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Eifel-Gold

Eifel-Gold

Titel: Eifel-Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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ihn.
    »Aber wir müssen auch Bettina helfen, klar?«
    »Klar.« Hinter mir stand Krümel auf der Fensterbank und fauchte ihn an.
    »Schon gut«, nuschelte Unger würdevoll. »Ich wünsche eine angenehme Nacht.«
    Ich hatte keine angenehme Nacht, ich konnte nicht mehr einschlafen. Ich nahm nach Sonnenaufgang um sechs Uhr eine Decke und trollte mich in den Garten unter die Birke. Irgendwie bin ich in meinem Haus nicht mehr zu Hause, wenn sich in jedem Zimmer ein anderer Mensch räkelt. Gastfreundschaft ist gut, aber zuviel davon macht mir angst.
    Punkt zehn Uhr schlurfte jemand um die Ecke, und ehe ich ihn identifiziert hatte, sagte dieser Jemand: »So schön kann es nur in der Eifel sein.«
    Ich hatte natürlich vergessen, daß er sich angesagt hatte, und erwiderte: »Ach, der Herr Rodenstock. Herzlich willkommen!« Es klang verdächtig matt.
    »Ich bin etwas früher«, deutete er eine Entschuldigung an. »Ich muß eben noch das Taxi bezahlen.« Damit ging er wieder.
    Höflich wie ich bin, folgte ich ihm. Es war ein Taxi aus Cochem.
    »Ich habe die Fahrpläne studiert«, erklärte er. »Die Verbindungen hierher sind gleich Null. Da habe ich einen Sondertarif für Rentner ausgehandelt.« Während er das schnell sagte, sah er mich nicht an, ließ sich zwei kleine Koffer anreichen und bezahlte fahrig.
    Er war nicht mehr der alte, sehnige, auf Mord spezialisierte Kriminalist, er wirkte müde, abgemagert und hatte Falten im Gesicht, die grau und schlaff hingen.
    »Sie wollen sich sicher die Hände waschen?«
    »Das wäre gut. Wie geht es der Dame von damals, dieser Elsa?«
    »Ich weiß es nicht. Wir telefonierten vor einem Jahr, da ging es ihr nicht gut. Sie hatte irgend etwas hinter sich, eine miese Erfahrung oder so ...«
    Ich nahm schnell seine beiden Koffer, ging vor ihm her ins Haus und stellte sie ihm in das Gästezimmer. »Da ist das Bad«, informierte ich ihn. »Ich habe zwei junge Leute zu Gast, einen Kollegen und ein weinendes Herz. Nette Leute. Ich mache uns jetzt einen Kaffee.«
    Rodenstock nickte, er bewegte sich sehr langsam.
    Ich kochte Kaffee und suchte nach einem Rest Cognac, der sich in irgendeiner Flasche verbergen mußte. Dann trug ich alles um das Haus herum in den Garten und wartete. Fritz, mein Frosch, hockte blinzelnd neben dem kleinen Wasserbassin und feierte den Sonntag.
    Schließlich kam er. Er hatte die widerlich melancholische dunkelbraune Krawatte abgelegt und ein lichtblaues Hemd mit kurzen Armen angezogen. »Wie geht es Ihnen?« fragte er.
    »Ganz gut. Die Zeit vergeht, und ich sehe ihr dabei zu. Und Ihnen?«
    »Man schlägt sich so durch.« Er setzte sich wie jemand, der Rheuma hat.
    »Wieso leben Sie in Cochem? Ihre Stadt war doch Trier.«
    »Das ist richtig, aber ich hatte keine Lust mehr, dort zu wohnen. – Erzählen Sie mir, was geschehen ist?«
    Ich sah ihm zu, wie er die Schokolade zerbrach, sich Kaffee einschenkte, einen kleinen Schluck Cognac eingoß, dann die Brasil anschnitt und sie bedachtsam anzündete. Ich berichtete ihm, was geschehen war, das Wenige, das bekannt war.
    »Da verschwinden also mehr als achtzehn Millionen, und niemand weiß und ahnt etwas?«
    »So ist es.«
    »Das glaube ich nicht«, meinte er nach einer Weile.
    »Ich auch nicht. Aber das hilft uns nicht weiter.«
    »Wohnen hier in der Gegend Menschen, denen so etwas zuzutrauen wäre?«
    »Mit Sicherheit nicht. Für mich riecht der Geldraub nach Profis mit langer Vorbereitung. Was sagt der Spezialist?«
    »Ein Moment macht mich nachdenklich. Da legen drei Männer – nehmen wir einmal an, daß es drei waren – eine Plane auf die Straße, darauf ein zerdeppertes Motorrad. Dann legen sie sich daneben. Der Wagen kommt, die beiden Fahrer steigen aus, um zu helfen. Und jetzt kommen die Sekunden, die merkwürdig sind: Die Täter schlagen nicht zu, bedrohen offensichtlich nicht einmal. Sie haben nach Aussage der Wachleute auch nicht die Spur einer Waffe. Nicht einmal einen Knüppel, so lächerlich diese Vorstellung auch ist. Weiter: Die Täter sagen nach Aussage der Wachleute kein Wort. Gewiß, sie haben Motorradmasken an. Aber wieso, um Gottes willen, versuchen die Wachleute nicht wenigstens Gegenwehr?«
    »Ich glaube, die Fahrer sind nicht von der Sorte der harten Cowboys. Man hat ihnen bei der Schulung beigebracht, jede Gewalt zu vermeiden. Man hat ihnen gesagt: Seid unter allen Umständen passiv, geht auf die Täter in jeder Weise ein! Vielleicht liegt die Professionalität der Täter genau in diesem Punkt:

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