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Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Natalie nur ein Jahr früher Abi gemacht hätte, wäre mir viel erspart geblieben. Sie wäre längst in Hollywood und läge auf irgendeiner Couch mit irgendeinem Regisseur.«
    Zuweilen ist Stille laut wie eine Serie von Paukenschlägen. Wahrscheinlich deshalb, weil wir den eigenen Herzschlag hören.
    »Sekunde mal«, sagte ich. »Woher wissen Sie das mit Hollywood?«
    Er sah mich erstaunt an. »Das ist doch kein Geheimnis gewesen«, erklärte er. »Wir haben uns in der Klasse über Berufschancen unterhalten und Natalie erklärte, sie hätte Ambitionen, nach Hollywood zu gehen, eine Schauspielschule zu besuchen und dort Karriere zu machen. Ich sehe noch Detlev Fiedler vor mir, wie er ganz sarkastisch sagte: ›Na, auf dich haben die gerade noch gewartet! ‹ Natalie war wütend und hat geantwortet: ›Der Playboy hat ja auch auf mich gewartet! ‹ Sie hat da mal als Playmate fungiert, sehr schöne Fotos.«
    »Das wusste ich noch gar nicht. Wie hat denn die Schule darauf reagiert?«
    »Überhaupt nicht. Es wurde mit Schweigen übergangen. Was nicht sein darf, wird unter den Teppich gekehrt, einfach nicht zur Kenntnis genommen.«
    Überall das Gleiche, dachte ich und verabschiedete mich.
    Es war zwei Uhr, als ich in meinem Auto saß und wieder losfuhr. Ich war aufgekratzt und nicht im Geringsten müde und stellte mir vor, dass Bronski im Moment entweder eine Flasche Schnaps vertilgte oder aber eine heftige Diskussion mit seiner Truppe führte – wahrscheinlich beides. Ich wählte seine Nummer.
    Er meldete sich sofort und an seiner Stimme erkannte ich, dass er tatsächlich hellwach war.
    »Wo seid ihr?«
    »Zwischen Nohn und Bongard«, gab er Auskunft. »Auf einem Parkplatz. Was kann ich für dich tun?«
    »Ich möchte noch mehr über Mülltransporte lernen.«
    »Oh, das ist ein weites Feld. Komm her. Wir haben noch ein paar Frikadellen übrig.«
    »Hast du etwas erreichen können, weißt du mehr?«
    »Ich habe mit Tina Colin geredet.« Er überlegte ein paar Sekunden, fragte dann: »Wer ist dieser Martin aus Mannebach? Weißt du was über den?«
    »Er treibt sich rum, er hat keinen Job, hängt ab. Er war der Erste, der Natalie gefunden hat und es der Polizei sagte. Anonym.«
    »Die liebe ich. Anonym! Bis gleich.«
    Im Dreieck Vulkaneifel verließ ich die Autobahn, fuhr über Daun in Richtung Dockweiler. Langsam kamen mir Zweifel wegen meiner mich selbst überrollenden Aktivität. War es nicht besser, ein paar Stunden zu schlafen? Meine Mitbürger in Ruhe zu lassen, selbst zur Ruhe zu kommen? Ich schimpfte ein wenig mit mir, aber es änderte nichts an meiner Nervosität.
    Als hinter Brück in dem schmalen Tal das Wildschweingehege neben mir auftauchte, meldete sich mein Handy.
    »Heh, Baumeister«, maulte Vera, »wo treibst du dich herum?«
    »In der Weltgeschichte«, sagte ich ungehalten. »Schlaf weiter, du verpasst absolut nichts.«
    »Kannst du dir vorstellen, Mann, dass es Leute gibt, die sich Sorgen machen? Kannst du das?«
    »Ja. Tut mir Leid. War eine blöde Bemerkung. Ich freue mich ... ich freue mich, dass du dir Sorgen machst.«
    »Wo warst du und wo bist du?«
    »Ich war in Wittlich und jetzt fahre ich zu Bronski.«
    »Kann Bronski denn nicht hierher kommen, verdammt noch mal? Ich sitze hier mit Emma rum und wir grübeln darüber nach, ob du in Schwierigkeiten steckst.«
    »Ich stecke nie in Schwierigkeiten.«
    »Ach, Scheiße, Baumeister! Du redest wie ein präpubertärer Teenager.«
    »Ich bin etwas neben der Spur«, erklärte ich ihr. »Wir haben etwas falsch gemacht und ich werde nach dem Fehler suchen. Dann gehe ich schlafen.«
    »Was hat Bronski damit zu tun?«
    »Er weiß etwas über Müll und darüber, wie man ihn los wird. Sei nicht böse. Ich bin bald wieder da. Und dann bitte ich um vier Spiegeleier mit gekochtem Schinken.«
    »Du Macho!«, sagte sie.
    Durch Bongard durch, die leichte Linkskurve in den Wald hinein. Der Truck von Bronski war weiß und riesengroß und trug eine Aufschrift in Polnisch, mit der ich nichts anfangen konnte. Das Fahrerhaus war mit Vorhängen abgeschirmt. Ich hupte und hinten am Truck schwang ein Flügel weit auf.
    Der Anblick war unbeschreiblich, der Lärm auch. Sie lagerten um eine Art Ofen herum, einen uralten winzigen Kanonenofen, der auf einer Metallplatte stand und eine angenehme Wärme ausstrahlte. Das Rohr führte durch ein Loch in dem Dach nach draußen. Die Männer lagen auf Decken um diese Hitzequelle herum, waren selig, hatten wahrscheinlich die gesamten

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