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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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sich freiwillig als Model zur Verfügung gestellt hatte, allerdings als Veganer nicht für Lederhosen, und ich rückte den Schleier zurecht, den Julia und Therese mir gemeinsam verpasst hatten. Zu einem weißen Seidendirndl. Einen Brautschleier. Natürlich war auch hier meine Gegenwehr vergebens gewesen. Susn hätte es tragen sollen, es war das Prachtstück der Modenschau. Die Schau stand und fiel mit dem Hochzeitsdirndl, und das Ganze war dringend, ein Notfall, und jemand musste unbedingt einspringen.
    »Auf geht’s, Quirin und Gina, ned so steif, vergessts ned, ihr seids a Hochzeitspaar, ned zwei Ölgötzn! Ihr müssts im Gleichschritt laufen, links, links, links! Und jetzt drehts euch!« Therese hatte mir hochhackige Sandalen verpasst, die wohl auch dieser Susn gehörten, sie waren mir zu weit, hatten eine Ledersohle, und als ich schwungvoll Thereses Befehl befolgte, geriet ich auf dem glatten Boden ins Schlittern.
    »Nanu, Frau Zuhlau!« Beide Arme um mich gelegt, stabilisierte mich Quirin im letzten Moment.
    »Entschuldigung.« Ich ärgerte mich, dass ich mich haltsuchend an seine Schultern geklammert hatte, machte mich los. »Es geht schon wieder, es sind nur die verdammten …«
    »Drecksglump, dreckertes! Therese, die Hosn ist nie und nimmer Größe L, und wenns zehnmal draufsteht!«
    »Ich helf dir!« Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Julia, ein Päckchen Sicherheitsnadeln in der Hand, in Richtung des Paravents entschwebte, hinter dem Nat Wildmoser seit geraumer Zeit eine Hose anprobierte.
    »Gehen wir, Frau Zuhlau?« Quirin legte, völlig unnötig, seinen Arm um meine Taille, und zurück flanierten wir im Gleichschritt, links, links, links, Hüfte an Hüfte.
    »Was macht übrigens der werte Geliebte?«, fragte Quirin. »Hält er sich tapfer im Käfig? Ich muss wohl demnächst mal nach ihm …«
    »Ach, Sie sind der Tierarzt?« Das Karöttchen hatte sich vor uns aufgebaut. Es ertrank fast in viel zu weiten Seppelhosen aus Loden und warf einen angeekelten Blick auf Quirins Hirschlederhose.
    »Ihr sollts ned ratschn!«, rief Therese dazwischen, aber das Karöttchen achtete nicht auf sie.
    »Was bilden Sie sich eigentlich ein? Wie können Sie einfach ein Vorhängeschloss an einem Käfig …«
    »Kreizteifikruzifixhalleluja, mi leckst am Oarsch!« Nat Wildmosers Schmerzensschrei ließ uns herumfahren, und Therese marschierte beherzt auf das Paravent zu, riss den Eingang auf, enthüllte ein Bild, das uns alle für einen Moment sprachlos machte. Nat Wildmoser stand breitbeinig in knallengen Lacklederhosen, mit rotem Kopf und mühsam eingezogenem Bauch. Vor ihm kniete Julia.
    »Es hat keinen Sinn, du brauchst XXL.« Sie zog die Sicherheitsnadeln heraus, die die Hose zusammenhielten, und Nat Wildmoser atmete aus.
    »Was hast denn für ein Problem mit dem Vorhängeschloss?«, wandte sich Quirin an das Karöttchen, aber das Karöttchen hörte nicht zu, stand starr und bleich, sah mit aufgerissenen Augen zu, wie Nat Wildmoser seinen Massen freien Lauf ließ und Fleischberge über prall gespanntes Leder quollen.
    »Äh, ich zieh mich mal um. Ich hab noch zu tun.« Bei weiteren Gesprächen über Vorhängeschlösser wollte ich nicht unbedingt anwesend sein und verzog mich in die Küche, um endlich das Brautkleid loszuwerden. Aber sie redeten nicht über Vorhängeschlösser. Durch die angelehnte Tür hörte ich Therese lamentieren, so werde es nie etwas mit der Modenschau, hörte, wie Julia beruhigend auf sie einredete: »Das wird schon. Zuerst brauchen wir ein gescheites Motto. Schatz, was hast du, ist dir nicht gut?«
    »Was für a Motto?«
    Ich zog den Brautschleier vom Kopf.
    »Alle Modenschauen haben ein Motto. ›Die Farben des Sommers‹ zum Beispiel«, erklärte Julia »Oder ›Cool und chillig‹. Für uns vielleicht eher etwas wie ›Trachtenträume‹. Oder wie wär’s mit ›Trendige Trachten‹? Aber dafür bräuchten wir was Frecheres, Mädels in Lederhotpants. Vielleicht auch Jungs im Dirndl.«
    »Ich finde nicht, dass man überhaupt Leder braucht, Leder ist barbarisch.«
    »Ja, Schatz, du hast natürlich recht. Wir sollten mit anderen Materialien experimentieren, wir sollten …«
    »Madln in Lederhotpants? Loss i mir scho gefolln – aber a Mannsbild im Dirndl?« Anderls Stimme, empört, dann Julia: »Was hat er gesagt?«
    »Er hat gesagt, er zieht es vor, kein Dirndl zu tragen«, sagte Quirin. »Und wenn’s recht ist, geh ich jetzt auch, ich hab noch an Kurs.«
    Seine Schritte, die zufallende Tür,

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