Eifel-Jagd
eigene Schwäche. Als er vom Teufel und
vom göttlichen Strafgericht sprach, dachte ich: Sieh mal einer an! Darauf bin
ich damals gar nicht gekommen. Ich habe ihn in diesem Moment wirklich gehaÃt,
weil er, ohne es zu wissen, mir einen Spiegel vorgehalten hat.« Er machte eine
Pause. »Ich denke, du kannst das verstehen.« Wieder schwieg er, um dann
fortzufahren: »Es ist wie bei Dinah. Sie ist weggegangen, um dir klarzumachen,
daà du sie in der Zeit davor alleingelassen hast.«
»Ich beginne, das zu begreifen. Ich trage den Kerl immerhin am
Freitag zu Grabe. Und ich bewundere mich dafür.«
»Wir kommen mit«, nickte er. »Du solltest das nicht allein
tun.«
»Danke. Wohin jetzt?«
»Nach Brück, nach Hause. Ich brauche die Haut meiner Frau. Und ich
will verstehen lernen, was sich abgespielt hat.« Er setzte hinzu: »Nach den
Regeln der Kunst ist das nicht mal eine anständige, ordnungsgemäÃe, deutsche
Mordserie.«
»Wieso denn das?«
»Weil in Krimis der Täter doch auf den ersten Seiten wenigstens
vorkommen muÃ. Dieser Täter hier schält sich nur langsam heraus, weil eine
uralte Geschichte dahinter steckt. Das ist wie im wirklichen Leben, das ist wie
bei vielen meiner Fälle.«
»Aber wir schreiben keinen Krimi«, wagte ich zu widersprechen.
»Ja schon, aber ich wette mit dir, daà viele deiner Kollegen am
Ende formulieren würden: Von Anfang an wollten sie nur eines: Reich werden!«
»Du hast gewonnen.«
Als wir auf den Hof rollten, waren Emma und Jenny noch nicht
wieder zurück, nur Paul, Willi und Satchmo traten zur BegrüÃung an und rieben
sich an unseren Beinen. Ich stiefelte in den Garten und schaute nach meiner
Goldfischflotte. Einen besonders kleinen gab es da, vielleicht drei Zentimeter
lang. Und der lag auf der Seite in einer Wasserpflanze. Ich dachte, daà möglicherweise
eine der Katzen zugelangt hatte, und wollte den scheinbar leblosen Körper mit
einem Rechen herausfischen. Aber als ich die Wasseroberfläche berührte, schoÃ
das Fischchen sehr lebendig davon. Woher soll ein unbedarfter Mensch auch
wissen, daà Goldfische sich schlafen legen? Ich dachte: Ich nenne ihn
Fritzchen. Fritzchen paÃt.
Rodenstock stellte sich neben mich und sagte: »Kischkewitz hat
Schwierigkeiten mit den Polen. Das Bargeld hat er gefunden, aber ihre Aussage
fehlt noch, von wem sie beauftragt worden sind. Julius Berner wurde in Düsseldorf
verhaftet und zwei Stunden später wieder auf freien Fuà gesetzt. Kaution drei
Millionen Mark. Begründung: keine ausreichenden Beweise. Es wird wie erwartet
einen jahrelangen Rechtsstreit geben, darüber werde ich ein alter Mann. Berner
ist übrigens auf dem Weg in die heile Eifel. Hommes bereitet schon das Haus
vor. Berner und Kleve werden beschattet, sämtliche Telefone abgehört. Es geht
zum Finale, wobei ich keine Ahnung habe, wie das ausgehen wird. Denkst du an
Adamek?«
»Sicher. Ich frage mich, wer auf der Beerdigung von Narben-Otto
erscheinen wird.«
»Niemand«, sagte Rodenstock resolut. »Oder erwartest du Dealer,
den deutschen Zoll und Julius Berner? Erwartest du die Frauen, bei denen er die
Abtreibungen vornahm? Es gibt eben Leute, die sogar bei der eigenen Beerdigung
einsam sind. Im Grunde war er wohl nur ein armes Schwein, er nutzte wahllos
aus, und er wurde ausgenutzt. Bis später.«
Ich telefonierte fast eine halbe Stunde mit Karlheinz Adamek,
um ihn auf den neuesten Stand zu bringen. Minuten später verkündete er live
über den Rundfunk, daà der Ehemann der Mathilde Vogt wegen dringenden Mordverdachtes
verhaftet wurde. Aber das hörte ich nicht mehr, ich lag auf meinem Bett und
starrte an die Decke, bis ich einschlief. Mörder sind anstrengend.
Ich wurde Stunden später wach, weil Jenny vor der
Schlafzimmertür glücklich, auÃer Atem und laut verkündete: »Enzo, jetzt fangen
wir erst richtig an.«
Mit seiner dunklen Stimme antwortete er: »Ja, mein Schatz.«
Dann, nach einer Weile und eine volle Oktav höher: »Kannst du dir vorstellen,
mich zu heiraten? Wir könnten ein Kind haben.«
In einem Haus zu leben, in dem eine Partei unentwegt an Heirat
denkt, eine andere daran, Nachkommen zu zeugen, während ich mich bemühen muÃte,
meine Konkurrenz in ein ehrbares Grab zu schaufeln, ist eine denkwürdige Situation.
Ich wünschte mir sehr, an
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