Eifel-Kreuz
totale Schweigen. Wenn Sie sich gegen die Vorstellung wehren, dass ein geweihter
Mann im Dienst der Kirche Schweinereien treibt, dann ist das geradezu rührend.
Besorgen Sie mir so viele Daten, wie Sie kriegen können, und ich werde Ihnen
dann sagen, wie die Schweinereien aussehen.«
»Ich danke Ihnen sehr.«
»Keine Ursache. Sie wissen ja, wie Sie mich erreichen
können.«
Obwohl es inzwischen spät geworden war, rief ich Benedikt
Reibold gleich darauf an. Zunächst war sein Handy besetzt, aber dann, nach
einer halben Stunde, meldete er sich.
»Baumeister hier. Ich habe eine groÃe Bitte: Können Sie
in den Stiftungsunterlagen des Gymnasiums herumspazieren und so viele Daten
sammeln und ausdrucken, wie nur möglich? Mich interessieren die Wege der
Gelder, also alles, was nach banktechnischen Unterlagen aussieht.«
»Das kann ich versuchen. Weshalb?«
»Möglicherweise wurde über die Stiftung Geld gewaschen.«
»Stimmt es, dass Pater Rufus umgebracht worden ist?«,
fragte er.
»Woher wissen Sie das?«
»Von einer Freundin.«
»Benedikt, ich möchte einen Namen hören!«
»Das Gerücht hat keinen Namen«, stellte er entschieden
fest. »Tut mir leid.«
»Na schön, ich werde es nicht vergessen.«
Er sagte nichts mehr, er hatte die Verbindung unterbrochen.
Woher konnten sie die Nachricht haben? Na ja, inzwischen
waren mehr als zwölf Stunden vergangen und hundert Leute konnten geredet haben.
Eigentlich wäre es ein Wunder, wenn es gelänge, einen solchen Mord zu verschleiern.
Die Nacht war lau, irgendwo weit weg bellte ein Hund, von
Westen her kam ein sanfter Wind, das Schilf lieà ein leises Rauschen vernehmen.
Ich ging unter die Dusche und anschlieÃend sofort ins
Bett.
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Rodenstock rief um acht Uhr an. Langsam schien das
zur Gewohnheit zu werden. Ungeheuer munter sagte er: »Wann fahren wir los?«
»Wohin?«
»Na, zu Paolo dem Flieger.«
»Aber du weiÃt doch gar nicht, wo der zu Hause ist.«
»Doch, doch, das weià ich schon. Also, komm rüber, wenn
du wach bist. Nicht vergessen: Fernglas, Kamera, drei, vier Taschenlampen.«
»Ist ja gut. Sei doch nicht so ekelhaft betriebsam.«
Das Telefon klingelte erneut und Benedikt Reibold meldete:
»Ich war drin. Ich habe alle Bewegungen bis vor einem Jahr verfolgt und alles,
was interessant schien, ausgedruckt.«
»Wird man sehen, dass Sie in einem fremden Rechner waren?«
Ich hörte förmlich, wie er vor Empörung die Luft anhielt.
»Nein, auf keinen Fall! Ich hinterlasse keine Spuren. Das
ist wie bei der CIA oder wie beim BND. Das Ganze funktioniert spurlos.«
»Sie haben nicht geschlafen«, stellte ich fest.
»Herzlichen Dank. Können Sie die Unterlagen in einen Umschlag stecken und an
folgende Adresse schicken?« Ich diktierte Rodenstocks Adresse. »Und bitte
erzählen Sie niemandem von dieser Geschichte.«
»Nein«, sagte der brave Geheimnishüter.
»Ich habe noch eine Bitte. Ist es schwierig, sich auch
die Geschäfte von Svens Vater anzusehen? Also auch dort nach Daten zu suchen,
mit deren Hilfe man Geldströme verfolgen kann?«
»Nicht sehr.«
»Dann tun Sie das, bitte, wenn Sie es nicht längst getan
haben.«
»Ich schau mal«, erwiderte er tonlos.
»Sie sind richtig gut«, sagte ich, weil man junge
Straftäter gelegentlich loben muss.
Ich versuchte, mich anzuziehen, wurde aber unterbrochen, weil
schon wieder das Telefon ging. Eine Frauenstimme sagte: »Hallo, hallo? Bin ich
da bei ⦠warte mal, bei Baumeister?«
»Ja, der bin ich. Siggi Baumeister.«
»Hier ist Schwester Renate aus der Psychiatrie in
Wittlich. Sie haben mir Ihre Visitenkarte gegeben, wir haben doch die Wanda
hier. Ich wollte mich mal melden, weil sich was getan hat.«
»Das ist sehr schön!«, sagte ich begeistert. »Ich weiÃ
zwar nicht mehr, dass ich Ihnen eine Visitenkarte gegeben habe, aber das ist ja
auch egal.«
Sie wollte alles richtig machen und jede Kleinigkeit
zählte. »Sie haben gesagt, wenn irgendetwas ist, soll ich Sie anrufen. Deswegen
doch die Visitenkarte.«
Jetzt stand sie wieder vor mir, das Schlachtschiff aus
der Psychiatrie mit dem stählernen Busen und den strahlenden Augen. »Ja, das
ist ja richtig. Ich hinterlasse den ganzen Tag über Visitenkarten wie für eine
Schnitzeljagd. Was ist denn Neues passiert?
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