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Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition)

Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition)

Titel: Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Arendt
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eine kleine Kassette mit Papiergeld und Goldmünzen, »weil ich mir sagte, das ist ein höherer Beamter, der diesen Geldbetrag ordentlich verwalten wird und die Ausgaben, die er hat, von sich aus aufzeichnen, denn immer noch dachte ich daran, daß man das einmal verrechnen muß«.
    Mit diesen Worten mußte Eichmann seine Autobiographie abschließen, die er im Polizeiverhör mit großem Eifer produziert hatte. Sie hatte nur ein paar Tage beansprucht und nahm von den 3564 Seiten der Niederschrift, die von den Tonbandaufnahmen gemacht wurde, nicht mehr als 315 Seiten ein. Er hätte sie gern fortgesetzt und hat offenbar den Rest der Geschichte der Polizei noch erzählt, doch aus verschiedenen Gründen hatten die Prozeßbehörden beschlossen, keinerlei Aussagen über die Zeit nach Kriegsende zuzulassen. Aber an Hand von eides stattlichen Erklärungen aus den Nürnberger Prozessen und, wichtiger noch, auf Grund der vieldiskutierten Indiskretion eines ehemaligen israelischen Beamten, Mosche Pearlman, dessen Buch »The Capture of Adolf Eichmann« vier Wochen vor Eröffnung des Prozesses in London herauskam, ist es möglich, die Geschichte zu vervollständigen. Pearlmans Bericht stützte sich offenbar auf Material des Amtes 06, des Polizeibüros also, das mit der Vorbereitung des Prozesses befaßt war. (Pearlmans eigene Version war, er habe, drei Wochen ehe Eichmann entführt wurde, den Staatsdienst verlassen und deshalb das Buch als »Privatperson« geschrieben, was nicht sehr überzeugend klingt, da die israelische Polizei von der bevorstehenden Entführung mehrere Monate vor seinem Ausscheiden Bescheid gewußt haben muß.) Das Buch verursachte in Israel einige Verlegenheit, nicht nur, weil Pearlman Informationen über wichtige Anklagedokumente vorzeitig hatte verbreiten können, nicht nur, weil er erklärte, die Staatsanwaltschaft sei bereits zu dem Schluß gekommen, daß Eichmanns Aussagen unglaubwürdig sind, sondern weil in Regierungskreisen das Interesse an der Veröffentlichung eines zuverlässigen Berichts über die Einzelheiten von Eichmanns Entführung aus Buenos Aires naturgemäß äußerst gering war.
    Pearlmans Bericht war in Wahrheit sehr viel weniger sensationell als die verschiedenen Gerüchte, auf die sich frühere Erzählungen gestützt hatten. Jetzt stellte sich heraus, daß Eichmann niemals im Nahen oder Mittleren Osten gewesen war, keine Verbindungen zu einem der arabischen Länder besaß, niemals von Argentinien aus wieder nach Deutschland gekommen oder in einem anderen lateinamerikanischen Land gewesen war und sich überhaupt niemals im Sinne irgendeiner Nazi-Organisation der Nachkriegszeit betätigt hatte. Bei Kriegsende hatte er noch einmal mit Kaltenbrunner zu sprechen versucht, als dieser noch in Alt-Aussee saß und Patiencen legte, aber sein ehemaliger Chef hatte keine Lust, ihn zu empfangen, da er »für diesen Mann keine Chance mehr sah«. (Kaltenbrunners eigene Chancen waren auch nicht sehr gut, er wurde in Nürnberg gehängt.) Fast unmittelbar danach wurde Eichmann von amerikanischen Soldaten gefangengenommen und in ein Lager für SS-Männer gesteckt, wo man trotz verschiedener Verhöre seine Identität nicht entdeckte, obgleich sie einigen seiner Mitgefangenen bekannt war. Er war vorsichtig und schrieb nicht an seine Familie, sondern ließ sie glauben, er sei tot; seine Frau versuchte, ihn gerichtlich für tot erklären zu lassen, was jedoch fehlschlug. als herauskam, daß der einzige »Augenzeuge« für den Tod ihres Mannes ihr Schwager war. Sie war ohne einen Pfennig zurückgeblieben, aber Eichmanns Familie in Linz sorgte für sie und die drei Kinder.
    Im November 1945 wurden die Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg eröffnet, und Eichmanns Name begann mit unerfreulicher Regelmäßigkeit aufzutauchen. Im Januar 1946 trat Wisliceny als Belastungszeuge auf, und seine Aussage war für Eichmann so verheerend, daß er beschloß, es sei an der Zeit zu verschwinden. Er flüchtete mit Hilfe anderer Gefangener aus dem Lager und ging in die Lüneburger Heide, wo der Bruder eines Mitgefangenen ihm Arbeit als Holzfäller beschaffte. Er blieb dort vier Jahre lang unter dem Namen Otto Heninger, und wahrscheinlich hat er sich tödlich gelangweilt. Anfang 1950 gelang es ihm, Verbindung mit ODESSA aufzunehmen, einer Geheimorganisation ehemaliger SS-Mitglieder, und im Mai desselben Jahres wurde er durch Österreich nach Italien geschleust, wo ihn ein Franziskanerpater, der über seine

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