Eifel-Connection
er. »Das kommt jetzt aber sehr überraschend. Sind das neue Erkenntnisse?«
»Es gibt durchaus Einzelheiten, die das vermuten lassen«, erklärte Emma. »Er war einigen Leuten stark im Weg, wenn man das einmal vorsichtig formulieren will. Aber wir haben noch keine gesicherten Erkenntnisse.«
Er sah sie an und nickte: »So ist das also. Wie auch immer, der junge Mann tauchte also im letzten Dezember hier auf. Apollonia war gerade aus dem Haus, ich bediente mein Telefon selbst, so kam das. Ich glaube, ich muss da ein wenig aus meiner Geschichte erzählen, sonst können Sie das nicht verstehen.« Er setzte sich zurecht, er konzentrierte sich, seine rechte Hand lag auf der Tischplatte und zitterte. Aber er war von großer Würde und von großer Klarheit. »Dieser Betrieb hier wurde von meinem Vater gegründet. Wir bauen also seit Ende des Krieges Lava und Basalt ab. Es war immer schon ein sehr solides Geschäft, weil sowohl Basalt als auch Lava in zunehmendem Maß gefragt sind. Beide Stoffe sind, wenn Sie so wollen, auch Teile des Hauses, das man baut. Wir sind den Leuten in der Eifel ein klarer Begriff, wir sind ein Teil dieser Landschaft, wir gehören dazu, und für viele von ihnen sind wir auch ein Leben lang der Ernährer. Seeth in der Eifel bedeutet für viele Menschen eine lebenslange Verbundenheit, es sind meine Leute.« Er beugte sich leicht vor, schloss die Augen, die Lippen zitterten, er suchte seinen Weg. »Von Zeit zu Zeit braucht ein solcher Betrieb frisches Kapital, weil die Lastwagenflotte umgerüstet werden muss, weil Gerätschaft im Abbau erneuert werden muss, weil neue Abbauflächen vorbereitet werden müssen und so weiter. Das ist ganz normal, das ist Teil des Geschäftes. Ich musste wieder einmal neue Trucks kaufen, etwa dreißig. Das ist nichts Besonderes in meinem Gewerbe. Zum einen kann man eine solche Flotte beim Hersteller der Trucks selbst finanzieren, zum anderen durch hiesige Banken oder auch durch freie Kapitalgeber am Markt. Also, mit einfachen Worten: Jeder, der so etwas finanziert, will selbstverständlich daran verdienen. Ich ging einen sehr herkömmlichen Weg, weil ich dabei immer gut gefahren bin. Ich sagte meiner Sparkasse, sie sollten sich umhören. Und die taten das auch und stießen in Luxemburg auf eine neue Firma, die ihre Dienste genau für dieses Segment der industriellen Finanzierung anbot. Die Finanzierung und die Konditionen waren durchaus günstig, ließen eigentlich nichts zu wünschen übrig, und wir entschieden uns für diesen Weg. Und genau in dieser Phase der Vertragsentscheidung erschien dieser junge Geologe aus Mainz, der hier auftauchte und behauptete, Glatt wolle uns schlucken, das sei der Hintergrund!« Er räusperte sich, die Geschichte nahm ihn noch immer mit. »Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Das wollte ich nicht so richtig glauben. Was sollte ausgerechnet Glatt mit meiner Firma anfangen? Der Geologe sagte: >Herr Seeth! Sie sind viel zu naiv!< Das war starker Tobak, wie wir früher sagten, das wollte ich nicht glauben. Auf der anderen Seite hatte ich über Glatt gehört, dass er seinen Gemischtwarenladen durchaus mit neuen Firmen in neuen Branchen aufmöbeln will. Es kommt ihm offenbar zunächst weniger auf Fachwissen an, als vielmehr auf die Chance, irgendwo abzuräumen und einzusacken. Aber der Geologe ging ja weiter, der Geologe sagte: >Herr Seeth, Glatt hat diese Firma in Luxemburg eigens so aufgestellt, dass Sie in die Falle gehen. Er wird den Zehn-Millionen-Deal mit Lastern dazu verwenden, sich bei Ihnen einzukaufen, das ist der einzige Zweck dieser Firma. Er wird Druck machen und notfalls Verträge kündigen.< Ich muss Ihnen gestehen, dass mir der Kragen platzte, ich wollte den jungen Mann rauswerfen, ich dachte: Der leidet massiv unter Verfolgungswahn! Aber dann legte der Mann mir eine kurze Notiz auf den Tisch, auf der Folgendes stand: Glatt gründet durch seinen Vize Wilfried Werendonk die Gesellschaft POWER POINT im August 2010 und lässt sie bei der Bank of Scotland eintragen. Im Oktober des Jahres lässt er sie in Luxemburg zu. Er bietet Industriefinanzierung zu besonders guten Konditionen an.« Er legte wieder eine Pause ein, es war zu spüren, dass es ihn anstrengte. »Dann dachte ich, dass es nicht zu viel verlangt sei, die Anschuldigungen des jungen Mannes zu prüfen. Wir setzten also einen sehr erfahrenen Anwalt ein, mit dem wir schon oft gearbeitet haben. Dieser Mann sitzt in Luxemburg, er hat die Szene gut im Blick, er hat Verbindungen.
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