Eifel-Kreuz
Geht es Wanda besser?«
»Viel besser«, sagte sie. »Deswegen rufe ich ja an. Wir haben
sie heute Morgen zum ersten Mal aus dem Heilschlaf geholt. Und sie redet,
allerdings verstehen wir sie nicht. Ein Kollege, der mal im Wilden Osten
praktiziert hat, meint, dass sie Polnisch spricht. Heute Nachmittag kommt
deshalb ein polnischer Ãbersetzer. Immerhin wissen wir schon, dass sie wirklich
Wanda heiÃt und woher sie kommt. Wir haben die Sache mit dem Atlas geklärt.«
»Wie bitte?«
»Ja, wir haben ihr einen Atlas in die Hand gedrückt und
gebeten, sie soll mal zeigen, wo ihr Zuhause ist. Und was meinen Sie wohl, auf
welche Stadt sie getippt hat?«
»Ich habe keine hellseherischen Fähigkeiten«, versicherte
ich.
»Na, Sie sind mir einer. Sie muss aus der Gegend von
Breslau kommen. Jedenfalls hat sie darauf gezeigt. Sie hat übrigens auch den
Namen Sven immer wieder erwähnt.«
»Jesus und Maria! Wird Wanda eigentlich bewacht, ich
meine, stehen Polizisten im Flur?«
»Nö, ich sehe niemanden«, sagte sie fröhlich. »Ich
dachte, die Nachricht freut Sie.«
»Die Nachricht freut mich sehr«, versicherte ich. »Danke
schön. Und passen Sie gut auf die Wanda auf.«
»Aber sicher«, sagte sie. »Bis zum nächsten Mal.«
»Ja«, sagte ich.
Ich versuchte, Kischkewitz zu erreichen, und hatte mit
der dritten Nummer Glück.
Unwillig sagte er: »Ich sitze in einer Besprechung und
kann nicht reden.«
»Das ist mir scheiÃegal. Wanda ist bei Bewusstsein. Die
Klinikleute sagen, sie spricht Polnisch und sie stammt aus Breslau oder
zumindest der Gegend. Ich rufe dich an, weil sie in Gefahr sein könnte.«
»Das ist mir doch längst klar«, nölte er. »Ich habe schon
jemanden hingeschickt.«
»Ich hoffe, es geht dir gut?«, sagte ich.
»Nein«, stellte er fest.
Achtes
Kapitel
Ich traf um elf Uhr in Heyroth ein. Kurz darauf war ich wieder
unterwegs, nun in Rodenstocks Wagen. Er fuhr.
»Willst du irgendeinen Rekord brechen?«
»Wie kommst du darauf?«
»Na ja, weil du so zaghaft fährst.«
»Kann es sein, dass du schlecht drauf bist?«
»Nein. Im Gegenteil. Ich freue mich, dass wir Pfadfinder
spielen. Das letzte Mal liegt lange zurück.«
»Ja«, nickte er. »Wir sind wieder auf der Pirsch. Wir fahren
nach Bad Schwalbach. Dorthin, wo die wirklich reichen Leute versuchen, etwas
aus ihrem Leben zu machen. Dort haust Paolo der Flieger.«
»Was wissen wir sonst noch über ihn?«
»Ich habe ein paar Leute vom BKA angezapft. Er ist vierundvierzig
Jahre alt und heiÃt vollständig Paolo Meier. Lach nicht, das stimmt. Gelernt
hat er den ehrenwerten Beruf eines Kaufmanns, übrigens bei einer Bank, und so bezeichnet
er sich heute noch: Paolo Meier, Kaufmann. Nach seiner Ausbildung war er in
verschiedenen Firmen tätig, bei einem Fliesenwerk, einem Stahlhändler, in einer
Detektei, bei einem Grossisten für Pharmaartikel. Ganz normale Jobs, in denen
er Leistung bringen musste und nebenbei etwas fürs Leben lernte. Aber schon
immer hatte er einen starken Drang ins Nachtgeschäft. Puffs, Bars, Glücksspiel
und so weiter. Seine herausragendste Eigenschaft ist die Unauffälligkeit. Er
hat nie im Knast gesessen, aber meine Exkollegen und die verschiedensten
Staatsanwälte hätten ihn schon sehr gerne dort gesehen. Es gab Verfahren wegen
Mordes und wegen bandenmäÃiger Drogengeschäfte. Doch die Anklagen verpufften,
die Beweislage war nicht ausreichend. Mit anderen Worten, wir haben es mit
einem Mann zu tun, dem nichts fremd ist und dem wahrscheinlich einige der
bestlaufenden Puffs in Deutschland gehören. Wahrscheinlich, weil ihm auch das
nicht zu beweisen ist.«
»Und jetzt lebt er im Milieu und fühlt sich dort zu Hause?«
»O nein. Wenn das so einfach wäre, hätten wir beide uns
nicht auf den Weg gemacht. Paolo gibt immer noch Kaufmann als Beruf an und er
handelt als solcher. Vorzugsweise im Immobiliengeschäft. Beispielsweise hat er
in Hamburg, München und Frankfurt einige der begehrtesten Immobilien im
Rotlichtmilieu erstanden. Und zurzeit ist er dabei, sich in Berlin einzukaufen.
Jedenfalls wird das behauptet. Bei dem gröÃten Teil seiner Tätigkeiten handelt
es sich wohl um vollkommen legale Geschäfte. Andererseits vermutet das Bundeskriminalamt,
dass er hinter einigen Waffenkäufen in Polen,
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