Eifel-Jagd
mehr war chaotisch. Sie maÃen Abstände, zeichneten
Details auf, suchten auf den Knien jeden Quadratzentimeter ab, veränderten
laufend die Einstellung der Lichtfluter. Zwei waren in die Steilwand geklettert
und untersuchten in vier Metern Höhe grellweiÃe lange Kratzer im Gestein.
»Mein Gott«, schnaufte Rodenstock.
»Hier ist er aufgeschlagen«, sagte jemand hochbefriedigt. »Sehr
deutlich. Er ist wahrscheinlich aus dem Wagen geschleudert worden. Herr
Fotograf, kommen Sie mal vorsichtig heran. Sehen Sie diese Flecken da? Das ist
Blut. Aufnehmen, bitte.«
»Aber wie kann er herausgeschleudert worden sein und
gleichzeitig den Arm beim Aufprall verlieren?« fragte ich. Mittlerweile muÃte
ich gegen eine massive Ãbelkeit ankämpfen.
»Es ist möglich«, sagte Kischkewitz, »daà er erst aus seinem
Fahrzeug geschleudert wurde, als der Arm schon abgetrennt war.«
»Aber er sitzt in dem Fahrzeug«, sagte Rodenstock.
»Eben!« murmelte Kischkewitz.
»Oh Gott!« stöhnte Emma. »Das heiÃt ja ...«
»Richtig«, sagte Kischkewitz trocken. »Das heiÃt es.«
Ich legte mittlerweile den vierten Film ein und konzentrierte
mich auf das Fahrzeug von Narben-Otto. Es handelte sich um einen kleinen Geländewagen
von Suzuki, und wenn ich recht informiert war, hieà der Typ Samurai. Die Farbe
des Fahrzeugs war nicht mehr feststellbar.
»Doc«, sagte Kischkewitz nachdenklich. »Wie lange brauchst du,
um festzustellen, ob er tot war oder noch lebte, als ...«
»Das geht schnell«, sagte jemand hinter mir. »Das habe ich
gleich. Ich gehe mal eben zum Laborwagen. Das Blöde ist, ich habe kein Blut von
ihm, nur Reste von Serum. Aber es wird gehen.«
»War das eigentlich sein Auto?« fragte ich. Ich muÃte mich
ablenken.
»Es war seines«, antwortete jemand. »Ist auf seinen Namen
angemeldet. Er war ziemlich raffiniert mit dem Ding. Es stand hinter seinem
Bauwagen rund zweihundert Meter tief im Wald drin auf einem gut ausgebauten
Weg. Wenn man nicht danach gesucht hat, blieb es verborgen.«
Kischkewitz fragte: »Glaubt jemand, daà eine Waffe im Spiel
war? Irgendwelche Anzeichen dafür?«
»Nein«, antworteten verschiedene Stimmen.
Einer mit einer ganz hellen Stimme sagte: »Vielleicht wird der
Doc in der Leiche eine Kugel finden.«
»Warum das?« fragte Kischkewitz gelassen.
»Um sicher zu gehen«, antwortete die helle Stimme. »Du weiÃt
schon: Ganz sichergehen heiÃt immer gleich ein paarmal umbringen.«
»Sehr gut!« murmelte Kischkewitz. »Gut überlegt.«
Und die helle Stimme sagte artig: »Danke für die Blumen.«
Jemand in meiner Nähe würgte und übergab sich. Ich folgte dem
Beispiel, es war eine Erleichterung.
Nach etwa einer Stunde hatte ich rund vierhundert Bilder
gemacht. Der Arzt erschien wieder auf der Bildfläche und sagte: »Es ist sicher,
daà er schon tot war, ehe er ... Na ja, also ich denke, er starb beim
Aufprall, wurde hinausgeschleudert und anschlieÃend wieder in den Wagen
gesetzt.«
»Ein Profi?« fragte Kischkewitz.
»Unbedingt«, sagte der Arzt energisch. »Ein Profi der ganz
harten Art. Besonders deshalb, weil er normalerweise durchaus den Versuch hätte
machen können, die Sache als Unfall darzustellen. Die Mühe hat er sich gar
nicht gemacht. Er hatte die Aufgabe zu töten, er hat getötet. Basta!«
Ich hockte mich abseits in das hochgeschossene Gras und
numerierte die Filmkapseln. Dann brachte ich sie Kischkewitz.
»Ich würde gern wissen, was Sie aus diesem Tatort herauslesen.«
»Und Sie schreiben nicht Hals über Kopf irgendeine bluttriefende
Geschichte?«
»Tue ich niemals. Ich denke, Rodenstock hat Ihnen das gesagt.«
»Hat er«, nickte er. »Aber ich gebe zu, daà ich langsam Panik
kriege und miÃtrauisch werde. Dabei werden die vergangenen drei Tötungen
langsam uninteressant. Interessant und richtig aufmunternd ist die Frage, wer
denn das nächste Opfer sein wird.«
»Wir haben herausgefunden, daà Narben-Otto für die
Jugendlichen-Clique von Julius Berner ein gesuchter, väterlicher
Abtreibungsspezialist war. AuÃerdem hatte Narben-Otto irgendwas mit dem Zoll zu
tun, denn der hat ihm die Flüssiggas-Tankanlage spendiert. Rodenstock will das
recherchieren, er hat alte Kumpel beim Zoll.«
»Das
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