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Ehrensachen

Ehrensachen

Titel: Ehrensachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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er war auf der Hauptstraße und hatte Vorfahrt. Er habe nicht mal gemerkt, daß sie da waren, erst als er sie rammte. Später erfuhr er, daß der hombre auf dem Beifahrersitz tot war und daß einer, der von der Ladefläche geschleudert wordenwar, es wahrscheinlich nicht schaffen würde. Die übrigen waren nicht schlechter dran als er. Ein vorbeikommendes Auto hatte angehalten, um sich den Trümmerhaufen anzusehen, dem Fahrer war das Kennzeichen der Panamakanalzone am Wagen seiner Mutter aufgefallen, und er rief vom nächsten Telefon aus auf dem Stützpunkt an, deshalb kam die Militärpolizei schneller als die einheimische Streife.
    Das war reines Glück, fügte er hinzu. Ich wurde sofort in das amerikanische Krankenhaus gebracht, und wir mußten uns nicht mit den Einheimischen auseinandersetzen. Das möchte man unbedingt vermeiden. Niemand hätte von mir verlangen können, geradeaus zu gehen, mit diesem Bein, das aussah wie ein Korkenzieher. Ich weiß nicht, ob sich jemand für meinen Atem interessiert hat, aber ich war so schlau gewesen, zu gurgeln, bevor ich den Club verließ. Ein Gutes hat das Ganze: Vater will jetzt, daß Mutter als Ersatz für den Simca einen anständigen Wagen anschafft. Übrigens hat sie beschlossen, mir einen eigenen fahrbaren Untersatz zu kaufen, sobald ich das hier – er klopfte auf seinen Gips – los bin und die Rehabilitation hinter mir habe.
    Der angekündigte fahrbare Untersatz war der Nash, mit dem ich Clara zu ihrem Abschlußball fuhr.
    Archie berichtete mir von einer anderen erfreulichen Veränderung in den Lebensumständen der Familie Palmer. Seit Jahren hatte sein Großvater mütterlicherseits Öl- und Erdgasrechte im Texas Panhandle aufgekauft. Nicht viele Leute waren an solchen Grundstücken besonders interessiert, aber der alte Herr hatte die Gewohnheit, Investitionen zu machen, die wenig Aussicht auf Erfolg hatten und so gut wie nichts kosteten. Als er starb, erbte sie Archies Mutter, sein einziges Kind. Jetzt war ein Spekulant, der mit ihr zusammenarbeitete, bei einer privaten Testbohrung auf Öl gestoßen. Es gab noch ein paar andere Stellen, die ebenfalls Erfolg versprachen. Mehr Gas als Öl, sagte Archie, undnicht so ergiebig, daß man davon reich würde, aber immerhin könne sich sein Vater nun leichter zur Ruhe setzen.
    Es dauerte ein paar Tage, bis ich eine Gelegenheit fand, Henry nach seinen Eindrücken von den Berkshires, den Standishs und den anderen Alteingesessenen zu fragen. Er war hochzufrieden und machte keinen Versuch, sich unbeeindruckt zu geben. Als er sagte, er hätte meine Eltern gern kennengelernt, erzählte ich ihm, sie hätten mich ausdrücklich aufgefordert, ihn zum Mittagessen mitzubringen, aber das sei wegen des Neujahrsessens bei den Standishs nicht möglich gewesen. In Wirklichkeit hatte ich daraufhin einen anderen Plan gemacht: Ich wollte ihn zum Tee am Neujahrstag einladen, konnte das aber nicht tun, bevor ich von den Standishs zurück war und die Verfassung meiner Eltern geprüft hatte. Meine Vorsicht war nur zu berechtigt gewesen. Es ging ihnen so jämmerlich schlecht, daß sie nicht einmal nach unten ins Wohnzimmer kommen, geschweige denn einen Gast empfangen konnten. Ich kochte Kaffee, trug ihn hinauf und stellte ihn vor ihre Schlafzimmertür. Gegen sechs Uhr machte ich mir dann Rührei und aß es am Küchentisch. In Great Barrington lief Asphaltdschungel. Zur Abwechslung lieh ich mir nicht den Chevy meiner Mutter, sondern den Oldsmobile meines Vaters und fuhr damit zum Kino.
    Henry und ich unterhielten uns auch über George und das Skilaufen in Stowe, und ich fragte, ob er wisse, was zwischen ihm und Margot schiefgegangen sei. Henry zögerte und gab dann zu, daß er Bescheid wußte. Ich glaube, mehr wollte er eigentlich nicht sagen. Aber wir hatten uns inzwischen daran gewöhnt, offen miteinander zu reden, ohne viel Rücksicht auf Diskretion.
    Es ist eine seltsame Geschichte, und was ich dir jetzt erzähle, darfst du nie weitergeben, betonte er dann.
    Ich lachte, weil er regelmäßig sagte, es muß aber unter uns bleiben, und ich ihn regelmäßig damit aufzog.
    Na ja, sagte er, diesmal meine ich es ernst. Du wirst gleich sehen, warum. Vor dem großen Festessen gingen Margot und ich auf der Straße zum Mount Monument ein Stück spazieren. Nach einer Weile nahm sie meinen Arm und sagte, ihr sei etwas Übles passiert; darüber wolle sie mit mir reden. Hier ist die Geschichte: Als sie am Abend nach dem Tanz wieder im Haus waren und alle

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