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Eifel-Jagd

Eifel-Jagd

Titel: Eifel-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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sich
nicht mehr halten konnte, irgendwo zwischen den Felsen versickerte. Aber
Biotope erleben nur einen Strukturwandel, kaputtgehen können sie nicht, es sei
denn, Menschen zerstören sie. Ich hockte mich in den Schatten der Krüppelweide,
in dem ich immer hockte, wenn ich dort war. Ich versuchte, mich zu
konzentrieren, aber es gelang mir nicht. Ich war nervös, ich stand unter Dampf,
keine Spur von Gelassenheit.

    Am meisten ärgerte mich meine düstere Stimmung, ich kann Leute
mit düsterer Stimmung nur schwer ertragen.

    Ich fuhr heim über Kerpen, Niederehe und Heyroth und freute
mich auf ein Käsebrot und eine Tasse Kaffee. Ich dachte daran, Dinahs Zimmer
auszuräumen, die Möbel in den Keller zu stellen und mir Regale bauen zu lassen.
Dann hätte ich keine Schwierigkeiten mehr mit den dreitausend Büchern, die ich
zuviel besaß. Gleichzeitig wunderte ich mich, daß ich so kühl darüber nachdenken
konnte. Wahrscheinlich hatte ich begriffen, daß der Mensch Beziehungskisten
nicht so einfach steuern kann wie ein Auto. Sie hatte die Nase von mir voll,
sie war gegangen. Sie hatte mich ein wenig beschissen, was immer hieß, daß
unsere Geschichte nicht mehr taufrisch war, daß der Zahn der Zeit sie
glattgeschliffen und eintönig gemacht hatte. Sie hatte jemanden entdeckt, der
etwa so neu für sie war wie ich selbst vor einigen Jahren. Nun gut, ich würde
überleben und irgendwann würde dieses Leben eine Frau an Land spülen, die ich
mochte. Denn eines war ganz sicher: Alleinleben wollte ich nicht, konnte ich
nicht.

    Rodenstock war da. Er hockte im Garten auf der Hollywoodschaukel
und rauchte eine Zigarre.

    Â»Ich grüße dich«, sagte er und hielt den Kopf schräg. Das war
das Zeichen, daß er mißtrauisch war. Er sah dann immer so aus wie eine alte
Krähe mit weißen Federn. »Deinen Teich finde ich sehr schön. Du mußt nur
aufpassen, daß die Entengrütze nicht überhand nimmt.«

    Â»Ich fische sie ab«, erkärte ich. »Wie geht es Emma?«

    Â»Gut. Sie ist in s’Hertogenbosch, sie muß arbeiten. Ich soll
dich von Dinah grüßen.«

    Â»Hör auf mit diesem Kuppel-Scheiß, ich bin schon eine Weile auf
der Welt und kann ganz gut damit fertig werden.«

    Er war verblüfft, zittrig sagte er: »Hör mal, ich bin dein
Freund, falls du das vergessen haben solltest. Ich kann verstehen, daß du
verletzt bist, aber du solltest mich nicht mit Leuten verwechseln, auf die du
wütend bist.«

    Â»Ja, entschuldige. Aber laß mich mit Dinah in Ruhe.«

    Eine Weile herrschte eisiges Schweigen.

    Dann sagte er: »Ich kenne das Leben ziemlich gut. Sie wird sehr
bald die Nase von ihrem Ausflug voll haben und zu dir zurückkehren wollen.«

    Â»Na prima, dann werde ich eine Girlande aufhängen. ›Willkommen
zu Hause!‹ Magst du Kaffee, Kognak, Schokolade?«

    Â»Arbeitest du an diesem Fall?« fragte er und blätterte eine Bild auf den Tisch. Die Schlagzeile
lautete: Waldmörder! Zwei Frauen sind die
Opfer.

    Â»Das ist der Fall«, nickte ich. »Was steht drin?«

    Â»Eigentlich nichts«, antwortete er und stand auf. »Ich hätte
gern Kaffee und das andere auch.«

    Wir gingen also in die Küche.

    Â»Was weißt du über Jagd?« fragte ich.

    Â»Das ist die eleganteste Form der Bestechung, sagt man. Ich
kenne einige Geschichtchen, aber wirkliche Kenntnisse habe ich nicht.«

    Â»Was sind das für Geschichtchen?«

    Er überlegte eine Weile, nahm ein großes weißes Taschentuch aus
der Tasche und wischte sich damit über das Gesicht. »Sie haben alle den
Charakter eines Witzes. Mach den Kaffee bitte nicht zu stark. Also, der olle
Biersack war ein Apotheker an der Mosel und gleichzeitig ein Jäger. Er war
einer, der dauernd vom deutschen Brauchtum redete und Jäger als die Leute
hinstellte, die als einzige in der Welt begriffen haben, wie das Leben funktioniert
und worauf es ankommt. Er wurde achtzig und äußerte nur einen Geburtstagswunsch:
Noch einmal eine Wildsau schießen. Zu der Zeit war er bereits fast blind und
konnte sich beim Rasieren im Spiegel nicht mehr erkennen, so daß jeden Morgen
der Friseur kam, um ihn zu rasieren. Die Jägerschaft machte sich Gedanken, wie
man dem alten Herrn zu einer toten Wildsau verhelfen könne, und man entwickelte
einen Plan. Der Mann wurde auf einen Hochsitz bugsiert und mit

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