Eidernebel
perfekt.
Hoffentlich ist Mielkes Ansatz nicht genauso ein Reinfall, denkt Swensen resigniert und geht bei der Fahrt durch Oldenswort vom Gas. Er hat den Oberkommissar lebhaft vor Augen, wie er mit viel Pathos in der Gestik vor der Pinnwand mit den Fotos der ermordeten Frauen seine Internetrecherche erklärt.
»Es gibt ein Forum für Geocaching im Internet: ›The Official Global GPS Cache Hunt Site‹. Ich habe mich da angemeldet und umgesehen. Dabei bin ich auch auf den ominösen ›Seefahrer‹ gestoßen, auf dessen Spuren sich dieser Michael Moraht geheftet hat. Auf den Seiten findet man auch den Cache: ›Staller Fedderkens‹. Der ist an der Kirche von Kotzenbüll deponiert, wo dieser Feldwebel über unseren Spinner hergefallen ist.«
»Suchen wir jetzt auch noch nach irgendwelchem Kinderkram?«, fragt Silvia Haman in gewohnter Bissigkeit
»Danke, Silvia«, kontert Mielke souverän. »Ohne deine Bemerkungen käme ich mir schon richtig nackt vor.«
»Das kann ich doch unter keinen Umständen zulassen«, kommt es knapp zurück.
»Ich weiß jetzt, wie wir an diesen ›Seefahrer‹ rankommen«, fährt Mielke fort, ohne sich weiter provozieren zu lassen. »Leute, die einen Cache gefunden haben, hinterlassen im Internet häufig eine Nachricht, beispielsweise steht da unter dem Cache ›Staller Fedderkens‹ …«
Stephan liest von einem Zettel ab.
»›October 30, 2003 by Krabbe (17 found) Eine neue Dose für mein Geocaching-Konto. Habe sie gestern mit der Taschenlampe erleuchtet und konnte endlich das Logbuch in den Händen halten. Die Kirche ist unspektakulär, massiges Kirchenschiff, zu kurzer Turm. Trotzdem eine tolle Idee »Seefahrer«. Danke für den schönen Cache und beste Grüße.‹«
»Und warum ist das für uns interessant?«, fragt Colditz nüchtern.
»Man könnte diesem ›Seefahrer‹ eine gezielte Nachricht zukommen lassen. Ich denke dabei an: Dein Cache ist undicht, du solltest ihn so schnell wie möglich überprüfen. Dann brauchen wir uns nur noch auf die Lauer zu legen und vor Ort auf den Kerl zu warten.«
Swensens Wunsch, Mielke möge recht haben, prescht mit ihm über die schnurgerade Straße. In der Dunkelheit breitet sich die Marschlandschaft bei Schlapphörn aus wie ein schwarzes makelloses Tuch. Die winzigen Lichtpunkte der verstreuten Gehöfte sind weit voneinander entfernt. Am Ende des Axendorfer Wegs führt die Straße direkt auf ein Bauernhaus zu. Das Autolicht trifft frontal auf die Ziegelwand und driftet links in die Nacht zurück, als der Polo nach rechts auf die B 202 biegt. Swensen fährt ein kurzes Stück auf der Bundesstraße, um gleich wieder links nach Kotzenbüll abzubiegen. Auf einer Parkeinbuchung vor zwei kleinen Reetdachhäusern sieht Swensen den Twingo von Oberkommissar Mielke parken. Er steuert seinen Wagen daneben, steigt aus und macht sich auf die Suche nach seinem Kollegen. Der bleiabgedeckte Kirchturm schimmert hell vor dem schwarzvioletten Himmel. Mielke eilt geduckt auf Swensen zu und flüstert: »Auf der anderen Seite des Gebäudes ist jemand. Ist gerade vor fünf Minuten mit dem Auto gekommen. Ich hab dich gesehen und hab dir den Weg abgeschnitten.«
»Schauen wir uns den Kameraden aus der Nähe an«, flüstert Swensen zurück. »Wir nehmen ihn in die Zange, du links, ich rechts rum.«
Die Beamten schleichen in verschiedene Richtungen davon. Der Hauptkommissar hat gerade die andere Seite der Kirche erreicht, als er einen Schmerzschrei seines Kollegen hört. Im selben Moment sieht er einen Schatten auf sich zustürmen. Ein Ellenbogen trifft ihn an der Brust und schleudert ihn zu Boden. Noch im Fallen gelingt es ihm, sein Bein auszustrecken. Die Gestalt bleibt mit einem Fuß daran hängen und stürzt mit einem gewaltigen Satz. Ehe sie sich wieder aufrappeln kann, ist Stephan Mielke zur Stelle. Eine rechte Gerade trifft die Person unter dem Kinn und sie sackt endgültig zu Boden. Der Oberkommissar hält fluchend sein linkes Auge.
»Du blöder Idiot!«, schimpft er lauthals und dreht dem Mann den Arm auf den Rücken. »Haut mir diese Pfeife eins auf die gleiche Stelle wie dieser Bundeswehrheini!«
Swensen kommt perplex wieder auf die Beine und folgt dem Rücken von Mielke, der den Mann unsanft vor sich her zu seinem Wagen schiebt. Der Hauptkommissar springt Mielke zur Seite, als er ihn auf die Rückbank befördern will. Dabei sieht er zum ersten Mal das Gesicht des Festgenommenen und weiß sofort, dass er es kennt.
Das ist doch der Exfreund von
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