Eifel-Gold
zuzuhören. »Wissen Sie, was ich befürchte?«
»Was befürchten Sie?«
»Daß wir eine fertige Lösung serviert kriegen, gegen die wir nichts machen können.«
»Was soll das?«
»So genau weiß ich das noch nicht, ich ahne nur so etwas.«
»Du lieber Gott, Papa, ich kann dunkle Andeutungen nicht ausstehen.«
»Wissen Sie, Baumeister«, murmelte er und strich sich mit der rechten Hand über die Stirn, als säße dort eine Fliege, »da erleben wir den dicksten Geldraub seit mindestens fünfzig Jahren. Und wir leben, als seien wir in Aspik erstarrt. Ich sehe alles, ich höre alles, aber bewegen kann ich mich nicht. Ich kann nichts tun, Sie können nichts tun, niemand kann irgend etwas tun.«
»Haben Sie das oft erlebt?«
»O ja. Selbst bei mehrfachen Morden. Zunächst ein Chaos, ein wildes Geschrei, und dann nichts als Stille, in der man nicht einmal ahnt, wen man verdächtigen wird.«
So standen wir auf dem Hof und debattierten einigermaßen ratlos vor uns hin, als Willi langsam in seinem Wagen vorbeizog, nach rechts fuhr, anhielt und die Scheibe runterkurbelte.
Ich war mit wenigen Schritten bei ihm. »Was ist, was gibt's Neues?«
»Ich habe nicht viel Zeit. Was wollt ihr wissen?«
Rodenstock war hinter mir. »Wir wollten wissen, wer diese Kirchengeläute finanziert hat. Waren es wieder Geschenke in Zeitungspapier?«
»Ich glaube, ja. Die Pfarrer sind alle vollkommen durcheinander. Aber das ist nicht das Schlimmste. Wir haben im Golfclub einen Mann, der ist Präsident eines riesigen Wirtschaftsclubs. Er hat hier bei uns eine alte Mühle gekauft. Das Ding stand unter Denkmalschutz. Der Mann hat die Mühle umgebaut mit irren Stahlkonstruktionen, aber die Denkmalschutzbehörde hat sich überhaupt nicht daran gestoßen. Schön sieht es nicht aus, und es paßt auch nicht, aber was geschehen ist, ist geschehen. Nun hat der Kerl per Post ein Paket mit sechzigtausend Mark gekriegt. In dem Paket lag ein Zettel. Wieder einer mit zusammengeklebten Buchstaben. Da stand, daß der Geldgeber dem reichen Industriemanager gern die sechzigtausend schenkt, wenn er statt der Stahlkonstruktion die alten Rundbögen in rotem Sandstein wieder einfügt. Da stand auch, daß der Wirtschaftsmensch dem Chef der Denkmalschutzbehörde zwanzigtausend als Hilfe zum Leben geschenkt hat. Die könne er zurückfordern und auf die sechzigtausend draufsatteln. Das sind dann achtzigtausend. Diese achtzigtausend würden genau ausreichen, die Rundbögen zu schneiden und einzupassen.«
»Wann hat der Kerl das Paket gekriegt?«
»Heute. Hier im Golf-Club.«
»Wieso weißt du das?« fragte ich.
»Er hat der Clubleitung gesagt, er will kein Aufsehen. Er hat denen die achtzigtausend gegeben und tut nun so, als habe er nichts damit zu tun. Der Vorstand wiederum hat mich informiert.«
»Wo ist das Paket aufgegeben worden?« hakte ich nach.
»In Köln«, erwiderte er.
»Wo sitzt die Denkmalschutzbehörde?« wollte Rodenstock wissen.
»In Mainz bei der Landesregierung.«
»Dann wollen wir mal gucken, was da juristisch drin ist: Einmal der Umbau einer alten Mühle gegen Denkmalschutzverordnungen. Dann die Bestechung eines Behördenleiters, dann das Sichbestechenlassen des Behördenleiters. Kommen alle die hinzu, die es wußten, nichts sagten und nichts taten. Mit anderen Worten: Ein Skandal«, faßte er zusammen.
»Aber möglicherweise auch ein Fehler der Täter. Denn die Frage lautet: Woher können die Täter das gewußt haben?«
»Das ist ein Kinderspiel«, sagte Willi mit abgewandtem Gesicht. »Darüber wird seit Wochen überall geflüstert.«
»Auch davon, daß der Behördenleiter zwanzigtausend bekam?« fragte Rodenstock.
»Davon auch«, nickte mein Bürgermeister.
»Gibt's sonst noch was?« bohrte ich weiter.
»Ja. Ein Altenheim hinter Daun hat hunderttausend Mark bekommen, um zwei Nachtschwestern zu finanzieren. In dem beigefügten Zettel steht, sie sollten den alten Leutchen nicht so viele Beruhigungstabletten geben.« Er schüttelte den Kopf angesichts des Chaos. »Nichts für ungut, ich muß weiter.« Und fort war er.
»Die Täter werden zu einem echten Problem«, murmelte Rodenstock. »Und wie kommen wir jetzt an Marker heran? Er sollte das wissen. Unbedingt.«
»Ziemlich einfach«, erklärte ich. »Ich fahr Sie rüber ins Hotel. Ich gehe derweil einen Reisebürobesitzer besuchen.«
»Aha, wegen Hawaii.«
»Richtig«, bestätigte ich.
So standen wir auf dem Hof, und wir hatten Angst. Aber Indianer geben so etwas nicht
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