Eifel-Gold
Ich saß da und dachte: Das darf eigentlich nicht wahr sein.«
»Ist doch ein schönes Geschäft«, sagte ich.
»Na ja«, erwiderte H. H., »wie man's nimmt. Heute mittag kommt der Kerl wieder, legt das Paket auf den Tisch und sagt: Gib mir mein Geld zurück, meine Frau will nicht fahren. Moment, sage ich, gekauft ist gekauft. Da sagt er: Wir werden nicht streiten, und marschiert raus und läßt die Tickets da.«
»Das ist die Eifel«, lachte ich. »Hör mal, H. H., kennst du eine Frau, die gut mit der Frau vom Schuhmacher konnte?«
»Ja, meine Frau. Aber ich weiß nicht, ob sie was sagt. Versucht mal. Steckt was dahinter?«
»Ich glaube nicht«, log ich. »Aber ein Versuch kostet ja nichts.«
»Ich rufe an, sie macht dir einen Kaffee. Aber du mußt was versprechen: Sag niemandem, daß du irgendwas von uns hast.«
»Niemals nicht«, versicherte ich.
Ich holte den Jeep und fuhr gemächlich in Richtung Jünkerath, wo H. H. sein bescheidenes Zehn-Zimmer-Eigenheim gebaut hatte.
Marion stand in der Tür: »Kaffee ist fertig, aber ich weiß nicht, ob ich dir helfen kann.«
»Das werden wir sehen«, sagte ich.
Sie ging vor mir her und hockte sich auf die Sofakante. »Wenn dieses Geldauto wirklich über sechs Tonnen schwer war, dann kann es doch nicht spurlos verschwinden«, begann sie.
»Kann es nicht«, bestätigte ich. »Was weißt du von Frau Schuhmacher?«
»Stimmt das, was die Zeitungen schreiben, daß ihr Mann etwas damit zu tun hatte?«
Mit dieser Frage brachte sie mich in die Zwickmühle. Wenn Marion die Schuhmacher nicht mochte, konnte es gut sein, eine positive Andeutung in diese Richtung zu machen. Wenn sie eine solidarische Frau war und zur Frau des Bankers hielt, würde sie möglicherweise stumm wie eine Auster werden. Ich druckste herum und entschloß mich zu einem Mittelweg, wenngleich ich in solchen Fällen die Erfahrung gemacht habe, daß Kompromisse eine Niederlage vorbereiten.
»Das sieht so aus. Aber Genaues weiß eben kein Mensch. Schließlich ist er tot, nicht wahr?«
»Ich habe da was gehört«, murmelte sie undeutlich und bemühte sich, mich nicht anzusehen.
»Ich sage dir was.« Ich stopfte mir die 92er Jahrespfeife von Stanwell. »Wahrscheinlich hast du gehört, daß möglicherweise Schuhmacher von seiner eigenen Frau umgebracht wurde, nicht wahr?«
Sie knetete die Hände ineinander. »Ja.«
»Von wem hast du das?«
»Du weißt ja, wie das ist. Irgend jemand im Geschäft sagte, die Leute vom Bundeskriminalamt wären zu ihr ins Krankenhaus gefahren. Sie hat wohl erzählt, es wäre ein Mann im blauen Trainingsanzug gewesen. Hat sie es getan?«
»Vielleicht ja, vielleicht nein. Die Ehe muß die Hölle gewesen sein. Ich will etwas über diese Ehe hören.«
»Sie hat wenig geredet. Wenn man es genau nimmt, hat sie nichts erzählt. Man kann sich einiges zusammenreimen, das schon.«
»Dann reime mir etwas«, forderte ich sie auf.
»Schreibst du darüber?«
»Nein. Und dein Name wird sowieso nicht auftauchen. Also reime mir etwas.«
»Wo soll ich anfangen?«
»Am Anfang. Als du gehört hast, daß sie ihren Mann möglicherweise getötet hat, kam dir das verrückt vor?«
Sie schüttelte den Kopf. »Überhaupt nicht. Ich habe nur >Aha!< gedacht, sonst nichts. Also, wundern würde mich das nicht.«
»Wie lange kennst du sie?«
»Schon ewig. Wir haben zusammen im Sandkasten gespielt, wir waren in der Volksschule zusammen, im Gymnasium in Gerolstein, immer eben.«
»Hat sie viel über sich gesprochen?«
»Eigentlich nie, oder selten. Sie heiratete Schuhmacher, weil das irgendwie zwischen den Eltern feststand. Von unserer Clique hat das keiner kapiert.«
»Warum nicht?«
»Weil Schuhmacher ein Arsch war, ein Bankarsch.« Marion spitzte den Mund, als wolle sie den Mann anspucken. »Er war immer der Beste, der Klassenbeste, der beste Lehrling und so weiter. Sie paßten nicht zusammen. Sie mochte Mozart und er die Hitparade der Volksmusik. Das war wie Feuer und Eis. Und er wollte kein Kind.«
»Sie hat ja auch keins gekriegt«, sagte ich spitz.
»Das ist der Punkt«, sagte sie energisch. »Das genau ist der Punkt! Uschi sagt, sie bekam ein Baby, und Uschi sagt: Sie hat es verloren, weil der Schuhmacher es nicht wollte.«
»Langsam, langsam«, unterbrach ich. »Wann war das?«
»Das war vor einem Jahr, ja, vor einem Jahr im Sommer. Uschi sagt...«
»Wer ist Uschi?«
»Uschi ist eine aus der Clique, sie wohnt zwei Häuser hinter Schuhmachers. Uschi weiß soviel, weil sie die
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