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Eifel-Kreuz

Eifel-Kreuz

Titel: Eifel-Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Waffe, jeder Kenner der Materie wird zugeben,
dass die Waffe aus nächster Entfernung in das Gesicht geschossen durchaus
schwere Verletzungen im Augenbereich anrichten kann, bis hin zur Erblindung.
    Die beiden Männer schrien und gingen zu Boden, der dritte
Mann flüchtete. An das, was folgte, hat Wanda nur lückenhafte Erinnerungen. Die
Frau und ein junger Mann – wir setzen mal voraus, es handelte sich um Gabriele
Sikorski und Sven Dillinger – schleppten Wanda die zweihundert Meter über den
Acker bis zu dem roten Porsche. Sie legten Wanda hinten in das Auto, breiteten
eine Decke über sie und stellten dann Taschen darauf. Von der Fahrt hat Wanda
kaum etwas mitbekommen, sie wurde immer wieder ohnmächtig.« Sie stockte und
fragte: »Haben Sie zufällig eine Zigarette für mich?«
    Â»Tut mir leid, ich rauche Pfeife. Darf ich das hier?«
    Â»Ja, selbstverständlich«, nickte Tilla Menzel. »Ich
rauche normalerweise nicht, aber wenn ich nervös werde, bilde ich mir ein, eine
Zigarette hilft – das ist natürlich Blödsinn. Ich gehe mal eben welche holen.
Bin gleich wieder da.« Sie ging hinaus.
    Nach ein paar Minuten kehrte sie zurück und befreite die
Zigarettenschachtel umständlich von der Umhüllung. Sie rauchte nicht, sie
paffte.
    Â»Tja, Wandas Geschichte ist hart. Das Einzige, was sie
von der Fahrt noch weiß, ist, dass Sven und Gabriele sie zu einer Frauenärztin
brachten und …«
    Â»Also doch«, rief ich aus. »Wir haben uns schon gewundert,
es hätte nicht zu Sven gepasst, eine Schwerverletzte tagelang unversorgt liegen
zu lassen.«
    Tilla Menzel nickte. »Wir haben die Praxis ausfindig gemacht.
Es handelt sich um die Frauenärztin Dr. Ruth Romanow in Lübbenau, direkt am
Biosphärenreservat Spreewald.Ich muss Sie bitten, diesen Namen
und die Stadt sofort wieder zu vergessen. Der Strafzettel hat uns geholfen, die
Ärztin zu finden. Der Blitzer stand auf dem Weg nach Lübbenau. Von der Ärztin
wissen wir, dass sie Risse und Quetschungen festgestellt, aber keine
Lebensgefahr angenommen hat. Deshalb hat sie die drei auch wieder ziehen
lassen. Allerdings nicht ohne Versicherung seitens Sven und Gabriele, dass sie
Wanda zu Hause umgehend zur weiteren Versorgung in ein Krankenhaus bringen
würden. Für die Fahrt gab die Ärztin Wanda ein Briefchen mit schweren Morphinen
mit, insgesamt zehn Tabletten.«
    Sie legte eine Pause ein, sie wirkte erschöpft.
    Â»Machen Sie langsam«, mahnte ich. »Der Vortrag wird gut
werden.«
    Â»Das ist mir langsam wurscht«, sagte sie deftig. »Die Geschichte
geht an meine Substanz, obwohl wir uns immer gesagt haben: Der menschliche
Aspekt ist zwar wichtig, aber die Vorgänge sind wichtiger. Das ist wohl der
Unterschied zwischen Theorie und Praxis.«
    Ich stopfte mir eine Gotha 58, eine sanft geschwungene
Pfeife von db in Berlin mit einer schönen Applikation aus Sterlingsilber
zwischen Mundstück und Pfeifenkopf.
    Sie zog sich eine weitere Zigarette aus der Schachtel, zündete
sie mit einem Streichholz an und paffte. »Weiter im Text. Wanda sagt, dass sie
die Eifel eigentlich nur nachts erlebte. Denn nachts kamen Sven und Gabriele,
sie bekam etwas zu essen, nachts konnte sie mit den beiden reden. Sie
verständigten sich auf Englisch. Sven und Gabriele konnten die Sprache nach
Wandas Ansicht perfekt, sie selbst radebrechte, so gut es ging. Das erste
Versteck war offensichtlich ein Keller in einem leer stehenden Haus. Zwei Wände
waren aus Bruchsteinen, die anderen aus glattem Beton. Sie wissen, dass alte
Häuser in der Eifel häufig nur über einen Kellerraum verfügen, dort hielt man
früher Gemüse und Kartoffeln in Erdhaufen frisch. Dieser Kellerraum ist wahrscheinlich
mal mit Betonwänden gestützt worden. Wo er sich befindet, das konnten wir noch
nicht herausbekommen. Wanda weiß nicht, wie lange sie in diesem ersten Versteck
war. Aber die Zeit war ihr auch nicht wichtig. Wichtig war, dass sie sich in
Sicherheit fühlte. Dabei ging es ihr immer noch dreckig. Insbesondere hatte sie
Schwierigkeiten mit dem Pinkeln, denn das tat höllisch weh. Und ein großes
Geschäft zu machen, war ohne die vorherige Einnahme einer Tablette schier
unmöglich, beim ersten Versuch ist sie vor Schmerzen ohnmächtig geworden.
Wasser und Elektrizität gab es in dem Keller nicht, sie erleichterte sich auf
einer Kellertreppe, und trotz

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