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Eifel-Müll

Eifel-Müll

Titel: Eifel-Müll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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furchtbar«, murmelte Emma müde und öffnete die Augen nicht, lächelte aber.
    Es war wieder schwül, die Hitze staute, von Heyroth her zogen neue Gewittertürme hoch, der Wind frischte in Böen auf und bewegte die Oberfläches des Teiches.
    »Da ist Flucht angesagt«, stellte Rodenstock fest. »Komm her, meine Liebe, wir ziehen um ins Wohnzimmer.«
    Wenig später rauschte der Regen wie aus Eimern und ging dann in einen ordentlichen Hagelschlag über, so dass die Landschaft vorübergehend winterlich weiß war. Und ebenso rasch, wie es begonnen hatte, verzog sich das nasse Wetter wieder.
    Ich stand am Fenster meines Arbeitszimmers und guckte hinunter auf meinen Teich, dessen Wasser nach solchen Duschen immer klar und durchsichtig ist. So konnte ich die Sache mit Thusnelda beobachten.
    Thusnelda war eine Goldbrasse, die mir ein eifriger Zierfischverkäufer mit Hilfe von ungeheuren Wortblasen angedreht hatte. Thusnelda zeichnete sich im Chor meiner Teichbewohner dadurch aus, dass sie immer ein wenig später schaltete als alle anderen. Gab es was zu fressen, kam sie stets zu spät, gab es mittels einer Fontäne frischen Sauerstoff, war Thusnelda die Letzte, die das entdeckte. Wenn eine frische Algenwolke in der Sommerwärme aufstieg und an der Oberfläche schwamm, war Thusnelda der Fisch, der das erst merkte, wenn die anderen schon satt waren. Thusnelda war der typische Verlierer, wobei ich gar nicht wusste, ob sie ein Männchen oder ein Weibchen war. Zumindest war sie trotz allem Stück um Stück gewachsen und verfügte nun über einen goldschimmernden 25-Zentimeter-Leib. Und sie hatte von den Koikarpfen gelernt, sich im Flachwasser in den Schlamm zu legen und möglichst unsichtbar unter blühenden Algen zu ruhen, das heißt: träge zu dösen. Thusnelda war eine große Schläferin vor dem Herrn.
    Auch jetzt, im klaren Wasser, sah ich sie goldschimmernd zwischen zwei Wassersalatköpfen unter den Schwimmwurzeln ruhen und selig pennen. Sie musste schlafen, denn Satchmo, mein Kater, hockte etwa zehn Zentimeter entfernt zwischen zwei blauen Iris und betrachtete Thusnelda liebevoll, ohne einen einzigen Muskel zu rühren. Das Wasser über Thusnelda war bestenfalls einen Zentimeter hoch.
    Mit einer hysterischen Bewegung riss ich drei Aktenordner von der Fensterbank, dann das Fenster auf und brüllte: »Satchmo! Du Sauhund!«
    Satchmo bewegte sich kaum, drehte seinen schönen Kopf unendlich langsam. Er wusste aus Erfahrung: Wenn Herrchen aus dem ersten Stock brüllt, kann er mich. Er blinzelte nicht mal, als er mich so betrachtete. Dann brachte er seinen Kopf in die Ausgangsposition zurück und reckte ihn sanft nach vorn, so dass er eine bösartig lauernde Form einnahm.
    Ich schrie noch einmal, wusste aber genau, dass alles zu spät war. Cisco kam um die Hausecke geschossen, um zu sehen, was los war. Aber der Hund griff natürlich nicht ein, weil er genau wusste, wenn er Satchmo jetzt störte, bekam er einen auf die Zwölf und musste drei Tage leiden.
    Satchmo stellte sich auf die Hinterbeine und schlug mit beiden Vorderpranken zu. Thusnelda flog glitzernd durch die Luft und landete fünfzig Zentimeter vom Teich entfernt im saftigen Gras. Satchmo war gründlich und schnell, sprang hinterher und warf den Fisch einen Meter weiter. Schließlich stand der Kater mit beiden Vorderpfoten auf der armen Thusnelda und drehte seinen Kopf noch einmal unendlich gelangweilt in meine Richtung. Dann biss er zu.
    Als ich ein paar Minuten später zur Beerdigung schritt, war von Thusnelda wenig geblieben. Und das Wenige sah aus wie ein arm gewordener Hering. Ich warf diesen Rest zurück in den Teich. Irgendwo im hohen Gras hockte Satchmo und beobachtete mich. Wahrscheinlich dachte er so etwas Ähnliches wie: Armer Irrer!
    Eine Viertelstunde später lenkte Hardbeck seinen Wagen auf den Hof. Er fuhr einen Mercedes-Kompressor, ein Auto, das hundertprozentig zu ihm passte – oder umgekehrt. Er trug schwarze Jeans, ein schwarzes Hemd, schwarze Slipper, er war ein eleganter, schlanker Mann.
    Als ich ihm die Türe öffnete, sagte er: »Hallo!« und wischte wieselflink an mir vorbei. »Irgendwelche Leute haben mich wahrscheinlich verfolgt.«
    »Kommen Sie herein«, wollte ich sagen, aber er war ja schon drin.
    Rodenstock stellte Emma und sich vor und deutete auf eine Flasche Wehlener Wein. »Ein guter Weißer. Wollen Sie?«
    »Ja.« Er setzte sich.
    Rodenstock goss ein: »Danke, dass Sie gekommen sind. Wir haben ein paar Fragen, weil wir an dem Fall ...

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