Eifel-Gold
Humor hatte eine winzige Vase mit drei oder vier Gänseblümchen daraufgestellt.
Neben mir sagte jemand: »Unger. Ich soll Ihnen herzliche Grüße vom Chef bestellen, und selbstverständlich bestimmen Sie den Preis.«
»Wie bitte?« fragte ich verblüfft. Mein Gegenüber hatte ein blasses, schmales, langgezogenes Gesicht, er sah ein bißchen aus wie der Gaul von Lucky Luke.
»Na ja, wenn Sie für uns arbeiten würden, wäre das von Vorteil.« Er runzelte die Stirn. »Man erzählte mir, Sie seien ziemlich gut im Recherchieren. Was glauben Sie, steckt dahinter?«
»Dahinter steckt jemand, der dringend Bargeld braucht«, meinte ich.
Er sah mich an, versuchte ein Grinsen, schaffte es dann auch. »Im Ernst, wie schätzen Sie das ein? War das nicht perfekt?«
»Nicht sehr perfekt«, behauptete ich. »Es ist eine etwa vier Kilometer lange, prima ausgebaute Nebenstraße mit garantiert kaum Verkehr. Aber die Täter haben die Straße nicht dichtgemacht. Das hätten sie aber um ihrer Sicherheit willen mit zwei Trucks erledigen können. Das gibt mir Rätsel auf.«
Er starrte über meine Schulter und fragte keck: »Woher wollen wir denn wissen, ob die Täter nicht für die Viertelstunde, die sie brauchten, die Straße dichtmachten? Das weiß doch keiner, oder?«
»Hallelujah, Bruder«, murmelte ich. »Wir sollten das aber niemandem sagen, oder?«
»Niemals nicht. Gibt es hier eine Disco?«
»Ja. In Bitburg oder Trier oder Gerolstein. Warum?«
»Weil ich lange nicht mehr getanzt habe«, erwiderte der erstaunliche Mensch.
»Und beim Tanzen treffen Sie die Gangster?« fragte ich.
»Nein ...«, er schüttelte energisch den Kopf.
Unser durchaus konstruktives Gespräch wurde unterbrochen durch den Eintritt dreier Männer und einer Dame. Letztere war die Dame namens Eggendorf mit einem herrlich verkniffenen Mund.
Die drei Männer setzten sich, die Dame auch. Der Mann der Bank, einer mit einem militärisch korrekten, dichten Schnäuzer, einer wirksamen Sonnenbräune aus der Dose und einem grellfarbenen Seidenschlips zu grauem Anzug mit dem genau passenden Alter von etwa vierzig Jahren, ergriff das Wort. Während er nach dem Mikrophon fischte und es zu sich heranzog, begann er: »Ich bin für dieses Haus verantwortlich, mein Name ist Schuhmacher, ich bin der Leiter dieses Institutes. Von hier aus wurde der Transport wie jeden Samstag auf die Reise geschickt und ...«
»Wer wußte denn von diesen Geldtransporten?« fragte ein Kollege aus den hinteren Reihen.
Die Frage hatte sie wahrscheinlich aus dem Fahrplan geworfen, sie sahen sich alle etwas ratlos an. Schließlich ergriff Marker das Wort: »Können wir uns einigen, meine Damen und Herren, daß Wolfgang Schuhmacher die Ereignisse zunächst aus Sicht des Bankhauses schildert? Dann ich aus der Sicht der Kriminalisten und der Bundesanwaltschaft. Dann Ihre Fragen. Ist das okay so?« Er nickte Schuhmacher zu.
Schuhmacher räusperte sich mehrmals, dann fuhr er fort: »Wir führen diese Transporte seit vielen Monaten durch, noch niemals ist irgendwas passiert. Wir haben einen möglichst rationellen Transportweg gewählt. Wir, das sind Volksbanken, Sparkassen, Kreissparkassen. Einmal in der Woche werfen wir sozusagen unser Geld zusammen und transportieren es von hier aus zur nordrhein-westfälischen Landeszentralbank nach Düsseldorf. Im Wagen waren heute morgen genau achtzehnkommasechs Millionen Mark in Scheinen, kein Münzgeld.«
Es war so still, daß die berühmte Stecknadel einen ohrenbetäubenden Lärm verursacht hätte. Dann ging ein Raunen durch die Pressekonferenz.
»Waren die Transportbegleiter immer dieselben?« fragte eine Frauenstimme.
Er nickte. »Immer dieselben«, antwortete er stolz.
Jemand rief laut: »Peinlich, peinlich.«
Eine Kollegin begann unterdrückt zu lachen, Schuhmacher wurde unsicher. Er hastete weiter: »Nun ja, wir waren mit den beiden Herren total zufrieden. Sie arbeiteten schnell und absolut zuverlässig ...«
»Und sie hatten viel Zeit, das Ding auszubaldowern«, sagte ein Mann links von mir.
Marker grinste und reagierte schnell: »Das ist nicht Sache von Herrn Schuhmacher.«
»Richtig«, stimmte Schuhmacher erleichert zu. »Brauchen Sie noch weitere Einzelheiten?« Er starrte in die Runde, als wolle er sagen: Falls jemand eine Einzelheit will, kriegt er Prügel.
Eine Kollegin seufzte: »Sie verkennen die Lage, Teuerster: Wir sind hier, um Ihnen zu Ihrer Kohle zu verhelfen, und nicht, um Sie zu streicheln. Wieviel wiegen denn so
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