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Eifel-Jagd

Eifel-Jagd

Titel: Eifel-Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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hin, in dem er einfach mit der
linken Hand die Waffe auf ihren Nacken setzt und leicht nach oben geneigt
abzieht. Sehr sachlich, sehr gezielt. Ganz ohne jede Unsicherheit.«

    Â»Der Schöler ist zu loben!« nickte er trocken. »Hast du Fotos
von ihr?«

    Â»Nein, ich habe sie nur fotografiert, als sie noch auf dem
Bauch lag. Das Gesicht abzulichten, als sie sie umgedreht hatten, machte keinen
Sinn, weil es kein Gesicht mehr gab. Dum-Dum-Geschoß, weicher Bleimantel,
wahrscheinlich noch mit Kreuzschlitz. Aber es dürfte keine Schwierigkeit sein,
Fotos zu bekommen, Kischkewitz wird uns welche geben. Schließlich war sie unter
anderem ein begehrtes Model.«

    Â»Etwa so schön wie Claudia Schiffer?«

    Â»Schöner«, sagte ich. »Aber das mag daran liegen, daß Gesichter
sich abnutzen, wenn man sie zu oft sieht. Ein schmales Gesicht, hohe
Wangenknochen, schlank mit vollem Busen, Beine bis in den Himmel und so weiter.
Eine geradezu unheimliche Perfektion. Mich würde so etwas mißtrauisch machen.
Steigst du ein?«

    Â»Natürlich. Wie sieht es mit deiner Kondition aus?« Er fragte
durchaus ernsthaft.

    Â»Nicht gut«, erwiderte ich wahrheitsgemäß. »Ein kaputtes
Privatleben und ein Doppelmord sind wohl zuviel.«

    Er nickte, sagte aber nichts. Dann machte er sich über den
Kaffee her, aß Bitterschokolade, trank einen dreifachen Kognak und qualmte eine
Brasilzigarre von Schornsteinformat. Es stank furchtbar, aber er strahlte, und
ich dachte: Der wird noch hundertzwanzig!

    Â»Was meinst du, wo sollen wir mit der Recherche beginnen?«
fragte ich.

    Â»Ich würde gern mit diesem Julius Berner sprechen, diesem
reichen Zeitgenossen. Kommen wir an ihn heran?«

    Â»Warum nicht? Er trauert ernsthaft, sagt Kischkewitz.
Wahrscheinlich ist er in seinem Jagdhaus. Wann?«

    Â»Heute abend«, bestimmte Rodenstock. »Je schneller wir ihn
hinter uns bringen, desto klarer wird unsere Marschrichtung. Ich werde mich um
einen Termin mit Berner bemühen.«

    Ich ging hinein und schrieb auf drei Seiten auf, was ich über
den Fall wußte. Meine Überlegungen ließ ich außen vor und auch alle Theorien,
die ich gehört hatte. Dann nahm ich mein Verzeichnis mit den Adressen der Redaktionen,
für die ich gelegentlich arbeite, und faxte ihnen die drei Seiten.

    Schließlich wählte ich auch die Nummer der Redaktion in Hamburg
und sagte ihnen, sie könnten meine Geschichte haben, wenn es eine Geschichte
sei. Sie antworteten, sie würden es verfolgen und es im Gedächtnis behalten.
Der Redakteur, mit dem ich sprach, hatte eine sehr gestelzte Ausdrucksweise und
machte mit beinahe jedem Wort klar, welch eine Lebenschance es war, mit ihm
persönlich zu sprechen. Ich stellte ihn mir als zerzausten Kampfhahn vor, der durch
die Hühner staubt und dabei unablässig kräht: »Seht her, ich bin wichtig, ich
bin wichtig, ich bin wichtig!« Und alle Hühnchen seufzen: »Oohhh!«

    Â»Wir können jederzeit bei ihm eintrudeln«, teilte mir
Rodenstock mit. »Er hat mir beschrieben, wo die Jagdhütte ist.«

    Â»Sollen wir sofort fahren?«

    Er nickte: »Wir müssen nach Mürlenbach und an der Bertradaburg
rechts ab den Berg hoch auf Michaelshag zu. Letztes Haus linke Seite.«

    Â»Der Mann hat sich den besten Platz ausgesucht, tiefster
Kyllwald. Nehmen wir deinen?«

    Â»Wir nehmen meinen.« Damit er im Zweifelsfall schneller bei
Emma in Holland war, hatte sich Rodenstock einen kleinen, dunkelblauen Seat
Ibiza gekauft, der mit 150 PS unter der Haube arbeitete und mühelos 220
Stundenkilometer schnell war.

    Rodenstock fuhr auch jetzt sehr schnell, bremste die Kurven
kaum an. Ein paarmal blieb mir die Luft weg, aber tapfer atmete ich weiter.

    Im Abendschimmer lag die Bertradaburg wie aus dem Felsen
gewachsen am Hang, die beiden Rundtürme wirkten solide, ewig wache Wächter, der
Schiefer auf ihrem Dach schimmerte.

    Rodenstock wurde unversehens langsamer. »Jetzt ein Interview
mit Karl dem Großen!« sagte er versonnen. »Was glaubst du, was würde er sagen?«

    Â»Er würde wahrscheinlich die bissige Bemerkung machen, daß wir
die Erde versauen und sein Europa mit Hilfe von EU-Verordnungen strangulieren.
Dann würde er sich besaufen. Achtung, du mußt rechts ab.«

    Â»Der Karte nach sind wir jetzt zwischen dem Prümer Berg und den
Steiniger Bergen. Deine Eifel ist wirklich ein

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