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Eifel-Kreuz

Eifel-Kreuz

Titel: Eifel-Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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unglaublich
melancholisch sein, um nicht zu sagen, dass er anfällig für Depressionen war.
Als sein Vater starb, war es besonders schlimm. Er sagte: ›Ich glaube, ich habe
alle meine Wurzeln verloren.‹ Und dann hatte ich zwei Fehlgeburten. Es war
traurig, aber nicht zu ändern. Jedes Mal fiel er in eine … in eine Art dumpfe Resignation.
Einmal meinte er sogar: ›Gott ist nicht mehr auf meiner Seite.‹«
    Â»Suchte er Hilfe? Zum Beispiel bei einem Therapeuten?«,
fragte ich.
    Â»Ja, schon. Aber das brachte ihm wohl nichts, er brach es
ab. Und dann kam in den letzten Jahren die Angst hinzu, dass die Kirche über
kurz oder lang den Pfarrgemeindereferenten und Pastoralreferenten kündigt.«
    Â»Die Johannesgemeinschaft«, stellte Rodenstock fest.
    Â»Richtig«, nickte sie.
    Â»Was ist das?«, fragte Emma.
    Â»Eine Priestervereinigung. Nichts Offizielles, aber sehr
einflussreich. Gegründet in den Achtzigern von einem Lehrer der jungen
Priester«, erklärte Rodenstock. »Er war der Meinung, dass die Kirche zu viele
Laien beschäftigt, dass der Priester als ganz besonderer Sendbote Gottes
zunehmend darunter leidet. Der Mann heißt mit Vornamen Johannes, daher kommt
der Name. Die Vereinigung ist ein Zusammenschluss von Leuten, die gegen
Wortgottesdienste sind, die von Pastoralreferenten betreut werden und bei denen
kein Priester benötigt wird. Sie sind strikt dagegen, dass Laien bei einem
Gottesdienst kreativ mitwirken. In den Altarraum gehört ein Priester, niemand
sonst. Dieser Gemeinschaft kann man nicht beitreten, man bekommt die
Mitgliedschaft angetragen. Diese Leute sind sehr traditionsbewusst, was zum
Beispiel zur Folge hat, dass die meisten die Messe in lateinischer Sprache
lesen. Besonders auf dem Land wie hier in der Eifel ist das natürlich grotesk.
Die Priester predigen haarscharf an der Gemeinde vorbei, zitieren Lateinisches,
was kein Mensch versteht. Sie sprechen so abgehoben, dass die Gläubigen in den
Kirchenbänken das Gefühl bekommen müssen, sie seien in Wirklichkeit gar nicht
gemeint.«
    Â»Woher weißt du das?«, fragte ich verblüfft.
    Â»Ich habe mal Fälle von sexuellem Missbrauch und Pädophilie
bei Priestern untersuchen müssen. Da kommt man an diesen Erkenntnissen nicht
vorbei.« Rodenstock grinste. »Diese Fälle zeichneten sich grundsätzlich dadurch
aus, dass die Kirche jede Hilfe verweigerte. Es wurde gelogen und geleugnet in
einem Ausmaß, das geradezu bizarr war. Aber wir haben Frau Steil unterbrochen.«
    Â»Nein, nein«, sagte sie heftig. »Reden Sie ruhig weiter.
Auch ich muss erst lernen, alles zu verstehen.«
    Â»Dann erzähle ich mal von einem Fall, mit dem ich damals
zu tun hatte. Ein Priester machte eine Reise mit einer Jugendgruppe. Ein Junge,
auf den er besonders stand, wurde von ihm hypnotisiert und missbraucht. Dieser
Priester war in Hypnose ausgebildet, muss man wissen. Er setzte also den Jungen
unter Hypnose und skizzierte dabei das Bild, er habe dem Jungen den Blinddarm
herausgenommen. Und damit das alles echt wirkte, malte er dem Jungen an der betreffenden
Körperstelle eine Operationsnarbe auf und deckte sie mit einem Pflaster ab. Der
Junge spürte tatsächlich Wundschmerzen. Unter dem Vorwand, diese Wunde müsse
dauernd behandelt werden, ließ der Priester den Jungen allein in einem Raum
liegen und erschien alle paar Stunden, zur Inspektion gewissermaßen. Man muss
davon ausgehen, dass er den Jungen währenddessen missbrauchte, immer wieder.
Der Junge erzählte später seinen Eltern davon. Zunächst geschah das Typische:
Der Junge geriet in den Verdacht, ein Angeber, ein Aufschneider zu sein, jemand,
der sich wichtigmachen will und dem die Fantasie durchgeht. Ich fasse mich
kurz: Es dauerte zehn Jahre, ehe der Priester geständig war und ehe die Kirche
sich bereit erklärte, sich bei dem Kind und seinen Eltern zu entschuldigen.
Diese Entschuldigung konnte natürlich niemand mehr ernst nehmen. Derartige
Ermittlungen gehörten zu dem Ekelhaftesten, was ich zu leisten hatte, denn man
wird immer wieder damit konfrontiert, dass selbst die eigentlich Vernünftigsten
aus der Kirchengemeinde entrüstet flöten: ›Unser Pfarrer? Doch niemals unser
Pfarrer!‹ Ein Pfarrer ist eben unfehlbar.«
    Â»Aber genau so eine Geschichte läuft doch wohl im Augenblick
auch ab«, sagte Nadine Steil erregt.
    Â»Davon wissen wir

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