Eifel-Jagd
sie weit entfernt.
»Aber du hast keine Ahnung, wer es sein könnte?« fragte ich
nach.
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf.
Paul und Willi schlichen heran und bekamen ihr Stück Schinken
von Emma. Paul spielte mit seinem Stück im Gras herum und wartete, bis Satchmo
es ihm abnahm, denn leckte er ihm über den Kopf.
»Wie ging es weiter?« fragte Emma. »Du hattest die Abtreibung,
du fingst an, mit Enzo zu reden. Plötzlich wart ihr zusammen. Hatte Enzo da
schon den Kredit für das Geschäft?«
»Ja, und er sagte: Ich muà das bezahlen, sonst macht er mich so
fertig, wie er meinen Vater fertiggemacht hat. Wir haben die Rückzahlungsrate
sofort erst verdoppelt und dann verdreifacht. Wir hatten manchmal nur Margarine
und Brot, aber irgendwie machte uns das glücklich. Wir hatten kein Geld fürs
Kino und für Kneipen und so etwas. Und wir kauften einen Wagen bei einem
Händler, der uns den Wagen gab und die erste Rate sechs Monate später wollte.
Enzo lebte neben mir wie jemand, der in einem Eisblock steckt. Solange wir
sparten und zurückzahlten, änderte sich das nicht. Und wir unternahmen auch
nichts, ich meine gegen Julius Berner. Wir zogen uns aus der Clique zurück, wir
hatten ja einen Grund dafür: die Schulden bei Julius. Julius lobte uns dafür
vor der ganzen Clique. Er schnallte nicht, daà Enzo ihn haÃte, und er schnallte
auch nicht, daà ich ihn haÃte. Dann kam die letzte Rate. Die brachten wir
Julius in bar und persönlich.« Sie zündete sich eine Zigarette an. »Julius kann
nicht vertragen, wenn ihn jemand verläÃt, er kann überhaupt nichts vertragen,
das sich gegen ihn richtet. Und plötzlich kursierte das Gerücht, Enzo sei
schwul. Und ich würde nur mit Enzo zusammenleben, weil der sowieso nur Kinder
im Kopf hätte und mir niemals etwas tun würde. Kinder, mein Gott! Wir taten so,
als wüÃten wir nichts von diesen Gerüchten. Sie kamen eindeutig aus Richtung
Clique, wir kannten sogar konkret zwei Jungs, die das verbreiteten. Enzo war
weià vor Wut. Er ging und holte sich die Jungen. Nacheinander. Er schlug sie
zusammen. Dann legte er ihnen einen Zettel auf die Brust, auf dem stand: âºMit
schönen GrüÃen zurück an Julius Berner!â¹Â«
»Enzo schlug sie zusammen?« fragte Rodenstock verblüfft.
»Korrekt«, nickte Jenny. »Ich habe auch nicht gewuÃt, daà er so
etwas fertig bringt.« Da war Stolz in ihrer Stimme. »Eines Tages rief Berner
an. Er wollte uns kaufen.«
»Wie sollte das vor sich gehen?« fragte Emma schnell.
»Er wollte die Boutique übernehmen und uns dafür drei Boutiquen
in Stuttgart überschreiben. Ohne jede müde Mark Zuzahlung. Das stank, das stank
wirklich wie eine Jauchegrube. Der Stuttgarter Umsatz lag bei vierhundert
Prozent über unserem in Düsseldorf. Der will uns abschieben, sagte Enzo. Er
wird sich täuschen. Und dann griff Enzo erst richtig an. Mein Gott, hatte ich
Angst. Aber Enzo sagte: Wenn wir uns jetzt nicht wehren, wird er uns fertigmachen,
wenn wir überhaupt nicht daran denken.«
»Was tat er?« fragte Emma nach einer Weile.
»Erst ging er zum Finanzamt und fragte nach der Akte seines
Vaters. Sie sagten, das ginge nicht, er hätte kein Recht, sich die Akte
anzugucken. Doch sein Anwalt stellte fest, daà Enzo als Rechtsnachfolger sehr
wohl ein Recht dazu hatte. Die Beamten gaben ihm die Akte, aber es war nichts
drin. Nicht einmal die Bemerkung, daà Enzos Vater Pleite gemacht und sich
erhängt hatte. Enzo sagte nur: Da stimmt was nicht, das stinkt.« Sie hielt
inne, sie lauschte in sich hinein. Dann fragte sie: »Sie sind doch von der
Polizei â wenn Sie jetzt erfahren, daà jemand ... gegen Gesetze verstoÃen hat,
dann müssen Sie doch dagegen vorgehen. Ist das nicht so?«
»Eigentlich ja«, nickte Rodenstock. »Aber ich bin Kriminaloberrat
im Ruhestand, Emma hat keinerlei Funktionen in Deutschland, Siggi ist
Journalist. Wir ermitteln, aber selbst wenn wir Kenntnis von einem Rechtsbruch
haben, entscheiden wir selbst, ob wir die Staatsanwaltschaft informieren oder
aber die Kenntnisse für weitere Ermittlungen nutzen. In diesem Fall ermittelt
die Staatsanwaltschaft längst. Es geht um Morde, um mindestens drei. Ich sage
mindestens, weil ich das Gefühl nicht loswerde, daà sich da weitere Straftaten
auftun, auch Tötungen.« Er
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