Eifel-Gold
ihn trösten mußte: »Sie haben nichts versäumt, mein Bester. Ich sage Ihnen, was war, wenn Sie mit Ihrer Schlafsackarie fertig sind.«
»So was!« rief er empört.
Da tauchte Bettina, nur mit einem Hauch von Slip bekleidet, auf dem obersten Treppenabsatz auf, machte »Huch!« und verschwand wieder. Das löste die Verklemmung. Wir lachten, und sogar Unger konnte grinsen.
Als ich mich auf meine geliebte Matratze gelegt hatte, hörte ich noch, wie Rodenstock unsäglich falsch »Ein Männlein steht im Walde ...« summte, dann schlief ich ein.
Krümel weckte mich, weil jemand gegen die Tür klopfte. Ich linste auf den Wecker, es war zwei Uhr nachmittags.
Unger stand vor dem Bett und meinte: »Ich weiß, daß ich Ihnen auf den Keks gehe, aber die Redaktion fragt an, ob eine Story drin ist, irgend etwas, was zu schreiben sich lohnt. Weil Rodenstock eisern die Schnauze hält, frage ich Sie. Was war los?«
»Der Banker ist vermutlich von seiner Frau umgebracht worden.« Weil er so verzweifelt aussah, berichtete ich ihm, was im Krankenhaus geschehen war.
Er gab sofort zu bedenken: »Das ist aber keineswegs ein Geständnis. Wenn sie nicht widerspricht und nur schreit, ihr Mann sei ein Schwein gewesen, dann bedeutet das doch nicht, daß es sich tatsächlich so abgespielt hat. Vielleicht ist sie diesem unbekannten Totschläger nur unglaublich dankbar, daß er etwas erledigte, was sie nicht erledigen konnte.«
»Hm ...« Er hatte den Stachel des Zweifels in mich gesenkt. »Ich muß duschen«, sagte ich. »Ist Rodenstock schon wach?«
»Rodenstock telefoniert herum, um herauszukriegen, welche Verbrechen der Russe Wassiliew begangen hat. Wollen Sie einen Kaffee?«
»Ins Badezimmer, bitte«, bat ich.
Beim Rasieren schnitt ich mich zweimal, der Kaffee schmeckte nicht, und das Badewasser war erst zu heiß, dann zu kalt. Dann schrie Bettina durch die heilige Stille meines kleinen Bauernhauses: »Wir haben keine Butter mehr!« Irgend jemand drehte ein Radio hoch, und der unbeschreibliche Rex Gildo röhrte metallen von einer Fiesta Mexicana. Ich fand meine Haut über dem Bauch bedenklich schrumpelig, die Fettwülste an meiner Hüfte ekelhaft.
Rodenstock klopfte, kam herein, hockte sich auf den Wannenrand und machte Unger Platz, der sich auf dem Lokusdeckel plazierte.
»Wir sind doch nicht bei den Pfadfindern«, protestierte ich milde. »Ich bade, das ist eine Intimhandlung!«
»Haha«, machte Rodenstock und hielt mir den Telefonhörer hin.
»Marker.«
»Sie haben ein Geständnis?« fragte ich begierig.
»Ich habe gar nichts mehr«, murmelte er dumpf. »Die Frau Schuhmacher hat nicht gestanden. Im Gegenteil: Die Gute beharrt auf dem Unbekannten im blauen Trainingsanzug. Wir sind zwei Schritte vor und drei zurück gegangen. Ich gehe erst einmal schlafen.«
»Die Frau von Schuhmacher gibt es nicht zu«, erzählte ich den anderen und legte das Telefon in Ungers Schoß. »Was ist mit Wassi?«
Rodenstock lächelte. »Wassi war wirklich drei Jahre in einem Straflager. In Sibirien, am Ende der Welt. Er hat ... na ja, er war so eine Art Robin Hood. Er hat zusammen mit einer Gruppe von Waldarbeitern systematisch Krieg gegen die Parteibonzen geführt. Wenn die nämlich Lebensmittellieferungen unterschlugen, um das Zeug auf dem Schwarzmarkt zu verhökern, hat Wassi mit seiner Gruppe diese Lebensmittel geklaut und unter der Bevölkerung verteilt. Die Parteibonzen bekamen auch Devisen, meistens US-Dollar. Die hat Wassi ihnen ebenfalls abgenommen und unter der Hand verscherbelt. Er war so eine Art Volksheld.«
»Das besagt gar nichts«, meinte Unger schnell.
Rodenstock sah mich an. »Sie äußerten den Verdacht, daß Wassi mehr weiß, als er sagt.«
»Dabei bleibe ich«, nickte ich. »Er hatte ein Grinsen in den Augen. Aber das wird niemals zu beweisen sein.«
Rodenstock spitzte die Lippen. »Was machen wir jetzt?«
»Baden«, sagte ich energisch. »Raus hier.«
Unger starrte an die Wand. »Ich werde versuchen, Wassi zu kriegen. Ich habe das Gefühl, daß der drinhängt. Sind eigentlich Gruppen des organisierten Verbrechens jemals hier in der Gegend aufgetaucht?«
»Um Gottes willen«, gab ich schnell zurück. »Die Polizei lebt seit Jahren in einem Notstand. Zwölf Kriminalbeamte für mehr als 60.000 Einwohner. Wenn die etwas von organisiertem Verbrechen hören, machen die sehr schnell die Wende.«
»Es wäre also nicht das Schlechteste, hier zu arbeiten«, murmelte Rodenstock. »Die Serben brauchen Maschinengewehre, die
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