Eifel-Feuer
wir Sie erreichen? Ich meine, falls wir Sie erreichen müssen.«
»Ich habe eine Standadresse im Hotel PLAZA in Köln. Die wissen, wo ich bin. Meistens jedenfalls.«
»Und wenn sie es nicht wissen?«
»Dann müssen Sie sich gedulden, mein lieber Meier.« Sie ließ ihn einfach stehen, ging an den Gartentisch, setzte sich, holte eine Packung Tabak aus den Falten ihres Rockes und drehte sich eine Zigarette. »Haben Sie mal Feuer?« fragte sie mich.
Ich ging zu ihr hin und gab ihr Feuer. Ich sah, daß sie die Zähne frisch verloren haben mußte, und sie war eher dreißig als vierzig Jahre alt.
»Wer sind Sie? Auch so ein Wichtiger?«
»Nein. Baumeister, Siggi Baumeister. Ich habe ihn gefunden.«
»Wer sind denn diese ganzen Kerle? Ein paar sind ja widerlich. Und dieser Dicke hat den Charme eines Nilpferds.«
»Sie sind von allen wichtigen Geheimdiensten der Welt. Wer hat Ihnen die Zähne ausgeschlagen?«
Sie hob den Kopf und grinste mich mager an. »Verstehen Sie was davon? Das war einer, der mich auf der Autobahn mitgenommen hat. Kaum saß ich in seinem Auto, sollte ich die Fahrkarte in Naturalien bezahlen; er ist mir auf einem Rastplatz an die Wäsche gegangen. Ihm fehlen jetzt bestimmt drei, vier Zähne.«
»Sind Sie darauf spezialisiert?«
»Das würde ich nicht sagen. Ich habe einfach einen Schuh genommen. Stellen Sie sich das vor: Der Kerl war auch noch sauer!«
»Wissen Sie etwas von den Feinden des Generals?«
»Nein. Aber er hatte sicher sehr viele.«
»Warum?«
»Na ja, weil er eben der General war. Das kann man nicht erklären.«
»Aha.«
Die Männer hatten erneut Grüppchen gebildet und wanderten wie Strafgefangene endlos um das Haus. Jedesmal, wenn sie uns passierten, starrten sie Germaine Suchmann an. In ihren Augen stand keinesfalls die Frage, ob sie vielleicht den General getötet hatte, da waren andere Fragen zu erkennen, wie auf dem Viehmarkt.
Etwa gegen 17.30 Uhr tauchten vier Traktoren auf, besetzt mit Bauern und ihren Frauen. Wahrscheinlich wollten sie einfach wissen, was da beim General los war. Sie fuhren extrem langsam, verrenkten sich die Hälse und waren sicherlich enttäuscht, weil sie natürlich nichts erkennen konnten. Es folgten zwei Mercedes-Limousinen, die zielsicher an den Streifenwagen vorbeirauschten und dann hinter dem Haus hielten. Fünf Männer stiegen aus, die unternehmungslustig aussahen, mit Elan die Szene betraten und leicht verwirrt auf das Bataillon der Agenten starrten, die immer noch das Haus umrundeten.
Ein hagerer, kleiner Glatzköpfiger sagte in eine unbestimmte Richtung: »Kaienborn, Staatsanwaltschaft Bonn, Vorausabteilung der Mordkommission. Neben mir Doktor Faßbender, zuständiger Arzt, dann hinter mir die Herren Breitscheid und Richter, beide Bundeskriminalamt, dann noch Doktor Klein, Bundesermittlungsrichter Bonn. Faßbender, stellen Sie zunächst mal fest, wo die Leiche positioniert ist, dann das Übliche.« Es war völlig klar, er war der neue Platzhirsch, ihm gehörte alles Lebendige und Tote hier unter den Buchen.
»Du lieber Himmel«, seufzte die Suchmann. »Der General würde sich jetzt kaputtlachen.«
Der dicke Meier rührte sich, um den Staatsanwalt zur Strecke zu bringen, aber der winkte angewidert ab und sagte scharf: »Später, später, zuerst das Opfer.«
Dr. Faßbender war ein junger, korpulenter Mann mit höchst ungesunder Gesichtsfarbe. Er stellte seine umfangreiche Aktentasche neben die Leiche und faßte sie äußerst vorsichtig an der Nasenspitze. Er beugte sich weit über den Toten und fragte dann in die Runde: »Ungefähre Anhaltspunkte, die Tatzeit betreffend?«
»Etwa gegen 14 Uhr«, half ich aus. Der wichtige Meier sah mich strafend an, als habe ich verbotenerweise einem Mitschüler vorgesagt.
»Kann hinkommen«, nickte Dr. Faßbender. »Nehmen wir ihn mit?«
»Selbstverständlich«, sagte der Staatsanwalt. »Aber später.«
»Wohl kaum«, widersprach der dicke Meier milde.
Der Schönling neben ihm setzte hinzu: »Unmöglich. Wir brauchen ihn.« Eindeutig, er war Amerikaner.
»Eigenwillige Auffassung«, sagte der Staatsanwalt mit Ironie.
»Ich will Ihnen das die ganze Zeit erklären«, murmelte der dicke Meier. »Kommen Sie mal einen Schritt beiseite.« Sie gingen ein paar Schritte unter die Bäume und sprachen eine Weile miteinander.
Der Staatsanwalt sagte dann leise und sichtlich verbittert: »Faßbender, füllen Sie die üblichen Unterlagen aus. Vermutliche Tatzeit und vermutliche Todesursache und so weiter.
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