Eifel-Kreuz
teilt ihren Mitschülern aufgeregt
mit: âºIch habe jetzt ein spezielles Programm für harte Pornos. Seht auf meiner
Seite nach, www.Hermine.de. Wenn man
das eingab, öffnete sich tatsächlich eine Website mit wirklich harten Pornos,
zum Teil schon ekelerregenden Fotografien und schlimmen, schweinischen Texten
und tausend Links und Querverweisen auf ähnliche Angebote. Schnell machte unter
den Schülern die Botschaft die Runde, alle besuchten Hermines Seite. Das ging
volle acht Wochen so, die Schüler waren unruhiger als sonst, tuschelten und
kicherten. Natürlich gab es auch welche, die das widerlich fanden, aber
verraten hat keiner was. Allerdings druckten sich einige Schüler Seiten aus und
über kurz oder lang musste es so kommen, wie es kam: Die ersten Eltern
entdeckten bei ihren Kinder pornografisches Bildwerk. Aufgeregt wurde eine
Elternversammlung einberufen und man kam zu dem Entschluss: Da muss sofort
etwas passieren! Und was passierte? Der Leiter der Schule verdonnerte die
Eltern und alle anderen Beteiligten zu absolutem Stillschweigen. Er lieà seine
Lehrer in den Klassen verkünden: âºDiese Schweinerei hat nicht stattgefunden.
Wer darüber spricht, fliegt von der Schule. Eltern, die darüber sprechen,
müssen damit rechnen, dass ihre Kinder der Schule verwiesen werden.⹠Mit
anderen Worten: Das Hermine-Desaster hat es nie gegeben.«
»Was ist aus dieser Hermine geworden?«, fragten Tante
Anni und Clarissa gleichzeitig.
»Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass Hermine das
Programm auf einer CD im Aktenkoffer ihres Vaters gefunden und dann auf ihren
PC geladen hat. Die Mutter hat sich scheiden lassen und ist mit dem Kind und
der angeblichen Morgengabe von rund zwei Millionen Euro aus der Eifel
verschwunden.«
»Das lässt mich an das Klima in den Dörfern vor und nach
dem Zweiten Weltkrieg denken.« Rodenstock starrte vor sich hin und seufzte:
»Ach Gott, die traditionelle Volksfrömmigkeit, das furchtbare Unwissen, das so
viel Unheil säte.«
»Wovon sprichst du?«, erkundigte ich mich.
»Vom Einfluss der katholischen Kirche in der Eifel«, gab
er zur Antwort. »Von was sonst? Das ist ein trübes Kapitel, nicht aufgearbeitet,
kaum reflektiert. Das passt jetzt aber nicht hierher. Frau Steil, was wissen
Sie über Sven Dillinger und seine Clique?«
»Nicht viel. Thomas sagte mal, jede Schule leiste sich einen
Rebellen, und meinte damit Sven. Wissen Sie was? Thomas hat Tagebuch geführt.
Das könnte ich Ihnen geben. Allerdings bräuchten Sie einen Ãbersetzer, denn er
hat es auf Altgriechisch geführt.«
Auf Rodenstocks Gesicht machte sich ein freudiges Grinsen
breit. »Das ist ja wunderbar! Altgriechisch kann ich selbst. Wenn Sie mir also
das Tagebuch geben würden â ich wäre Ihnen sehr dankbar. Ich missbrauche es
auch nicht.«
»Du gibst hier eine erstaunliche Vorstellung«, murmelte
ich. »Erst glänzt du mit Kenntnissen über Volksfrömmigkeit und dann kannst du
Altgriechisch lesen.«
»Du kennst seine versteckten Werte eben nicht«, strahlte
Emma. »So ist er, der Held meiner späten Tage.«
Wir lachten und alle griffen zu ihren Gläsern. Eine Spannung
schien zu weichen.
»Ich glaube, ich muss jetzt nach Hause«, sagte Nadine
Steil, nachdem sie ihr Glas wieder auf den Tisch gestellt hatte.
»Ist dort jemand?«, fragte Emma.
Sie schüttelte den Kopf. »Matthias ist beruflich unterwegs,
die Kinder sind bei meinen Eltern und dort sollen sie auch einige Tage
bleiben.«
»Schlafen Sie hier«, sagte Emma sehr bestimmt. »Sonst
kommen heute Nacht die Geister.«
Nadine Steil wirkte einen Moment verblüfft, dann verzog
sich ihr Mund zu einem Lächeln. »Danke schön, das Angebot nehme ich gerne an.«
»Wir können noch nicht viele Lücken schlieÃen.« Rodenstock
deutete auf die beiden Packpapierbahnen an der Wand. »Wir wissen ungefähr, wann
Sven getötet und erschossen wurde und dass er und Gabriele mit derselben Waffe
getötet wurden. Da auch ihre Wagen beieinanderstanden, sollten wir davon
ausgehen, dass die beiden aufeinandergetroffen sind. Die Frage ist, wann und
wo?«
»Wir sollten alle Mitglieder dieser Clique befragen.
Neben Dickie Monschan und Alex Wienholt gehören wohl dazu: Marlene Lüttich,
Sarah Schmidt, Benedikt Reibold, Karsten Bleibtreu und Isabell Prömpers. Ich
selbst befrage
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