Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
politisch gesehen. Er bestimmt, wo es lang geht. Er hat ja auch jetzt die
Hells Angels
eingekauft, damit die uns beschützen.«
    »Er hat bitte was?«
    »Gleich als Blue tot war, hat er gesagt, im Moment sei die Welt gegen uns und wir müssten uns verteidigen. Und diese Motorradfahrer sind ja Spezialisten. Weidi hat sie engagiert, damit sie uns schützen. Also, die sind richtig bewaffnet. Weidi sagt, da ist viel böses Blut in der Welt. Und die sind genau richtig dafür. Und sie wohnen jetzt bei uns, sodass nichts passieren kann.«
    »Sind die da vielleicht in ihren Kutten aufgezogen mit all diesen blödsinnigen Orden und Ehrenzeichen und so?
Erwarte keine Gnade!
und so? Sitzen die auf ihren Harleys und fahren um euren Bauernhof rum?«
    »Nein, nein, nein, nicht so. Die tragen Schwarz, also alles in allem schwarz. Und die sind in Zivil. Und die Motorräder sind ganz normale Motorräder, nicht so Luxuskutschen, die so knattern. Das sind
Hells Angels
, also normalerweise. Aber bei uns sind die als Security-Leute, rein beruflich. Die kosten ein Schweinegeld. Die kosten pro Mann pro Tag einen Tausender, sagt man. Und es sind drei Männer, und die sehen so aus, als meinten sie es ernst. Die reden nicht viel.«
    Nicht aufregen, Baumeister, rief ich mir innerlich zu, kein dringendes Interesse zeigen. »Hat Weidi denn Familie in Wesel?«
    »Nein, hat er nicht. Er ist ja auch meistens hier. In Wesel hat er nur einen Bungalow stehen. Also, er hat jede Menge Verbindungen, auch ins Ausland. Er hat sogar drei, vier Häuser auf Mallorca. Sein Büro ist in Köln, aber heutzutage läuft ja alles über Computer, und da ist es egal, wo du bist.«
    Es war soweit, dass ich nun doch etwas riskieren musste. Ich fragte: »Wenn also dieser Weidemann bestimmt, wo es politisch langgeht, dann legt er doch auch fest, wie sich die Männer verhalten sollen, oder? Sagt er dann: ›Wir sind die Elite‹, oder so was? ›Wir sind die nordische Rasse? Juden raus!‹ So etwas?«
    »Na ja, ›Juden raus‹ sagen sie ja alle. Aber das ist Politik. Sie sagen: ›Hitler hat viel zu wenig Juden umgebracht, er war nicht gründlich genug.‹ Aber da sage ich nichts, das machen die Männer, und die wollen auch nicht, dass die Frauen da mitmischen.«
    »Wie konnte denn das mit Blue passieren? Habt ihr auf dem Eulenhof eine Ahnung, wer das getan haben könnte?«
    »Nun, ich habe richtig geheult, das kannste glauben. Niemand weiß, wer das getan hat. So jung. Ich habe immer gesagt, er war ein Träumer. So wie mein Gerry. Weidi hat gesagt: ›Wir dürfen niemals vergessen, dass wir viele Feinde haben! Unser Blue war ein Märtyrer!‹ Das hat er gesagt, und irgendwie stimmt das ja auch.«
    »Und was machen wir jetzt mit den Kindern auf dem Eulenhof, mit Ihren Enkeln?«
    »Da will ich sagen, dass mir das sehr wichtig ist. Wir haben keine Kinder, die irgendwie gewalttätig sind. Das gibt es einfach nicht auf dem Eulenhof. Und ich will, dass Sie das sagen und auch schreiben, wenn es so kommt.«
    »Und was mache ich mit dem Vorwurf, ihr seid alle Neonazis?«
    Sie bewegte sich unruhig, sie rutschte hin und her. »Das ist Politik, da halte ich mich raus. Mein Udo hat immer gesagt: ›Politik lügt.‹«
    »Aber bei euch werden Lesungen abgehalten. Auf denen werden Texte von Adolf Hitler vorgelesen. Was mache ich damit?«
    »Das ist Männersache«, stellte sie erneut fest. »Die träumen doch immer, die brauchen das. ›Reine Rasse Eifel‹. Glaubst du das im Ernst, Junge? Das ist doch bescheuert. Das war immer so, da halte ich mich raus.«
    »Und Sie sind gar nicht hier gewesen, nicht wahr?«
    Sie sah mich an und lächelte. »Das ist eine gute Ansage, Mann.« Sie ächzte wieder, als sie von meinem Sofa aufstand. »Habe die Ehre!«, sagte sie und marschierte mit kurzen Trippelschritten an meinem Sessel vorbei in den Flur. Die Haustür klackte hinter ihr zu. Wahrscheinlich hatte sie irgendwo ein Auto stehen.
    »Ich halte mich dran«, sagte ich in die Stille.

    Ich brauchte volle drei Stunden, um ein Gedächtnisprotokoll dieses Besuchs zu schreiben. Das mailte ich dann an Tessa, an die Mordkommission und auch an Rodenstock. Ich dachte: Wenn ich Rodenstock so etwas Spannendes auf den Computer schicke, dann wird er eher wieder auftauchen.
    Ich setzte mich mit einem Eistee auf die Terrasse und schaute den Wolken zu. Sie segelten gemächlich von West nach Ost, die Sonne stand tief im Westen und beleuchtete meinen Apfelbaum. Es sah aus, als hätte sie ihm Kerzen aufgesteckt.

Weitere Kostenlose Bücher