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Ehrensachen

Ehrensachen

Titel: Ehrensachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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Schluß noch, daß ihnen die Idee, die ich ihnen vorgetragen hätte, nicht in Rechnung gestellt werde. Ich nehme an, daß Jacques jetzt endgültig genug von mir hatte, denn er rief laut, es komme überhaupt nicht in Frage, mich auch noch zu bezahlen; Hubert sprang ein, teilte ihm mit: das habe er, nicht Jacques, zu entscheiden, und wies mich an, ihm sofort meine Rechnung zu schicken. Dann begannen Hubert und Jacques ohne Übergang zu besprechen, wie sie die Transaktion in die Wege leiten könnten, mit dem üblichen belgischen Anwalt der Banqe de Sainte-Terre – nicht mit einem Niederländer, sagte Hubert, weil er jemanden brauche, der ständig in seiner Nähe sei –, und als sie sich weiter in ihre Planung vertieften, hatte ich dasseltsame Gefühl, daß ich unsichtbar für die beiden geworden war. Ich existierte nicht mehr. Ein eigenartiges Gefühl für jemanden, der so lange und so hart an den Problemen eines Mandanten gearbeitet hat und sogar dieses verzwickte lösen konnte, das nach meiner Einschätzung neunundneunzig Prozent aller Anwälte überfordert hätte, findest du nicht? Wie auch immer, ich stand auf, wünschte ihnen viel Glück und machte Anstalten, Hubert die Hand zu schütteln. Nein, geh nicht so, schrie er auf, Gilberte ist mit nach Paris gekommen, laß uns zusammen im Grand Véfour essen gehen, dies ist ein Anlaß zum Feiern. Ich glaube, wenn wir das Gröbste hinter uns haben, werden wir Mitterrand noch dankbar sein. Der französische Teil von l’Occident war mir nie wichtig. Frankreich ist ein mit Banken überbesetzter verkalkter Standort. Dann fragte er Jacques, ob er und seine Frau mitkommen würden, aber Jacques sagte, sie seien bei seiner Schwiegermutter zum Essen eingeladen. Und weißt du was, sagte Henry kopfschüttelnd: Das Essen mit Hubert und Gilberte war sehr nett. Wir haben keinen Augenblick über Geschäftliches geredet – das ist für ihn unter allen Umständen so ungewöhnlich, daß ich mich fragte, ob er mit mir je wieder über seine juristischen Angelegenheiten sprechen wird. Als das Dessert serviert wurde, gab er mir ein Geschenk. Eine sehr schön gebundene Erstausgabe von Les Illusions Perdues . Er wußte, wie viel mir an diesem Roman liegt; wir haben oft darüber gesprochen. Schön, das Buch zu besitzen und in der Hand zu halten, aber da er solche Geschenke sehr überlegt auswählt, wäre ich noch dankbarer gewesen, wenn ich nicht genau gewußt hätte, daß mich der Titel auf die Frage stoßen sollte, wer seine Illusionen verloren hatte, er oder ich oder wir beide.
    Sehr spät am selben Abend klingelte das Telefon. Greg Richardson rief an. Meine Mutter war tot; Blutvergiftung,verursacht durch eine punktförmige Wunde. Sie war barfuß über den Hof gelaufen, wo Bauarbeiten stattfanden, und dabei auf einen rostigen Nagel getreten. Die Ärzte hatten erst in der vorigen Nacht gemerkt, wie schlecht es um sie stand; er hätte mir sofort Nachricht geben sollen, das wisse er. Sie habe sich gewünscht, eingeäschert zu werden, und das sollte im Lauf des Tages geschehen, aber sie habe auch darum gebeten, daß die Urne im Familiengrab der Standishs in Lenox beigesetzt würde. Ob etwas dagegen spreche? Ich sagte, nicht daß ich wüßte. Wir einigten uns, daß ich mich mit der Kirche in Lenox in Verbindung setzen und einen Trauergottesdienst bestellen würde, der in zehn Tagen stattfinden sollte. Er sagte, er wisse, wer ihre Freunde seien, und werde ihnen Nachricht geben. Jack und May und George und Edie rief ich selbst an, und am entsprechenden Morgen begleitete ich das, was von meiner Mutter übrig war, zum Friedhof. Zu glauben, daß ihr Umzug nach Hawaii mich befreit hätte, war eine Dummheit gewesen; daß ich dieser makabren, von Madame Bernard auf unverantwortliche Weise bestärkten Idee erlaubt hatte, Wurzeln zu schlagen, hatte mir nur mehr Grund zum Trauern gegeben. Nicht weil ich sie liebte. Wahrscheinlich hatte ich sie geliebt, als ich klein war, bevor die Gehässigkeit anfing und bevor ich wurde, was ich war. Aber daran konnte ich mich nicht mehr erinnern, auch wenn ich mich noch so sehr anstrengte; und was Liebe für sie bedeutet hatte, wußte ich vermutlich nicht. Genausowenig war mir klar, ob Mr. Hibbles Eröffnungen nicht nur ein schäbiger Vorwand für meine Feindseligkeit gewesen waren. Deutlich war mir jedoch, daß ich eine Grundpflicht versäumt hatte, die Pflicht, eine Frau freundlich zu behandeln, die meinte, sie habe das Recht, sich auf mich zu verlassen. Daß diese

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