Eidernebel
ich.«
»Okay, dann setze ich Sie ab, ist sowieso auf meinem Weg.«
Wenig später sitzt die Journalistin auf dem Beifahrersitz und der Hauptkommissar fährt über die Großstraße, Fischergang, Hinter der Neustadt und Treibweg von oben in die Nordhusumer Straße. Nur einige Bogenlampen strahlen in Abständen auf den nackten Asphalt. Kein Baum steht zwischen den meist älteren Häusern, die drei- bis vierstöckig in den schwarzen Nachthimmel ragen. An einem bläulich gestrichenen Wohnblock lässt die Zeitungsfrau stoppen und stutzt im selben Moment.
»Heeh, was ist denn da los?«, ruft sie außer sich und deutet, wild mit der Hand fuchtelnd, auf einen blauen Balkon.
»Was ist, Frau Teske?«
»Da ist Licht! In meiner Wohnung ist Licht!«
»Wo?«
»Na da …, da oben im dritten Stock!«
»Ich sehe nichts, ist doch alles dunkel!«
»Jetzt ja, aber … aber eben war da ein Licht …, ich denke, das war eine Taschenlampe. Es ist nur kurz aufgeblitzt.«
»Gut, schauen wir uns das aus der Nähe an«, sagt Swensen, steigt aus und geht zur Haustür hinüber, während Maria Teske ihm folgt. Im Gehen fummelt sie ihren Schlüsselbund aus der Innentasche ihrer Jacke. Der Hausflur ist ein dunkles Loch.
»Kein Licht, keinen Fahrstuhl und äußerste Ruhe, kein unnötiges Wort«, warnt Swensen mit gedämpfter Stimme. »Wir nehmen die Treppe. Sie bleiben dicht hinter mir.«
Der Hauptkommissar steigt langsam durch die Dunkelheit die Treppen hinauf und achtet die ganze Zeit darauf, ob jemand den Fahrstuhl in Betrieb nimmt.
»Welche Tür?«, flüstert er, als beide den dritten Stock erreicht haben.
»Die erste rechts«, informiert Maria Teske ihn.
»Den Schlüssel«, sagt Swensen und nimmt blind tastend den Sicherheitsschlüssel von der Journalistin entgegen. »Wo ist der Lichtschalter, wenn man reinkommt?«
»Gleich links von der Tür, auf Brusthöhe.«
Der Hauptkommissar fingert vorsichtig die SIG Sauer aus dem Brustholster und entsichert sie. »Egal was passiert, Sie rühren sich hier nicht vom Fleck. Wenn ich drinnen bin, rufen Sie einen Streifenwagen, klar?«
Mit klopfendem Herzen setzt er einen Fuß vor den anderen, bis er die Tür erreicht hat. Mit äußerster Konzentration ertastet er das Schloss und führt den Schlüssel behutsam in den Zylinder ein. Der Schlüsselbart schabt mehrmals leise über Metall. Der Hauptkommissar hält inne und horcht, aus der Wohnung kommt kein Geräusch. Er atmet mehrmals ruhig durch, hält die Luft an, dreht den Schlüssel mit einem Ruck herum, stößt die Tür auf und greift mit der Hand zum Lichtschalter. Als das Licht angeht, duckt er sich und ist blitzartig im Flur der Wohnung.
»Polizei Husum! Ist da jemand?«, schreit er in den Raum. »Geben Sie auf, werfen Sie Ihre Waffe hin oder ich eröffne das Feuer!«
»Nicht schießen!«, ruft eine Stimme lauthals. »Ich bin unbewaffnet!«
»Kommen Sie mit den Händen hinter dem Kopf heraus!«, befiehlt Swensen und hält seine Waffe im Anschlag.
»Nicht schießen! Ich komme jetzt raus«, sagt die Stimme und eine hochgewachsene Gestalt tritt in den Lichtkegel des Flurs.
»Keine falsche Bewegung! Legen Sie sich flach auf den Boden, Gesicht nach unten, Hände über den Kopf!«, kommandiert Swensen.
Der Mann lässt sich auf den Boden fallen und befolgt alles, was Swensen verlangt hat. In der Ferne ist ein Martinshorn zu hören.
»Wo ist Ihr Ausweis?«, fragt Swensen trocken.
»Ich meiner Jackentasche.«
»Holen Sie ihn ganz vorsichtig heraus, ganz langsam, klar!«
Der Mann schiebt seine rechte Hand unter die Brust, dreht sich leicht zur Seite und legt den Ausweis seitwärts auf den Boden. Swensen zieht ihn mit dem Fuß zu sich heran, hebt ihn auf und liest.
»Was machen Sie hier in einer fremden Wohnung, Herr Rösener?«
*
Der schwarze Mercedes Sprinter des mobilen Einsatzkommandos biegt von der Süderholmstraße in die Fuß am Holm. In der engen Straße im Schleswiger Stadtteil Holm stehen zwei Reihen bunte Kleinbürgerhäuser. Der Wagen stoppt am unteren Ende der Straße mit Blick auf die Schlei. Im Sonnenlicht tuckert einer der weißen Ausflugsdampfer durch die Frontscheibe. Auf der anderen Uferseite kratzt die Turmspitze des Doms den Himmel. Mit einem dynamischen Satz springt der Einsatzleiter vom Fahrersitz auf die Pflastersteine herab. Er trägt eine dunkelblaue Schutzweste, reißt die Wagentür vom Kleinbus auf und befiehlt lauthals: »Absitzen!«
Sechs Mann mit Schnellfeuergewehren schnellen aus dem Wagen und
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