Ehrensachen
unterhaltsame Teil der Ferien sein. Um seine Eltern damit zu versöhnen, daß er den ganzen Sommer fort sein wollte, und auch, weil er ein etwas schlechtes Gewissen wegen Ostern hatte, habe er versprochen, gleich nach seinem letzten Examen mit ihnen in einem Hotel in den Catskills, nicht weit von Woodstock, Ferien zu machen. In diesem Hotel waren sie gern, es wurde von einem polnischen Ehepaar geleitet, einem ehemaligen Leutnant in der Armee von General Anders, der dessen Feldzüge überlebt hatte, und seiner Frau. Alle Gäste waren polnische Juden, einige von ihnen erst nach Kriegsende als Flüchtlinge nach New York gekommen. Die Gegend war sehr schön, und in den umliegenden Wäldern konnte man gut wandern, aberdie Hauptattraktion war die echte polnische Küche. Sogar während einer Hitzewelle konnten die Gäste mittags gewaltige Mengen von Krautwickeln, Gurkensalat und Käsekuchen vertilgen. Zum Abendessen gab es womöglich Zrazy mit Kasha und wieder Gurkensalat. Zum Nachtisch dann Erdbeeren mit Schlagsahne und einen anderen Kuchen, zum Beispiel Mohnkuchen, der sehr beliebt war, außer bei Gästen, die wie Henrys Vater in der Angst vor einem Herzinfarkt lebten und nur Hüttenkäse und Wassermelone aßen. Die Eltern hatten schon angekündigt, sie hätten einen Bungalow auf dem Hotelgelände reserviert, das hieß, er müsse auf einem Ausziehsofa im Wohnzimmer schlafen und die beiden schnarchen hören. Er habe versucht, sie zu überreden, daß sie für ihn ein Schlafzimmer im Hauptgebäude mieteten. Der Vater habe sich geweigert. Da eine dritte Person im Bungalow nichts zusätzlich kostete, würde er teures Geld zum Fenster hinauswerfen, wenn er für ein Bett im Hotel bezahlte. Henry sagte, eigentlich sei es ihm nicht so wichtig. Die Wände im Haupthaus seien auch dünn, und wenn er die Wahl habe zwischen dem Schnarchen seines Vaters und dem fremder Leute, dann höre er lieber seinen Alten schnarchen.
Meine Sommerpläne waren weder so großartig noch so pikant wie Henrys. Ich wußte, ich würde bis zum ersten August in Cambridge bei Madame Shouvaloff in einem Zimmer bleiben, das einer ihrer älteren Studenten räumte; wenn am ersten August Dr. Reiners Urlaub begann, konnte ich Cambridge verlassen, mußte aber rechtzeitig zu meiner ersten Sitzung zwei Tage nach dem Labor Day wieder da sein. Ich wußte nicht recht, ob meine Eltern mich in Lenox haben wollten. Selbst wenn sich zeigen sollte, daß sie mich gern sehen würden, konnte ich mir nicht vorstellen, daß ich es länger als zehn Tage mit ihnen aushalten würde. George plante, in Europa herumzureisen, und schlug mir vor – mitdem Versprechen, keine Schlägereien anzufangen –, für den letzten Teil der Reise, in Frankreich, zu ihm zu stoßen. Wir könnten dann mit dem Auto herumfahren und würden es gut haben, sagte er. Sehr verlockend, antwortete ich, aber ich wolle Mr. Hibble nicht schon wieder um Geld bitten, und von meinen Eltern könne ich natürlich nicht erwarten, daß sie zahlten. Kein Problem, sagte George. Seine Eltern hätten ihm aufgetragen, mich einzuladen, und sie wollten für alles aufkommen. Sie hätten sogar zwei Schiffsreisen von New York nach Cherbourg und zurück herausgesucht, damit ich rechtzeitig wieder in Cambridge wäre.
Bitte sag nicht nein, bat er. Von meinem Vater soll ich dir sogar ausrichten, daß er die Schuld auf sich nehmen wird, falls es Ärger zu Hause gibt, weil du nicht nach Lenox kommst.
Ich wollte nicht ablehnen. Wir beschlossen, uns in Paris zu treffen, wohin ich mit der Zugfähre reisen würde.
Wohl kurz vor dem Beginn der vorlesungsfreien Arbeitszeit erzählte Henry mir von einer anderen Entwicklung. Margot hatte ihn angerufen, sie wollte ihn in seinem Zimmer besuchen. Er bat sie, an der Pförtnerloge auf ihn zu warten, trug sie in die Besucherliste ein und nahm sie mit nach oben. Sobald sie im Wohnzimmer waren, sagte sie: Hier, lies das, und gab ihm einen Umschlag mit seinem Namen. Darin lag ein zwei Seiten langer Brief mit ihrer Entschuldigung.
Sind wir jetzt wieder Freunde? fragte sie, als er alles gelesen hatte.
Natürlich, sagte er.
Archie war ausgegangen, erzählte Henry weiter, und ich erwartete ihn erst spät zurück. Stell dir vor, zuerst küßte sie mich, und dann wurde es heftig. Richtig heftig, aber ich habe sehr aufgepaßt, daß sie bestimmte und daß ich nicht mehr machte, als sie wollte. Sie blieb bis sieben, und dannmußte ich sie aus dem Zimmer drängen. Und sie ist wieder bei mir gewesen.
Ich
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