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Ehrensachen

Ehrensachen

Titel: Ehrensachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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wieder. Endlich wiederholt Jacques: Sie hätten uns warnen müssen, daß jemand verhaftet werden könnte. Das Risiko wäre ich nie eingegangen. Ich war außer mir, deshalb antwortete ich nicht; ich saß nur da. Hubert sagte auch nichts. Wir schwiegen noch ein paar Minuten lang, und dann wende ich mich an Hubert und sage: Du mußt doch zugeben, daß ihr, du und Jacques, lange genug in Frankreich Geschäfte gemacht habt, um zu wissen, daß der Staat viele gerichtliche und außergerichtliche Druckmittel hat, wenn er etwas durchsetzen oder jemanden bestrafen will. Ich habe versucht, dich zu warnen, habe dir sogar erklärt, daß ich den Deal nicht ausführen würde. Daraufhin hast du mir sozusagen den Mund verboten. Ich sehe nicht, was ich noch hätte tun können.
    Darauf sagt Hubert, er und Jacques müßten was besprechen, und sie ziehen sich in sein kleines Konferenzzimmer zurück. Ich bleibe in meinem Sessel sitzen und blättere in einem Heft des New Yorker auf dem Couchtisch. Nach ungefähr zwanzig Minuten kommt Hubert allein zurück und erklärt mir, daß er enttäuscht ist. Alles in allem, meint er, kann unsere Freundschaft nicht auf derselben Basis wie bisher weiterbestehen. Ich bitte ihn, mir in einfachem Französisch zu erklären, was das heißt. Er sagte, ganz sicher sei er sich nicht, aber er habe sein uneingeschränktes Vertrauen in meinen Rat verloren, so daß ich jedenfalls nicht mehr sein persönlicher Rechtsberater sein kann. Zugleich meint er, daß ich nicht gut mit Jacques Blondet zusammenarbeiten würde, der ohnehin nach Brüssel zieht, um die früheren ausländischen Geschäfte von l’Occident von dort aus zu leiten. Nun sei er ratlos, und er müsse mir noch einmal sagen, daß ich ihn tief gekränkt habe. Wie konnte ich ihn nur bei der l’Occident-Transaktion im Stich lassen? Mein Platz sei an seiner Seite. Ich fragte ihn, ob er seine Aussagen tatsächlich für logisch halte. Darauf er: Ich weiß nicht. Ichbin ein sehr emotionaler Mensch. Jetzt dämmert’s mir endlich, und ich sage: Eben ist mir aufgegangen, was du mir erklären willst: Es ist Schluß mit unserer beruflichen wie mit der persönlichen Beziehung. Er sagt nichts, also stehe ich auf, verabschiede mich und bitte ihn, Jacques einen Gruß auszurichten. Ich gehe schon durch die Tür, da ruft er: Henry, noch etwas. Mach die Tür zu. Ich wollte dir dies nicht vor Jacques’ Ohren sagen, erklärt er, aber es hat noch eine sehr unangenehme Entwicklung gegeben. Der französische Botschafter in Brüssel rief mich heute morgen an und sagte, in Anbetracht der Vorfälle würde ich bedauerlicherweise nicht zum Kommandeur der Ehrenlegion befördert werden. Als ich das hörte, sagte Henry, konnte ich mich nicht mehr beherrschen und prustete los vor Lachen. Huberts Gesicht kannst du dir nicht vorstellen. Es war, als hätte ich ihm eine Sahnetorte an den Kopf geworfen.
    Damit waren an dem Abend im Lucas Carton ernsthafte Gespräche ein für allemal vorbei. Henry war todmüde. Außerdem war ihm vielleicht der Wein zu Kopf gestiegen. Er sagte allerdings, in den nächsten Tagen habe er mir noch mehr zu erzählen, und versprach, mich anzurufen. Aber bevor es soweit kam, meldete sich George.
    Es ist eine Schweinerei, sagte George, und Henry nimmt es sehr schwer. Hier machen sich die Leute Sorgen. Offenbar ist seine Verbindung mit Sainte-Terre beendet, und das ist eine bittere Ironie, wenn man bedenkt, daß Henry gerade den Coup des Jahrhunderts für ihn gelandet hat. Leider gibt es weder in Paris noch in New York jemanden, der eingreifen und Hubert so lange als Mandanten halten kann, bis er wieder bei Verstand ist. Jedenfalls führt Henry ziemlich dramatische Reden über seine Zukunft. Ich möchte jetzt nicht im einzelnen erklären, was er sagt, weil sich vielleicht alles wieder normalisiert. Aber ich wollte dich doch warnen: Henry geht es schlecht.
    Ich fragte, ob Henry noch für andere Mandanten oder nur für Sainte-Terre arbeitete. Als Außenstehender habe man den Eindruck, daß er seine gesamte Zeit für diesen einen Mandanten aufgewendet habe.
    Das ist das Problem, antwortete George, manche fragen, ob er in Paris ohne diese Arbeit noch effektiv sein kann; und wie er mit einer Versetzung nach New York fertig würde, ist nicht klar. Die Geschäftsführung meint, das Problem läßt sich lösen, wenn er Geduld hat und nicht alles hinwirft. Die Unruhestifter sind ein paar von den jüngeren Leuten. Ruf mich an, wenn du irgendwas herausfindest, das ich deiner

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