimme klang in Julians Ohren heute sehr fremd. „Hey Dav ’,
ich bin’s, Julian. Wie geht’s denn so? Du klingst noch ziemlich verschlafen,
ich hab’ dich wohl aus den Federn geholt, was? Tut mir leid, mein Freund!“
    David ging nicht auf Julians Plauderton ein.
„Du brauchst sicher Eva. Ich hol sie dir“, sagte er stattdessen ohne ein Wort
der Begrüßung und Julian hörte ihn bereits im Hintergrund lauthals nach seiner
Schwester rufen. „Komisch“, dachte Julian bei sich. Für gewöhnlich war es eher
David, der am Telefon in seinem Redeschwall nur schwer zu bremsen war.
    „Hallo Julian, schön wieder einmal von dir zu
hören!“ Ein deutlicher Unterton des Vorwurfs schwang in Evas Stimme mit. „Hallo
Eva, Schätzchen! Ist der Familie Sandter heute eine riesige
Horde von Läusen über die Leber gelaufen? David begrüßt mich überhaupt nicht
und du klingst auch, sei mir nicht böse“, er zögerte kurz, um den richtigen
Ausdruck zu finden,      „ ….. ein wenig
seltsam.“
    „Entschuldige bitte, ich bin heute ein wenig
durch den Wind. Ich freue mich ehrlich, dass du dich wieder einmal meldest. Ich
habe deine Stimme echt schon ein bisschen vermisst.“
    „Das sagst ausgerechnet du, wo die letzten
Anrufe mit Sicherheit immer von meiner Seite gekommen sind!“ Julian ließ ein
Lächeln in seiner Stimme mitschwingen, um Eva nicht glauben zu lassen, dass
sein Vorwurf besonders ernst zu nehmen wäre. Er musste sich

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