Ehrensache
Kleiderschrank. Das würde Suey sich
nicht trauen.«
»Vielleicht ist Suey ja so freundlich und verrät es mir.«
»Sie entschuldigen mich bei ihm, ja? Sagen Sie ihm, ich musste es Ihnen sagen.«
»Ich wäre Ihnen dankbar«, fuhr Rebus ungerührt fort, »wenn Sie sich an diesen Nachmittag erinnern
könnten. Versuchen Sie, sich zu erinnern, wo Sie angehalten haben, die Namen der Pubs,
irgendjemand, der sich vielleicht an Sie erinnern könnte. Schreiben Sie alles auf.«
»Wie eine Aussage.«
»Nur als Erinnerungsstütze. Oft hilft es, wenn man Dinge aufschreibt.«
»Das stimmt.«
»Und im Übrigen muss ich mal intensiv darüber nachdenken, ob ich Sie nicht wegen Behinderung der
Polizei anzeige.«
»Was?«
Die Tür ging auf. Es war Urquhart. Er kam herein und machte die Tür hinter sich zu. »Das wäre
geschafft«, sagte er.
»Gut«, sagte Jack beiläufig. Und Urquhart sah jetzt aus, als stünde er nur so herum. Sein Blick
war auf Rebus gerichtet, selbst als er mit seinem Arbeitgeber sprach.
»Ich hab Helen gesagt, sie soll hundert Kopien durchlaufen lassen.«
»So viele? Nun ja, was immer du für richtig hältst, Ian.«
Nun blickte Urquhart Gregor Jack an. Am liebsten würde er ihn auch schütteln, dachte Rebus. Aber
das wird er nicht tun.
»Du musst stark sein, Gregor. Du musst zumindest so aussehen, als wärst du stark.«
»Du hast Recht, Ian. Ja, stark aussehen.«
Wie ein nasses Papiertaschentuch, dachte Rebus. Wie ein vom Holzwurm zerfressenes Möbelstück. Wie
die Knochen eines alten Menschen.
Ronald Steele war notorisch schwer zu erwischen. Rebus fuhr sogar zu seinem Haus, einem Bungalow
am Rand von Morningside. Keinerlei Lebenszeichen. Rebus versuchte es am nächsten Tag telefonisch
weiter. Beim vierten Klingeln schaltete sich Steeles Anrufbeantworter ein.
Um acht Uhr gab Rebus auf. Was er vermeiden wollte, war, dass Gregor Jack Steele warnte, dass
ihre Geschichte an den schwachen Nähten auseinander geplatzt war. Am liebsten hätte er Steeles
Anrufbeantworter die ganze Nacht beschäftigt gehalten. Doch stattdessen klingelte sein eigenes
Telefon. Er war in der Wohnung in Marchmont und lag in seinem Sessel, ohne etwas Ess- oder
Trinkbares, ohne etwas, das seine Gedanken von dem Fall ablenken könnte.
Er wusste, wer am Telefon sein würde! Patience. Sie würde wissen wollen, ob und wann er vorhatte,
bei ihr aufzukreuzen. Sie hätte sich nur Sorgen gemacht, weiter nichts. Sie hatten ausnahmsweise
das ganze Wochenende zusammen verbracht. Shopping am Samstagnachmittag, abends ins Kino. Ein
Ausflug nach Crammond am Sonntag, und am Sonntagabend Wein und Backgammon. Große Ausnahme... Er
nahm den Hörer ab.
»Rebus.«
»Mein Gott, Sie sind aber schwer zu erwischen.« Es war eine männliche Stimme. Es war nicht
Patience. Es war Holmes.
»Hallo, Brian.«
»Ich versuche seit Stunden, Sie zu erreichen. Entweder ist besetzt, oder es geht keiner ran. Sie
sollten sich einen Anrufbeantworter anschaffen.«
»Ich habe einen Anrufbeantworter, ich vergesse nur manchmal, ihn anzuschalten. Was gibt's
denn? Jetzt erzählen Sie mir bloß nicht, Sie verkaufen als Nebenerwerb Telefone. Wie geht's
Nell?«
»So einigermaßen, da sie nun doch nicht schwanger ist.«
»Das Ergebnis war also negativ?«
»Da bin ich mir ganz sicher.«
»Vielleicht klappt's ja beim nächsten Mal.«
»Danke für das Interesse, aber deswegen rufe ich nicht an. Ich dachte, Sie sollten vielleicht
wissen, dass ich ein sehr interessantes Gespräch mit Mr. Pond hatte.«
Alias Tampon, dachte Rebus. »Ach ja?«, sagte er.
»Sie werden es nicht glauben...«, fuhr Brian Holmes fort. Ausnahmsweise hatte er Recht.
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10. Bordellbesucher
Architekten, so erklärte Tom Pond Rebus, waren entweder zum Scheitern oder zum Erfolg
verurteilt. Dabei ließ er nicht den geringsten Zweifel aufkommen, dass er in die letztere
Kategorie gehörte.
»Ich kenne Architekten in meinem Alter, Typen, mit denen ich im College war, die sind schon seit
sechs Jahren arbeitslos. Oder sie geben es ganz auf und fangen was Vernünftiges an, zum Beispiel,
auf einer Baustelle arbeiten oder in einem Kibbuz leben. Dann gibt es unter uns welche, die
können für eine gewisse Zeit absolut nichts falsch machen. Irgendein Preis führt zu einem
Auftrag, und dieser Auftrag erregt die Aufmerksamkeit eines amerikanischen Unternehmens, und wir
fangen an, uns als international zu bezeichnen. Beachten Sie, dass ich gesagt habe für eine
gewisse Zeit . Es kann alles kippen. Du kannst
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