Eidernebel
Andrea Goldschmidt!
»Peter Kirch?«, fragt Swensen ungläubig
»Du kennst diesen verrückten Typen auch noch?«, kommentiert Mielke entgeistert.
»Ja!«, sagt Swensen. »Ist allerdings schon länger her. Das ist der Exfreund unser ersten Ermordeten.«
»Wir haben das Schwein!«, jubelt Mielke. »Ich wusste, dass wir den Killer hier schnappen werden!«
»Killer? Was redest du für einen Müll«, meldet sich der Mann im Wageninneren.
Mielke kniet sich auf den Fahrersitz und brüllt: »Seit wann duzen wir uns?« Er packt Peter Kirch am Hemdkragen, zieht ihn zu sich heran und sagt trocken: »Ich verhafte Sie wegen dringenden Mordverdachts. Sie haben das Recht zu schweigen. Sie haben das Recht auf einen Anwalt. Alles, was Sie jetzt sagen, kann gegen Sie verwendet werden!«
Swensen sieht dem Schauspiel zu, als wäre er im Theater.
Sollte der Spuk etwa wirklich vorbei sein?
Anfang November 2003
Am Samstag den 3. November beginnt der geplante Massenspeicheltest. Bereits am frühen Morgen haben die Männer der freiwilligen Feuerwehr von Witzwort die Löschzüge aus der großen Halle auf den Platz vor dem Gebäude gefahren. Pünktlich um 9.30 Uhr stoppen zwei Mannschaftswagen und ein Transporter des LKA Kiel vor den hochgefahrenen Garagentüren. Jan Swensen trifft zum selben Zeitpunkt auf dem Feuerwehrgelände bei der Kirche ein. Die Beamten in Zivil beginnen gerade Tische, Stühle und mehrere Pappkartons mit der Aufschrift ›Medical-DNA-Diagnostik‹ in den leeren Raum zu schaffen. Der Hauptkommissar geht auf einen der Männer zu, stellt sich vor und fragt nach dem leitenden Beamten.
»Der kühle Blonde dort drüben, das ist Doc Flensburger«, ist die knappe Antwort.
Swensen grinst, dreht sich um und ruft dem hageren Mann, der gerade mit dem Fahrer des Transporters redet, von Weitem ein »Moin, Moin« entgegen.
»Dr. Flensburger?«, fragt er, als er bei ihm angekommen ist. »Ich bin Hauptkommissar Swensen aus Husum, ich hab die Liste der einbestellten Personen dabei.«
»Tach, Herr Swensen, Polizeirat Püchel hat sie schon angekündigt«, sagt Flensburger und nimmt die Mappe entgegen. »Das klappt ja perfekt. Mit wie viel Leuten müssen wir denn rechnen?«
»Wir haben 397 Männer zwischen 16 und 40 angeschrieben und gebeten, hier heute zu erscheinen.«
»Wo müssen wir denn hin?«, fragt eine Stimme in Swensens Rücken.
Bevor der Hauptkommissar sich umdreht, sieht er Flensburger genervt zum Himmel hinaufblicken: »Bei uns geht es um 10 Uhr los, Leute! Das ist in 20 Minuten!«
Als er in die aufgebrachten Gesichter der drei jungen Männer blickt, die sich in einer Reihe vor ihnen aufgebaut haben, ergänzt Swensen: »Im Anschreiben steht deutlich 10 bis 20 Uhr!«
»Manu, das ist jetzt echt ätzend«, protestiert der Sprecher der drei. »Wir müssen zur Berufsschule, solange können wir hier nicht rumhängen, Leute!«
»Und warum kommt ihr nicht, wenn die Schule vorbei ist?«, fragt Flensburger unwirsch.
»Weil wir danach ins Kino gehen, wenn wir schon in Husum sind, klaro!«
»In Herrgottsnamen, kommt mit«, erbarmt sich Flensburger, schleppt die drei in die Fahrzeughalle und stellt sie vor den Tisch, auf dem ein Beamter Plastikboxen mit Abstrichröhrchen stapelt. Flensburger redet kurz mit dem Kollegen.
»Mund auf«, befiehlt der schroff, nimmt ein Wattestäbchen aus dem Röhrchen, reibt dem ersten Mann kurz die linke und rechte Innenseite der Mundhöhle ab und steckt es ins Röhrchen zurück. Danach beschriftet er die Speichelprobe. Flensburger hakt den Namen auf der Liste ab und lässt sich danach noch eine Einwilligungserklärung unterschreiben. Swensen beobachtet den Ablauf der Szene von Weitem, als Püchels BMW auf die Auffahrt biegt, dem kurz danach Mielkes Twingo folgt. Der Polizeirat steuert seinen Wagen rasant neben einen Löschzug, springt heraus und stürmt gehetzt auf den Hautkommissar zu, wobei er die Husumer Rundschau in der rechten Hand hin und her schwenkt.
»Das musst du dir anhören, Jan«, sprudelt es aus Püchels Mund. »Ich habe noch nicht einmal Punkte in Flensburg und nun stehe ich unter Mordverdacht.«
»Moin, Moin, Heinz«, nimmt Swensen dem Polizeirat den Wind aus den Segeln.
»Ja …, Mensch! Moin, Moin!«, Püchel gerät aus dem Rhythmus und braucht mehrere Sekunden, um wieder zur Höchstform zurückzufinden. »Ihr seid doch gerade bei diesem Bigdowski gewesen und habt ihn vorgewarnt. Ist der denn jetzt völlig durchgeknallt. Anstatt uns zu helfen, veröffentlicht der
Weitere Kostenlose Bücher