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Eidernebel

Eidernebel

Titel: Eidernebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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gewesen?«
    »Im Prinzip schon …«, druckst Swensen herum, »aber die ersten Tage …, du weißt doch …, da können die neusten Fakten für die Ermittlung schon entscheidend sein. Also, man sieht sich!«
    Der Hauptkommissar nickt kurz und eilt aus dem Raum. Die Frage hat ihn auf dem falschen Fuß erwischt, denn er weiß selbst nicht genau, was ihn hierher getrieben hat. Wenn er es genau bedenkt, ist es pure Angst gewesen. Er wollte ihr nicht ausweichen, wollte die tote Frau noch einmal sehen, um die schrecklichen Bilder der Nacht zu relativieren. Zumindest ist er sich jetzt ziemlich sicher, dieser Fall wird für ihn schwer werden. Die alte Angst hat sich wieder in ihm breitgemacht, die Angst von damals, die ihn noch immer in Schrecken versetzt, als er die Bilder der Kinder mit sich herumgeschleppt hat. Das Gesicht der toten Frau in der Kirche hat ihn diesmal tiefer berührt, als er es von sich gewohnt ist. Er muss den Fall so schnell wie möglich aufklären, auch für sich selbst.
     
    Die Kollegin Silvia Haman wartet mit deutlicher Ungeduld am Haupteingang des Krankenhauses. »Warum musstest du dir denn unbedingt die Gerichtsmedizin reinziehen?«, löchert sie Swensen im selben Moment, als der durch die Glastür tritt, »im Bericht wird sowieso alles stehen, was wir wissen wollen.«
    Der Hauptkommissar zuckt mit den Achseln und geht wortlos neben ihr her zum Dienstwagen. Bevor sie einsteigt, wirft sie demonstrativ einen flehenden Blick zum Himmel. Swensen setzt sich ohne zu fragen hinters Steuer und fährt den Polo zügig aus der Stadt hinaus.
    »Dieser ungeklärte Mordfall, den Colditz heute Morgen während der Frühbesprechung auf den Tisch gepackt hat, bist du da eigentlich schon in Husum gewesen?«, fragt Silvia nach circa fünf Minuten Schweigen.
    »War mein erster Mordfall hier oben«, antwortet Swensen. »Das war 1998, und ich bin bereits 93 von Hamburg nach Husum.«
    »Und was war das für ein Fall?«
    »Auch eine junge Frau«, berichtet Swensen, »wurde am Eiderdeich Höhe Reimersbude gefunden. Der Täter hat ihr mehrmals mit einem stumpfen Gegenstand, einem Hammer wahrscheinlich, auf den Kopf geschlagen. Die Frau hat nach der Tat längere Zeit dort gelegen, bevor sie entdeckt wurde. Sie hat dann noch drei Tage gelebt, ist nur noch kurz zur Besinnung gekommen.«
    »Hört sich abscheulich an.«
    »War es wohl auch. Glücklicherweise war ich nicht ganz vorn dabei. Damals war Kollege Heitmann hier der Dienstälteste, der hatte mich unter seine Fittiche genommen. Er ist dann 99 in Rente und du hast die freie Stelle übernommen.«
    »Und wieso bringt Colditz den alten Fall aufs Trapez?«
    »Schätze mal, der Chef hat ihn mit der Nase draufgestoßen. Der Fall ist immer noch ungeklärt, so was ist Püchel ein Dorn im Auge. Dabei war Colditz damals gar nicht der Leiter der SOKO Hammer. Da war ein anderes Team aus Flensburg hier, der Leiter hieß … na … nee, fällt mir nicht ein, der Name.«
    »Ich denk, der Chef ist grad auf Fortbildung?«
    »Ist er doch auch. Aber Püchel ist selbst dann hier, wenn er nicht hier ist!«
    »Glaubst du denn, dass die beiden Fälle etwas miteinander zu tun haben könnten? Du sagtest doch, dass die Frau mit einem Hammer erschlagen wurde. Unsere gestern wurde erstochen. Das passt erst mal nicht zusammen.«
    »Sieht auf den ersten Blick nicht so aus, finde ich auch. Aber was ich glaube, sagt natürlich nichts. In Flensburg wird das eh routinemäßig überprüft.«
    »Übrigens fand ich es richtig gut, dass Stephan und du das gestern Nacht mit dem Benachrichtigen der Eltern übernommen habt. Da hat sich schließlich keiner nach vorn gedrängelt. War bestimmt schrecklich, oder?«
    Silvia nickt stumm, sagt aber nichts dazu.
    »Wo in Osterende wohnt jetzt der Freund?«
    »Exfreund«, verbessert Silvia. »Unsere Tote hat sich vor Kurzem von ihm getrennt, haben die Eltern uns gesagt.«
    »Und wo wohnt nun der Exfreund?«
    »Die Mühle, gleich hinter Witzwort, die kennst du doch bestimmt? Also, in der nächsten Kurve, direkt wenn man an ihr vorbei ist, ist es das zweite Haus auf der linken Seite.«
    Swensen bremst den Wagen ab und fährt langsam über den unbeschrankten Bahnübergang vor Witzwort. Anschließend durch die Tempo-30-Zone auf der geraden Straße weiter, an der Kirche biegt er links ab und nachdem er an Annas Haus und der Meierei vorbei ist, geht es zügig durch eine flache Wiesenlandschaft mit grasenden Schafen und Kühen. Am Horizont sieht Swensen den winzigen Kirchturm

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