Eifel-Connection
sie ausrauben, oder irgendetwas in der Art.«
»Eher irgendetwas in der Art.«
»Du willst sie vom Hof haben, um irgendetwas auf dem Hof anzustellen?«
»Du bist von erschreckender Hellsichtigkeit.«
»Und die Frau ist karnevalssüchtig?«
»So ist es.«
»Dann überlege ich mal. Kannst du mir denn die Adresse geben?«
»Aber natürlich. Ich schreibe sie dir auf.«
»Und es ist vollkommen legal?«, fragte er mit schmalen Lippen.
»Oh ja. Es ist sogar im Interesse aller Bürger. Und später kann ich dir auch genau darlegen, warum.«
»Okay, ich geh mal wieder arbeiten. Ich rufe dich an.«
Ich bestellte mir einen weiteren Kakao und schrieb ihm die Adresse auf. Es ist immer wieder höchst erstaunlich, wie perfekt in der Eifel die Nachbarschaftshilfe funktioniert.
Ich fuhr heim, wollte mich zwei Stunden hinlegen, mich drückte das Alter.
Ich war noch nicht aus Daun heraus, als ich einen Anruf bekam.
»Nina hier«, sagte sie hell. »Also, ich habe in seinen Sachen nichts gefunden, außer ein Tagebuch. In dem stehen nur zwei Sätze, sonst gar nichts. Aber die könnten vielleicht weiterhelfen.«
»Ich komme«, sagte ich.
Ich fuhr also durch nach Heyroth, denn müde war ich nicht mehr. Emma und Nina hatten sich zwei Stühle herausgeholt und saßen in der Sonne.
»Wie ist das Baby drauf?«, fragte ich.
»Es boxt«, antwortete Nina.
»Du kannst dir einen Kaffee besorgen«, murmelte Emma.
»Wie war es bei dem Unglücksraben Jobst Leuer?«
»Eine schöne Geschichte, ich erzähle sie gleich.«
»Du hast nicht viel Zeit, wir sind gleich beim alten Seeth angesagt«, sagte sie. »Im schönen Strohn, wo auch Berge geklaut werden.«
Ich holte mir einen Becher mit Kaffee und nahm einen Stuhl mit. »Und wie lauten die magischen Sätze?«
»Der erste Satz lautet: Der alte Seeth weiß nicht, was auf ihn zukommt. Der zweite Satz lautet Luxemburg sagt: 2010 über POWER POINT.«
»Was ist das, eine Telefonnummer?«
»Ist es nicht«, sagte Emma. »Wir haben keine Ahnung, was es sein kann.«
»Wahrscheinlich irgendetwas Finanzielles. Vielleicht nur eine Jahreszahl?«, sagte ich. »Haben wir irgendjemanden, der im Bankendorado Luxemburg arbeitet?«
»Ich werde Rodenstock fragen«, sagte Emma. »Bist du nicht müde?«
»Doch, eigentlich schon. Aber ich habe im Augenblick keine Zeit, müde zu sein. Wann ist Seeth?«
»Gleich um fünf. Rodenstock sagte, wir sollten vorsichtig mit ihm sein, er sei gesundheitlich schlecht dran.«
»Luxemburg sagt 2010 über POWER POINT scheint auf einen Menschen hinzudeuten, der in Luxemburg etwas sagt«, überlegte ich. »Vielleicht ist im Jahr 2010 etwas passiert? Was könnte das sein?«
»Wir kommen schon noch drauf«, murmelte Emma. »Lass uns fahren, du kannst später erzählen. Ist dieser junge Mann ein solcher Verlierer, wie er scheint?«
»Eigentlich ja«, sagte ich. »Aber er vögelt mit der Chefin.«
»Sieh mal einer an«, strahlte sie. »Was weiß er von der Halle?«
»Ich glaube nichts, er hat sie ja nie richtig gesehen, er stand nur immer davor und konnte es nicht fassen.«
»Warum haben sie ihn denn überhaupt angestellt?«
»Das war eine Dummheit«, nickte ich. »Aber dann wollte die Chefin ihn behalten, weil er im Stroh so flexibel war. Und vorher dachten sie wahrscheinlich, dass er ihrem Hof die nötige Ausstrahlung geben könnte. Ein Hof mit Angestelltem. Wir ziehen ab. Mach’s gut, Nina.«
»Ihr auch«, sagte sie mit beiden Händen auf dem Bauch.
Im Wagen bemerkte Emma: »Entschuldigung, wenn ich eindöse.«
Ich antwortete gar nicht, und als ich hinter Dreis auf den Zubringer zur Autobahn fuhr, schlief sie schon.
Das Anwesen Seeth in Strohn war gewaltig mit zwei Walmdächern. Die Fenster waren mit dunkel gebeizten Brettern umlegt, in die ein bajuwarisches Muster geschnitten war. Es gab sogar gelbe Butzenscheiben, und die Garage war so groß, dass eine Kfz-Werkstatt sich gefreut hätte. Es gab keine Klingel, es gab einen massiven Klopfer aus Bronze.
»So demonstrierte man 1960 Geld«, sagte ich und klopfte.
Ich war gespannt auf die giftige Alte, die mich am Telefon immer angefaucht hatte. Ich weiß nicht, was ich erwartete, wahrscheinlich am ehesten eine dicke, alles niederwalzende Maschine mit Nudelholz.
Die alte Frau, die uns öffnete, war klein wie ein Zwerg, mager wie eine Bergziege, hatte aber eindeutig diese grummelnde, tiefe Stimme, die an einen Brunnen denken ließ. »So, da haben Sie sich ja durchgesetzt«, bemerkte sie bissig.
»Ja«,
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