Eifel-Gold
Schuhmachers öfter traf. Uschi weiß genau, daß Klara die Pille nahm. Sie mußte die Pille nehmen, das war so abgesprochen zwischen ihr und dem Ehemann.
Irgendwann im Frühjahr sagte sie zu Uschi, sie würde die Dinger jetzt nicht mehr nehmen. Angeblich hat sie gelacht und gesagt: Mal sehen, was passiert. Wenig später muß sie dann schwanger geworden sein, denn Uschi flog mit ihrem Mann in Urlaub, und als sie wiederkam, nahm Klara wieder die Pille. Dann hat Klara einmal erwähnt, daß irgend etwas mit ihrem Unterleib nicht stimmt, irgendeine Entzündung. Sie hat gesagt: Da ist was nicht in Ordnung, seit ich das Kind verloren habe.«
»Sie sagte einwandfrei: das Kind verloren?«
»Ja, ja, das weiß Uschi genau. Uschi hat gefragt, wie denn das passiert ist, aber Klara schwieg sich aus und sagte nichts mehr. Später hat Uschi der Klara gesagt, sie könnte es ja noch einmal versuchen, aber Klara hat nur irgendwie traurig gelächelt und geantwortet: Ich werde jedes Kind verlieren.«
»Ich brauche Fakten«, erklärte ich. »Bei wem war Klara in Behandlung, wer ist der Hausarzt?«
»Der alte Mendt. Wir gehen alle zu dem, weil der am nettesten ist. Aber wenn du meinst, daß der alte Mendt ihr ein Baby weggemacht hat, bist du auf dem Holzweg. Der alte Mendt? Niemals.«
»Das ist die Frage«, sagte ich nicht sonderlich klug. »Nehmen wir an, du willst eine Abtreibung. Zu wem gehst du?«
»Klinik in Amsterdam«, antwortete sie schnell.
»Kann man das Datum irgendwie einengen? Wann war sie in Hoffnung, und wann war das Baby nicht mehr da?«
»Das muß genau im Juli des vorigen Jahres gewesen sein. Als Uschi in Urlaub ging, war alles in Ordnung, als sie zurückkehrte, hatte Klara kein Baby mehr.«
»Wie war sonst die Stimmung in dieser Ehe?«
»Ich würde sagen, das war keine Stimmung. Da lebten zwei Fremde zusammen und arrangierten sich, so gut es ging.«
»War Klara unglücklich?«
»Ich würde das Resignation nennen. Du weißt doch, wie das ist, wenn man jung ist. Man träumt sich was zurecht. Bei ihr ist nichts davon geblieben.«
»Ob Mendt mit mir spricht?«
»Versuch es. Und noch etwas. Ich fühle mich dreckig, ich will eigentlich nicht über Klara reden. Ich finde Tratscherei schlimm.«
»Kenne ich. Ich habe mir mal in Gerolstein hundert Mark beim Metzger gepumpt. Und als ich nach Daun kam, um Kartoffeln zu kaufen, sagte jemand neben mir: Reicht es noch? Mach dir keine Sorgen, hier geht es um einen Mord, und ich war nicht hier. Ich riskiere das mit Mendt.«
Ich hockte mich einfach in Mendts Sprechstunde, und als ich an der Reihe war und er fragte: »Wo tut was weh?«, sagte ich: »Ich komme wegen Klara Schuhmacher.«
»Keine Auskunft«, gab er schnell zurück.
»Sie hat ein Baby verloren«, hakte ich ebenso schnell nach. »Ist es richtig, daß sie im vorigen Jahr schwanger war?«
»Das kann ich nicht beantworten.«
»Doktor Mendt, ich verstehe Sie verdammt gut, aber es kann passieren, daß sie wegen Mordes angeklagt wird. Ich sammle Punkte für sie. Also: War sie schwanger?«
»Ich habe erwartet, daß irgendwer in dieser Sache kommt. Ja, sie war schwanger.«
»Und? Was passierte dann?«
»Ich weiß es nicht.«
»Sie wissen es. Lassen Sie mich anders fragen: Halten Sie es für möglich, daß Klara Schuhmacher ihren Mann tötete?«
»Das weiß ich wirklich nicht. Kein Kommentar!« Er war wütend.
»Es war im Juli des vergangenen Jahres. Klara und ihr Mann verließen die Stadt für ein paar Tage. Als sie zurückkehrten, hatte Klara kein Baby mehr im Bauch.«
»Wenn Sie das wissen, warum fragen Sie mich?«
»Weil Sie wahrscheinlich wissen, was geschehen ist.«
Er drehte sich weg, stellte sich ans Fenster und starrte hinaus auf die Straße. »Die beiden erschienen bei einem Kollegen in Aachen. Sie behaupteten, die Frau habe heftige Unterleibsschmerzen. Der Kollege stellte die Standardfrage, ob die Frau schwanger sei. Die Frau machte einen blassen, fast schlafenden Eindruck. Der Ehemann antwortete: Sie ist nicht schwanger! Mein Kollege setzte eine Spritze, um dadurch die Menstruation zu beschleunigen. Ein paar Stunden später kam das Baby. So etwas passiert, niemand hat schuld.«
»Es geht nicht um Schuld, es geht darum, ob sie ein Baby erwartete.«
Er nickte. »Vielleicht wußte Schuhmacher ja gar nicht, daß sie schwanger war.«
»Ich denke, er wußte es.«
»Das ist vermutlich richtig«, sagte er tonlos. »Er wollte es nicht. Hat sie ihn ... hat sie ihn umgebracht?«
»Ich weiß es
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