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Eifel-Kreuz

Eifel-Kreuz

Titel: Eifel-Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Tochter und ihre Freundin. Sichtbar
hinterließen die Fotos Eindruck. Kein Wunder angesichts von sehr bedrückenden
Aufnahmen wie zum Beispiel der Köpfe Svens und Gabrieles, auf denen sogar die
Einschusslöcher zu erkennen waren.
    Â»Wir können davon ausgehen, dass Sven Dillinger seine
Kreuzigung nicht mehr erlebte, er wurde erst erschossen. Die beiden jungen
Leute sind mit derselben Waffe getötet worden, einer Neun-Millimeter-Browning,
ein etwas älteres Modell. Der Gedanke ist nahe liegend, dass nicht nur die
Tatwaffe, sondern auch der Mörder derselbe ist. Das oder die Motive sind nach
wie vor nicht zu erkennen. Wir müssen also eine schwierige Rückpeilung machen.
Zwischen Svens Tod und seiner Kreuzigung vergingen nach vorsichtigen
Schätzungen zehn bis zwölf Stunden. Da anzunehmen ist, dass die Kreuzigung am
frühen Morgen des vergangenen Donnerstags stattfand, etwa zwischen sechs und
acht Uhr, können wir zurückrechnen, dass Sven gegen acht Uhr am Mittwochabend
erschossen wurde. Da er am Sonntagmorgen zum letzten Mal gesehen worden ist,
haben wir also ein Dunkelfeld von etwa vier kompletten Tagen. Dieses Feld
wächst bei Gabriele Sikorski auf sechs bis sieben Tagen an. Diese Zeiträume
sind wie schwarze Löcher. Immerhin ist nicht auszuschließen, dass Gabriele
Sikorski nur deshalb erschossen wurde, weil sie zufällig Zeugin des Mordes an
Sven Dillinger wurde.«
    Â»Und wie passt jetzt der Mann da rein, der sich erhängt
hat?«, fragte Jeanne.
    Â»Er kannte Sven und seine Clique sehr gut. Er war ihr
Lehrer und wurde fristlos gefeuert, weil er nicht mehr nach den moralischen
Normen der Kirche lebte. Er sah wohl keine Zukunft mehr, da hat er sich selbst
getötet.« Rodenstock musterte die beiden jungen Frauen. »Ihr könnt es euch
überlegen, ich kann euch noch rasch nach Hause fahren.«
    Â»Ich bleibe lieber hier«, erwiderte Clarissa und Jeanne
nickte zustimmend.
    Es war fast wie im Theater. Wir saßen und warteten auf
den Beginn einer Veranstaltung, von der wir nicht wussten, was sie bringen würde.
    Um zwanzig Minuten nach zehn traf Nadine Steil ein. Sie
trug Jeans und eine schwarze Bluse und wirkte ein wenig hektisch.
    Emma sagte sanft: »Das ist eine große Runde geworden,
aber das ist alles Familie. Wenn Sie lieber mit mir allein reden möchten, dann
geht das selbstverständlich völlig in Ordnung und …«
    Â»Nein, nein, nein. Ich komme damit klar.« Sie setzte sich
auf den Stuhl neben Emma. »Ich habe mich verspätet, tut mir leid.« Sie war etwa
fünfunddreißig Jahre alt und hatte einen kleinen roten Wildlederbeutel bei
sich, in dem sie fahrig irgendetwas suchte. »Wenn Sie mir sagen, was Sie wissen
wollen, dann kann ich anfangen.« Tabaktasche und Zigarettenblättchen kamen zum
Vorschein. Ihre Finger zitterten so sehr, dass das erste Blättchen zerriss.
»Geht noch nicht«, urteilte sie sachlich.
    Â»Wir möchten ein bisschen mehr über das Leben Ihres
Mannes erfahren«, begann Emma vorsichtig. »Das wäre hilfreich.«
    Â»Aber mein Mann hat doch mit dem Mord an Sven Dillinger
nichts zu tun.« Sie sah uns der Reihe nach an.
    Â»Das wissen wir«, erklärte ich. »Der Hintergrund ist,
dass uns Svens Clique interessiert. Wir möchten verstehen, wie sie
funktioniert, wie sie in der Schule dastand. Letztendlich, welche Position Sven
in der Schule einnahm. Vielleicht bekommen wir so eine Idee, warum man einen
Achtzehnjährigen ans Kreuz nagelt.«
    Â»Gut, das verstehe ich. Ich will helfen, soweit ich
kann.«
    Â»Moment. Vorher möchte ich aber eine andere Frage stellen«,
mischte sich Tante Anni ein. »Hatten Sie je Grund zu der Befürchtung, dass Ihr Mann
sich selbst töten wollte?«
    Fantastisch!, dachte ich. Gleich die Frage aller Fragen
stellen, ehe das Kleingedruckte ins Uferlose führt.
    Rodenstock lächelte. »Sie müssen wissen, dass wir fast
alle hier eine kriminelle berufliche Vergangenheit haben. Tante Anni war
Kriminalrätin, ehe sie in der Eifel den Anker fallen ließ.«
    Tante Anni beharrte auf der Frage: »Also: Hatten Sie je
Grund zu der Befürchtung, dass sich Ihr Mann das Leben nehmen könnte?«
    Â»Ja«, erwiderte Nadine Steil und schloss die Augen. Dann lächelte
sie. »Wissen Sie, Thomas war von der Statur her ja ein Riese. Aber er war sehr
empfindsam, er reagierte wie ein Seismograf. Er konnte

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