Eifel-Jagd
Wagen den Weg hochknüppelte, als würde ich dafür bezahlt.
Nur einmal nuschelte er: »Jetzt da rechts. Dann sind wir auf
der Kuppe, dann sind wir da.«
Ein typisches Merkmal aller deutschen Mittelgebirge sind die
Lichtungen in den Wäldern, deren Grün einfach unbeschreiblich intensiv ist,
zuweilen geradezu schmerzt. Die Lichtung, auf der sie in den fünfziger Jahren
das Adenauer-Haus gebaut hatten, war zudem von groÃen Flecken Roter Fingerhut
bedeckt. Das sanfte, bis in die Malvenfarbe hineinreichende Rot inmitten des
Grüns leuchtete in solcher Intensität, daà ich am liebsten am Steuer
sitzengeblieben wäre, um das Bild in mich hineinzuzwingen.
»Sechshundert Quadratmeter Wohnfläche«, sagte Hommes heiser.
»Sechshundert Quadratmeter Eifel-Filz. Komm her, ich zeig es dir. Aber paà auf,
halte dich in dem Bau eng an mich, der verrottet seit vierzig Jahren. Da sind
Riesenlöcher im Beton. Wie du siehst, ist der querstehende Bau zweigeschossig,
alles andere eingeschossig. Nur Flachdach, was damit zu tun hat, daà sie damit
rechneten, daà Konrad Adenauer mit dem Hubschrauber einfliegen würde. Das
Tragische ist, daà Adenauer dieses Haus nie im Leben gesehen hat, er wollte es
einfach nicht. Paà auf jetzt, wir gehen zuerst in den Keller. Das muà man
gesehen haben, um es zu glauben.«
Es wurde dunkel, wie bei einem schnell aufziehenden Gewitter.
Unsere Stimmen schallten laut, ich sah nur noch die Umrisse seiner Schultern.
»Aufpassen, da sind Löcher im Boden.«
Da war etwas hinter mir. Ich wollte mich herumdrehen, aber ich
reagierte zu spät.
Jemand schnauzte wütend: »Warum könnt ihr Arschlöcher mich
nicht in Ruhe lassen? Warum tigert ihr hinter mir her? Seid ihr scharf auf
einen Selbstmord? Und jetzt, verdammt noch mal, hebt die Arme hoch und geht vor
mir her. Aber langsam, wenn ich bitten darf. Und noch etwas: Dies ist eine
äuÃerst solide halbautomatische Winchester. Und ich blase euch die Köpfe von
den Schultern, wenn ihr Mist baut.«
Achtes Kapitel
»Er heiÃt Andreas Ballmann«, sagte ich in die Stille. »Er ist
Polizist, und er klingt sauer.«
»Er ist ein Arschloch«, sagte Stefan Hommes nicht ohne
Vergnügen. »Polizist oder nicht, er ist ein Riesenarschloch. Mit einer
Winchester zwei Leute scheuchen. So was tut doch nur ein Irrer.«
»Dreht euch langsam um«, befahl Ballmann. »Dann geht ihr vor
mir her nach oben ins ErdgeschoÃ.«
»Hör mal zu, du KüchenmesserschmeiÃer«, begann Hommes gemütlich
und drehte sich herum.
Ballmann schoÃ, und beinahe hätte er dem Wildhüter einen
blitzsauberen Scheitel gezogen. Die Kugel klatschte hinter uns in die feuchte
Wand. Es war wie in einem schlechten Film. »Du schweigst, wenn die Erwachsenen
reden.«
»Wer ist denn hier erwachsen?« fragte ich. Merkwürdig, ich
hatte keine Angst. »Also gut, gehen wir aus diesem Keller raus. Komm, Stefan,
oben ist es sowieso schöner. Und heller ist es auch. AuÃerdem ist er leicht
gereizt, aber das gibt sich.«
»Das gibt sich nicht«, murmelte Ballmann. »Haltet die Arme über
dem Kopf.«
»Das tue ich nicht, das tue ich für keinen. Sie werden sowieso
nicht schieÃen, wetten? Sie sind zwar ein Freak, aber Sie sind nicht dumm.« Ich
lieà die Arme unten und ging einfach los.
Stefan schnaubte: »So ein blöder Hund, so ein blöder!« Er
folgte mir.
Wir gingen durch die Nacht dieses Kellers, erreichten die
Treppe und sahen immerhin einen Lichtschimmer.
»Langsam«, mahnte Ballmann hinter uns.
Wir kamen in das Erdgeschoà und gingen nach rechts unter eine
Pergola, die ebenfalls aus Beton gegossen und jetzt moosbesetzt war.
»Nach links um das Gebäude herum«, sagte Ballmann schon
wesentlich weniger nervös. »Jetzt geradeaus an dem Weidengebüsch vorbei zu dem
Steilhang.«
Wir gehorchten brav.
Dort stand ein Rundzelt, und an einer jungen Eiche lehnte ein
funkelnagelneues Mountainbike.
»Ich fasse es nicht«, sagte Stefan Hommes leise. »Du hast dich
ja vollkommen neu ausgerüstet. Was bist du für ein Polizist?«
»Gegenwärtig einer, der hofft, nicht erschossen zu werden«,
erklärte ich. »Und jetzt tun Sie uns den Gefallen und legen den SchieÃprügel
weg. Daà Sie hinter Ihrem eigenen Chef herschnüffeln, wissen wir. Und daà man
Ihnen den Namen
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