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Ehrensachen

Ehrensachen

Titel: Ehrensachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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Warschauer Ghettos während des jüdischen Aufstands. Von dem, was die Deutschen den Juden antaten: eine grauenvolle, unglaubliche Geschichte, aber sie ist wahr.
    Meine Mutter hat mir den Roman gegeben, erwiderte Henry. Gelesen habe ich ihn noch nicht, habe es mir aber vorgenommen.
    Sie werden begeistert sein, versicherte Susie ihm. Mr. Weeks hat ihn im Atlantic brillant besprochen. Ich würde so gern Ihre Meinung hören.
    Henry lächelte und schwieg.
    Im Nebenraum servierten Kellnerinnen unter Aufsicht des Butlers Kaffee in grünen und goldenen Mokkatäßchen. Als wir vom Tisch aufstanden, sagte die Schulleiterin, die Geschichte, die Henry erzählt habe, sei von größter Bedeutung. Ob er bereit sei, sie noch einmal zu erzählen, fragte sie, bei ihr und Susie zu Hause? Sie würde gern ein paar Freunde dazubitten, darunter einige Kollegen. Dieser Plan solle nicht die Einladung zu dem vergnügten Dinner ersetzen, im Gegenteil, sie hoffe sogar auf viele gemeinsame Abendessen mit ihm und seinen jungen Freunden.
    Henry schüttelte den Kopf. Ich habe auf Ihre Fragen geantwortet, weil Sie mir das Gefühl gaben, daß Sie wirklich etwas wissen wollten und daß Sie eine Erfahrung wirklich verstehen wollten, die ich vielleicht selbst nicht mehr verstehen kann. Das war eine Ausnahme. Ich möchte wirklich nicht nach einem Dinner vor Publikum vom Krieg erzählen.
    Sie schien nicht gekränkt zu sein.
    Fast unmittelbar danach sagte Margot, sie habe Kopfschmerzen, und zog sich in ihr Zimmer zurück. Ich wollte eigentlich nach Hause fahren, aber George schlug vor, Henry und ich sollten abwechselnd gegen ihn Tischtennis spielen. Ich ließ mich darauf ein und sah, daß Margot recht gehabt hatte. An Henrys Stelle hätte ich mir die Mühe gespart. Aber ich war nicht an Henrys Stelle. Diese schlichte Tatsache hatte zu viele Auswirkungen; sie bedrängten mich. Nach ein paar Spielen war ich derjenige, der aufgab. Mit dem Schläger in der Hand war George ein brutaler Rüpel. Da Mrs. Standish sich ebenfalls zurückgezogen hatte, bat ich ihn, seiner Mutter meinen Dank auszurichten und ihr zu sagen, ich würde aus Cambridge schreiben.
    Henry holte mich an der Tür ein.
    Weißt du, sagte er, Leute, die persönliche Fragen stellen, kann ich wirklich nicht leiden. Sind sie nicht bereit, sich irgend etwas selbst zu überlegen?
    Die Damen sind eigentlich nett, erwiderte ich, wenn auch ziemlich gnadenlos. Sie haben es nicht böse gemeint. Ihnen ist nur noch nie jemand wie du begegnet. Sie finden dich großartig.
    Das ließ er auf sich wirken und sagte, ja, die Damen sind nett. Und dann kam: Ich wußte nicht, daß ihr so dicke Freunde seid, du und diese reichen Leute. Du kennst jeden, und alle kennen dich!
    So sind diese neuenglischen Kleinstädte, erklärte ich ihm. Voll von kleinen Skandalen und Neugier. Sommergäste kommen und gehen, aber die Einheimischen kennen einander. Mehr hat es nicht zu bedeuten.
    Am nächsten Tag fuhren Henry und Margot mit demZug nach New York, und am Tag danach machten George und ich uns vor Tagesanbruch auf den Weg nach Stowe zum Skifahren. Am Abend wollten wir wieder zurück sein. Zweimal drei Stunden lang über vereiste Straßen zu fahren war verrückt, aber um halb zehn standen wir auf der Piste. Abgesehen von der bitteren Kälte waren die Bedingungen hervorragend. Als wir aufhörten, waren wir erschöpft und ausgehungert. Ein Lebensmittelladen war noch offen. Wir kauften ein Paket Weißbrot in Scheiben, ein Glas Erdnußbutter, ein Glas Traubengelee und einen Liter Milch. Ich strich die Brote, und wir tranken abwechselnd aus der Milchflasche; George fuhr. Das Auto gehörte seinem Vater und war neu, deshalb wollte er mich ungern ans Steuer lassen. Als ich fast einschlief, begann George, von Henrys und Margots Besuch zu sprechen.
    Sie ist eine harte Nuß, sagte er. Ich glaube, jetzt bin ich bei ihr unten durch. Hast du gemerkt, daß sie beim Essen kaum mit mir geredet hat?
    Ja, sagte ich. Sie schien verstimmt.
    Stinksauer, meinst du!
    Mit Grund?
    Keine Ahnung. Wir knutschen, weißt du, aber mehr auch nicht. Nach dem Tanzen, als alle im Bett lagen, war ich dann entschlossen, weiter zu gehen. Das ist nicht gut angekommen, denke ich.
    Ich sagte nichts.
    Sie ist unheimlich sexy, und sie ist nicht grade die Jungfrau Maria. Sie redet ziemlich gewagt, aber wenn es zur Sache geht, dann würdest du wetten, daß sie noch nie einer angerührt hat. Wirklich wahr. Ich habe die Sache mehr oder weniger erzwungen, und damit war’s aus

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