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Eifel-Gold

Eifel-Gold

Titel: Eifel-Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Sommerfest und nach Liebesgeflüster am Waldrand roch.
    In der Strumpffabrik schlief niemand. Sie hockten im Schein von zwei roten Lampions um einen sehr großen Tisch und diskutierten und lachten miteinander. Auf dem Tisch standen große Teller mit den Resten halber Hähnchen.
    Ich stieg aus und ging langsam auf sie zu. Ihre Gesichter glänzten im matten Schein der Lampions, es waren gute, vor Freude erhitzte Gesichter.
    »Ich suche jemand«, erklärte ich. »Guten Abend! Ich suche Wassi oder Wassiliew.«
    Einige Frauen begannen zu lachen, einige Männer grinsten, einige Kinder fanden das prima. »Er sucht Wassi! He, Wassi!«
    Ein Mann mit einem breiten, gutmütigen Gesicht stand auf und war leicht verlegen. Er war absolut viereckig und sah aus wie das Urbild aller Bauern.
    »Ich bin Wassi«, gab er sich zu erkennen. Er machte ein paar Schritte auf mich zu.
    »Ich bin der Siggi«, gestand ich. »Kann ich Sie einen Augenblick lang sprechen?«
    »Ja, ja«, sagte er bereitwillig. Dann wies er auf das Haus und ging vor mir her in die große Halle. Dort gab es eine Sitzecke, und er hockte sich in einen Sessel. »Was wollen Sie?«
    »Nichts Besonderes«, sagte ich. »Sie haben gehört von dem Geldraub, dem Geldklau?«
    Er hatte kugelrunde Augen, und zum ersten Mal sah ich, daß in seinen Augen das Lachen tanzte. »Sicher habe ich gehört. Jeder hat gehört. So viel Geld!«
    »Man sagt, Sie haben gesehen, wie es geklaut wurde. Stimmt das?«
    »Ich geklaut? O nein, ich nicht.«
    »Nein, nein. Haben Sie gesehen, wie es geklaut wurde? Haben Sie irgendwelche Männer gesehen, die das gemacht haben?«
    »Männer gesehen? O nein. Ich war nicht da, ich habe nichts gesehen. Vielleicht Frauen, vielleicht keine Männer?«
    Ich sah ihn verblüfft an und dachte dann darüber nach, daß man mit einem Auto von diesem Haus zum Tatort in knapp vier Minuten fahren könnte. »Haben Sie ein Auto?«
    Er lächelte. »Ich? Auto? O nein, kein Auto. Zu teuer.«
    »Sie arbeiten im Wald. Und Sie sind dauernd im Wald, oder?«
    »O ja. Ich arbeite im Wald, ich bin oft im Wald. Ich bin gerne im Wald, ich ... in Kasachstan war ich auch im Wald. Immer.«
    »Gefällt es Ihnen in Deutschland?«
    »O ja. Deutschland ist gut. Ich ... es ist ... ich bin ja Deutscher.«
    »Und Sie suchen eine Wohnung?«
    »Ja. Hier in der Eifel. Ich will bleiben. Ich will in der Eifel bleiben.«
    »Haben Sie Kinder?«
    »Ja, zwei, Helena und Pjotr, also Peter.«
    »Arbeitet Ihre Frau?«
    »Nein, geht nicht. Die Kinder sind zu klein.«
    »Ist sie gerne hier?«
    »Nicht so gern. Sie ist Russin, sie ist keine Deutsche. Sie sagt: In Kasachstan war es besser.« Er seufzte, nicht allzu tief. »Aber sie wird begreifen, daß es gut ist hier. Suchen Sie die Klauer, die Diebe, diese Leute, die die Millionen ...«
    »Es waren achtzehnkommasechs Millionen.«
    »Hui, sehr schön! Viel Geld! Würde reichen.« Er grinste entwaffnend. »Nein, ich weiß nicht, ich war nicht da, ich war im Wald, aber nicht an der Stelle. Ich habe nichts gesehen.« Sein Mund wurde ganz breit. »Und Polizei? Weiß Polizei schon was?«
    »Nicht die Spur«, sagte ich. »Falls Sie etwas hören, rufen Sie mich an?«
    Wassi hockte da, strahlte, und seine Augen grinsten diabolisch: »Na sicher. Wenn ich was weiß, rufe ich Sie an.« Er nahm meine Visitenkarte, starrte sie betulich an, und die ganze Zeit über dachte ich verkrampft: Der Sauhund weiß etwas!
    »Das ist sehr gut«, setzte ich dem Gespräch erst mal ein Ende. »Danke vielmals und schönen Abend!«
    »Tschüs«, verabschiedete er sich und lächelte bescheiden.

DRITTES KAPITEL
    Ich bog auf den Hof und mußte in die Bremsen gehen, weil sie da auf einem Koffer hockte und den Eindruck machte, als bewache sie mein Haus. Ich hatte sie vergessen, ich erinnerte mich, daß sie angerufen hatte, aber wie sie hieß, wußte ich nicht mehr. Was hatte sie gesagt? Bettina? Bettina? Bettina ... Sie stand auf: »Grüß dich, ich bin also die Bettina. Du erinnerst dich?«
    Zuweilen ist es gut, bei der Wahrheit zu bleiben, zuweilen ist es besser, nicht unbedingt höflich zu sein. Ich gab also zu: »Tut mir leid, ich erinnere mich nicht. Was hast du gesagt, wo haben wir miteinander gesprochen?«
    »Beim Sommerfest von Petra. In Gräfelfing. Du hast mir erzählt, daß du ganz allein hier lebst, wie dich das ausfüllt und wie dich das glücklich macht...«
    »Petras Sommerfest ist mir geläufig«, sagte ich vorsichtig. »Wie kommst du in diese Gegend?«
    »Ich habe eine alte

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