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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Holger Patt und nickte. Dann ging er wieder zu dem Toten.
    Zwei Techniker breiteten eine fast weiße, segeltuchähnliche Plane vor dem Toten aus. Dann hoben sie ihn von der Bank und legten ihn auf die Plane. Er lag nicht ganz flach, aber das störte offensichtlich nicht.
    Der Arzt kniete sich neben den Toten, Patt ebenfalls. Der Arzt nickte mehrere Male, Patt hielt in der linken Hand eine kleine Plastiktüte, in die er mit der Pinzette von Zeit zu Zeit etwas hineinfallen ließ. Kischkewitz thronte auf seiner Segeltuchfläche und wirkte eigenartig desinteressiert.
    Patt sagte: »Ich wäre dann soweit.«
    »Der Tote kann abtransportiert werden«, entschied Kischkewitz daraufhin.
    Es gab schnelle Bewegungen, Männer und Frauen eilten hin und her, das Plastikband der Absperrung verschwand, die Leute mit den Fernsehkameras und die Leute, die über den Fund schreiben würden, stürzten nach vorne, als wäre ein Damm gebrochen.
    »Das ist alles sehr merkwürdig«, sagte Patt und starrte auf ein fernes Ziel. »Ich sage dir, alter Mann, die wunderlichen Dinge nehmen kein Ende.«
    »Was hast du denn an seiner Kleidung gefunden?«, fragte ich.
    Er sah durch mich hindurch. Patt träumte. »Ameisen«, sagte er dann. »Die großen, roten Ameisen. Die gibt es ja nicht so häufig, hier an diesem Platz zum Beispiel nicht. Er ist also an einem Ort erschossen worden, an dem es rote Waldameisen gibt. Ein Förster wird mir das hoffentlich sagen können.«
    »Wieso ist sein Gesicht weg?«
    »Der Schweinehund!«, sagte er heftig. »Aber das ist nicht so wichtig. Waldmeister ist wichtig.«
    »Waldmeister?«, fragte ich.
    »Ja, Waldmeister. Die Pflanze, die sie immer in dieser Plörre versenken, die angeblich gut und erfrischend schmeckt. Ich kann nur sagen, ich trinke dieses Zeugs nie, es ist langweilig und dürftig und fantasielos und erfreut nur alte Jungfrauen. Sie nennen es Bowle, sie sollten es Limo nennen.« Er sah mich an und grinste flüchtig. »Ich will damit sagen, ich habe Teile dieses Krauts auf seiner Kleidung gefunden. Er ist hingeschlagen, wo es große, rote Waldameisen und Waldmeister gibt. Also, wenn du mich fragst, kann das nur in einem Buchenbestand mit viel Licht am Boden passiert sein. Und dicht dabei muss Nadelwald sein, denn Ameisen brauchen die Nadeln beim Bau.«
    »Was ist mit seinem Gesicht? Waren es mehrere Schüsse?«
    »Nein. Nur einer. Ich würde mal sagen: Hochgeschwindigkeitsmunition. Das hatten wir schon einmal. Der Schuss traf ihn oberhalb des Genicks zwischen den Halswirbeln und riss ihm das Gesicht weg. Das kann aber nur passiert sein, weil der Schütze die Kugel irgendwie angefeilt hat. Sie zerbirst dann beim Aufprall und reißt alles weg. Deshalb hat er kein Gesicht mehr.«
    »Woher hat er diese Munition?«
    »Die kannst du kaufen, sie ist ja nicht verboten oder geächtet. Die Bundeswehr benutzt die. In Afghanistan. Die Soldaten beschweren sich, weil die keine Mannstopp-Wirkung hat. Es ist die 5,56 × 45 Nato. Die zivile Ausführung ist erhältlich als 223 Winchester. Aber wenn so ein Schwein die Kugel anfeilt, dann hast du keine Chance.«
    Er ging ein paar unruhige Schritte nach links, dann nach rechts und hielt sein Kinn mit der rechten Hand fest. »Wir lösen das Problem nicht, verdammt noch mal. Wie konnte das passieren? Das ist doch richtig hirnrissig.«
    »Was macht dir denn so zu schaffen?«, fragte ich.
    »Ausgerechnet du fragst mich das? Ausgerechnet du? Wie kam dieser Tote hierher? Diesen Punkt hier an der Kirche haben die Suchtrupps heute Nacht und heute Morgen x-mal angelaufen, die Uniformierten waren die Nacht über mindestens zehnmal hier. Das war sogar ein Treffpunkt. Sie haben abgesprochen, in welche Richtung sie suchen, sie sind von hier aus losgegangen. Hier war nichts, gar nichts, verstehst du? Und plötzlich sitzt der tote Mann hier auf der Bank, ausgeblutet und ohne Gesicht. Am helllichten Tag.« Holger Patt war richtig wütend.
    »Das muss man aber doch abklären können«, sagte ich. »Wann ist denn der Alarmruf bei euch angekommen?«
    »Weiß ich nicht«, erklärte er schroff. »Aber die Uhrzeit ist doch egal. Der Mörder muss auf jeden Fall Nerven wie Stahlseile haben.«
    »Ich gehe mal fragen«, sagte ich.
    Kischkewitz wurde umlagert von den Presseleuten und antwortete geduldig und gelassen auf ihre Fragen, soweit es überhaupt Antworten gab.
    Eine Frau fragte mit einer gehörigen Portion Ironie: »Die Jäger auf dem Eulenhof scheinen aber mit einem merkwürdigen Sinn für

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