Eifel-Jagd
im Wald getötet? Warum nicht hier im
Haus?«
»Gott wollte das Opfer im Wald!« meinte Vogt bestimmt. Dann
schlug er die Hände vor das Gesicht, rutschte nach vorn von der Sitzfläche des
Sessels und begann zu schreien. Er schrie im höchsten Diskant, und seine Augen
flackerten irre, während er da auf dem Teppich kniete. Plötzlich zog er seine
rechte Hand wie eine Klaue durch das Gesicht, und die tiefen Striemen füllten
sich augenblicklich mit Blut. Er wollte nicht aufhören zu schreien. Sabber
quoll aus seinem Mund, die Haushälterin stand plötzlich mit aschfahlem Gesicht
in der offenen Tür.
»Oh nein!« sagte Rodenstock erstickt. Er glitt nach vorn und
traf Vogt erst an der rechten Kopfseite, dann an der linken.
Den Bruchteil einer Sekunde wirkte Vogt so, als sei er dankbar
für die Schläge. Er lag auf dem Bauch und vergrub das Gesicht in der Armbeuge.
Er atmete stöhnend.
»Ruf Kischkewitz!« meinte Rodenstock lapidar. »Wir liefern ihn
frei Haus.«
Zehntes Kapitel
Wir hockten erschöpft in den Sesseln und starrten auf Vogt,
der auf dem Teppich lag und immer noch sehr laut atmete. Gläsern und ohne
Betonung sagte er: »Ich muÃte sie für ihre Sünden strafen. Gott wollte das so.«
»Für welche Sünde denn besonders?« fragte ich. »Für das Kind in
ihrem Bauch?«
»Ja, denn es war das Werk des Teufels, ein Teufelskind, ein
Furienbalg.«
»Wer war der Vater?« fragte Rodenstock.
Vogt antwortete nicht.
Ich riskierte einen flachen Bluff und bemerkte: »Sie müssen
nicht so tun, als sei Ihr Jagdkumpel Dr. Trierberg völlig aus der Welt.«
»Er herrscht in der Welt des Bösen«, sagte er hölzern. »Er hat
meine gute Frau verführt und dann zerstört. Teufel zerstören immer.«
»Ihre Frau war keine gute Frau für Sie«, warf Rodenstock ein.
»Sie war die Frau, die sich von Ihnen abgewandt hatte, die mit Ihnen nichts
mehr zu tun haben wollte.«
»Sie war die Verführte«, beharrte er.
»Sie sind ein gottgefälliges Arschloch!« Rodenstock war wütend,
hatte einen verkniffenen Mund. »Ich gehe jede Wette ein, daà Ihre Frau Ihnen
gesagt hat, sie würde sie verlassen. Und sie hat auch gesagt, daà sie zu Trierberg
geht. Und dann haben Sie sie erschossen.«
»Ich bin das Werkzeug Gottes, ich muÃte das tun. Sie hat mein
Haus beschmutzt, Trierberg hat mein Haus beschmutzt. Mein ist die Rache,
spricht der Herr.«
»Sie widern mich an«, murmelte Rodenstock. »Halten Sie das
Maul.« Er war ungewöhnlich tief beteiligt. Noch etwas war ganz ungewöhnlich für
ihn: Er war blaÃ, und unter den Augen zeigten sich dunkle Schatten wie bei
einem Herzkranken.
Ich erschrak, wollte ihm irgendwie helfen. Aber mir fiel nichts
ein, was ich tun konnte, auÃer lahm zu sagen: »Vogt, hören Sie auf, uns zu
bescheiÃen. Ihr Herrgott wird nicht damit einverstanden sein, daà Sie sich als
Scharfrichter betätigen. Sie machen mich krank, Sie machen mich richtig krank.«
Ich spürte, daà das meine Wahrheit war. Er machte mich krank, und wahrscheinlich
machte er auch Rodenstock krank.
Wir warteten.
»Was wird jetzt aus den armen Kindern?« fragte Vogt dumpf in
den Teppich.
Endlich klingelte es Sturm. Rodenstock stand sofort auf und
ging hinaus. Es gab einen erregten Wortwechsel, von dem ich kein Wort verstand.
Dann stand Rodenstock wieder im Türrahmen, und jemand stieà ihn vorwärts â ein
uniformierter Polizeibeamter, der höchst erregt wirkte und in der rechten Hand
eine SchuÃwaffe trug.
»Die Haushälterin hat die Polizei gerufen. Hier würde ein
Ãberfall stattfinden, und wir würden dem Hausherrn etwas antun.«
»Mund halten!« sagte der Uniformierte scharf.
Ein zweiter Uniformierter tauchte auf, auch er mit gezogener
Waffe und höchst miÃtrauisch.
»Da liegt der Ãberfallene!« sagte Rodenstock sarkastisch. »Wir
erstatten Anzeige gegen ihn. Wegen Mordes an seiner Frau.«
Vogt auf dem Teppich bewegte sich unendlich träge, er drehte
sich auf den Rücken. »Das sind gute Polizisten«, sagte er und lächelte. »Gott
hat mich zum Richter gemacht, Leute, das müÃt ihr begreifen.«
»Wie? Ãhh?« sagte der erste Polizist verunsichert. Dabei
wedelte er mit der Waffe vor seinem Bauch, als störe sie ihn.
»Sie können uns am
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