Eifel-Gold
Jahr.«
»Und ... wie wollten Sie sich umbringen?«
»Zuerst wollte ich mich erschießen.«
»Hatten Sie denn Ihre Dienstwaffe noch?«
»Nein. Ich hatte von irgendeinem zwanzig Jahre zurückliegenden Fall eine Waffe im Haus. Ich bin nie ein Waffennarr gewesen, habe in meiner ganzen Dienstzeit meine Waffe nur einmal gebraucht, da habe ich in die Luft geschossen. Ich konnte das nicht.«
»Was geschah dann?« Ich mußte ihn treiben, er mußte es auf sich nehmen zu reden.
»Dann habe ich mich quer durch die Hausapotheke gefressen. Schmerzmittel, Schlafmittel, Herzmittel, Magenmittel. Ich weiß es nicht, hundert bis dreihundert Tabletten. Vor ihrem Grab bin ich umgefallen.«
»Und dann in die psychiatrische Klinik?«
»Nein, sie pumpten mich leer und überwiesen mich in die ambulante Behandlung. Der Psychiater war ein Arschloch, er redete ununterbrochen über sich selbst und merkte es nicht. Auf diese Weise hat er mich gründlich geheilt.«
»Dann nach Cochem. Warum Cochem?«
»Cochem ist eine sehr schöne Stadt. Ich habe da einen Winzer, bei dem ich mein Leben lang Wein kaufte.«
»Sonst niemanden?«
»Nur noch einen alten Pfarrer, einen witzigen Mann. Sonst niemanden.«
»Denken Sie noch an Selbstmord?«
»Manchmal, aber nicht allzu intensiv.«
»Und der Geldraub? Dieser Fall hier?«
»Interessiert mich eigentlich nicht. Ich wollte wohl reden, sonst nichts. Wahrscheinlich steckt gar kein Genie dahinter, wahrscheinlich ist es irgendeine dubiose Geschichte zwischen den Wachleuten und irgendwelchen geldgeilen Leuten ...«
»... aber mehr als achtzehn Millionen?«
»Was ist, wenn die Täter keinen Schimmer hatten, wieviel da in dem Wagen war?«
»Das ist gut«, sagte ich, »das ist sehr gut.«
In Adenau bog ich nach links in die Talstraße ein. Es waren viele Leute unterwegs, wir schlichen dahin.
»Wie würde ich das Ding schaukeln?« überlegte Rodenstock laut.
»Ja, wie denn?«
»An welche Informationen kann ich kommen? Ich meine in Kneipen, bei Handwerkern und bei Bauern?«
»An alle, die Sie brauchen. Das ist so gottverdammt verlogen in diesen konservativen Regionen. Eigentlich weiß man offiziell nichts, aber trotzdem weiß jeder alles. Dafür gibt es ein witziges Beispiel: Hier in den kleinen Dörfern gibt es die sogenannten Junggesellenvereine. In einem dieser Dörfer beschloß der Verein, einen Puff zu besuchen. Machten sie auch und zahlten mit Schecks. Natürlich ausgestellt auf den Namen der Puffmutter. Diese Schecks wurden ordnungsgemäß eingelöst, und plötzlich wußte die ganze Vulkaneifel, wer wieviel im Puff gelassen hatte.
Also kennen Sie zuerst einmal die genauen Zeiten, in denen der Geldtransporter irgendwo durchkommt. Ferner kennen Sie die Strecke genau, weil die sich nie verändert. Sie wissen wahrscheinlich, wer die Fahrer sind, wie sie reagieren werden, denn es ist überhaupt kein Kunststück, die Wohnungen der Fahrer ausfindig zu machen. Man muß ihnen nur vorsichtig genug folgen. Sie können leicht erfahren, daß das Fahrzeug ein Zeitschloß hat, das jeweils samstags um 18 Uhr freigegeben wird.«
»Warum sind die Täter das Risiko eingegangen, den Wagen mitten auf der Straße abzufangen?« fragte Rodenstock weiter. »Sie müssen zugeben, das ist wirklich ein Risiko.«
»Ist es. Habe ich auch schon drüber nachgedacht. Es wäre einfacher gewesen, zur Bank zu fahren, dann abzuwarten, bis die beiden Transportbegleiter in dem Hintereingang der Bank verschwunden sind, ihnen nachzugehen, sie und diese junge Bankangestellte lahmzulegen, einzuschließen und mit dem Geldtransporter zu verschwinden. Die Frage ist also: Warum haben die Täter das nicht so durchgezogen?«
»Vielleicht haben sie gedacht, daß sie dabei nicht ohne Gewalt auskommen werden.«
»Wenn sie auf der Straße gewaltlos vorgehen konnten, warum nicht in der Bank?« entgegnete ich.
»Das stimmt, und ich weiß keine Antwort.« Er schwieg eine Weile. »Vielleicht sagt das etwas über die Psychologie der Sache, der Täter, des Umfeldes.«
»Verstehe ich nicht.«
»Nun ja, die Täter haben die für die Tat wesentlich sicherere Bank nicht benutzt, wohl aber die Straße durch den höchst unsicheren Wald. Das heißt: Aus irgendeinem Grund erschien ihnen dieser Tatort sicherer.«
»Das deutet auf Typen wie Wassi.«
»Richtig«, bestätigte er. »Haben Sie schon gefragt, ob dort irgendwelche Campingwagen gesehen worden sind?«
»Nein, habe ich nicht. Aber das ist aussichtslos. Ganze Heerscharen von deutschen,
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