Eifel-Müll
inzwischen auch für denkbar, dass jemand erpresst worden ist. Wer? Welcher Ihrer Freunde kommt als Opfer infrage?«
»Lieber Himmel, das können Sie nun wirklich nicht von mir verlangen. Das geht zu weit!«
Seltsamerweise sagte Emma: »Einverstanden. Aber Sie sichern uns zu, dass Sie selbst nicht erpresst worden sind?«
»Die Garantie gebe ich!«, nickte er.
»Eine andere Frage.« Emma nahm eine Wolldecke und breitete sie über ihre Knie. »Ich stelle mir die Runde in Tina Colins Wohnzimmer vor. Da werden nicht nur Geschäfte gemacht, sondern auch Witze erzählt, Anekdoten, Geschichten aus dem wahren Leben. Es wird gegessen und getrunken, und zuweilen herrscht große Fröhlichkeit. Die Damen Colin huschen durch das Gemäuer und bedienen. Wie war denn Natalie bei diesen Anlässen angezogen?«
Hardbeck hielt den Kopf gesenkt und rieb sich wieder die Hände.
»Peinliche Frage, nicht wahr?«, fragte Rodenstock mit sanftem Spott.
»Peinlich«, bestätigte Hardbeck und hob den Kopf nicht. »Sie trug stets Miniröcke und immer Oberteile, die eine Menge Bauch freiließen und eine Menge Busen. Dazu hochhackige Schuhe.«
»Sexy?«, fragte ich.
»Ja, sexy. Wenn sie sich über den Tisch beugte, sah das immer so aus, als böte sie sich an. Es war ... es war schon nuttenhaft.«
»Und das ist auch der letzte Grund, weshalb Sie sie unter keinen Umständen als Schwiegertochter akzeptiert hätten«, sagte ich.
»Ja.«
»Haben Sie je erlebt, dass sie mit einem der Gäste irgendwohin verschwand?«
»Nein, nie.« Er fuhr sich mit seinen zittrigen Händen über das Haar. »Sicher, sie machte uns an. Auf der anderen Seite war ich der Wunsch-Schwiegervater«, sagte er hohl. »Verdammt, es war eine ewige Schiefläge.«
»Ich vermute etwas.« Emma sah ihn lächelnd an. »Und zwar, dass Sie – wenn die Wellen des Vergnügens ganz hochschlugen – die Runde verließen und nach Hause fuhren.«
»Das stimmt«, sagte er verblüfft.
»Ist Ihnen denn nie erzählt worden, was danach im Forsthaus passierte?«, fragte Rodenstock. »Es muss doch grinsende, männliche Bemerkungen gegeben haben.«
Hardbeck sagte eine Weile nichts, stöhnte nur: »Scheiße!«, und dann: »Warum tue ich mir das an?«
»Herr Hardbeck«, sagte ich, »war das so?«
»Es gab manchmal Bemerkungen«, gestand er ein.
»Und Sie haben weggehört«, murmelte Emma. »Das ist zu verstehen. Sie sagten, dass Sie nie erlebt haben, dass Natalie mit einem der Gäste für eine Weile verschwand. Die Frage war falsch gestellt, denke ich. Die Frage muss lauten: Kam es vor, dass alle Männer aufbrachen, aber einer aus der Runde blieb noch?«
»Um Gottes willen, was soll ich darauf antworten? Na, gut. Ich könnte mir vorstellen, dass das vorgekommen ist.«
»Oft?«, fragte Rodenstock. Das klang wie ein Pistolenschuss.
Hardbeck wollte nicht, aber ein Entkommen war nicht möglich.
»Wir werden das alles ohnehin herausfinden«, murmelte ich.
»Oft!«, sagte er endlich.
»Und wer blieb zurück?«, fragte Emma unerbittlich.
»Das weiß ich nicht.« Sein Kopf ruckte nach vorn. »Bis hierher und nicht weiter. Das können Sie nicht verlangen.«
»Wir verlangen gar nichts«, erklärte Rodenstock ruhig. »Ich nehme an, Sie haben der Mordkommission alle Namen von der Runde in Tinas Colins Haus gegeben?«
»Habe ich.«
»Würden Sie uns die Namen auch geben?«, fragte ich.
»Das ist ja kein Geheimnis«, stimmte er zu.
»Wenn es eine Erpressung gab«, sagte Emma tief in Gedanken, »was schätzen Sie, um wie viel Geld konnte es dabei gehen?«
»Wenn es um Erpressung geht, geht es immer um die Existenz. Das ist eine Binsenweisheit.«
Ein Handy fiepste. Hardbeck griff in seine Tasche und zog es hervor. »Ja, bitte?« Er hörte zu, bis er uns mitteilte: »Tut mir Leid, ich muss heim. Meiner Frau geht es nicht gut, sie haben den Arzt rufen müssen.«
»Schreiben Sie uns doch bitte noch die Namen des harten Kerns Ihrer Runde auf«, bat ich und legte ein Blatt Papier und einen Kugelschreiber vor ihn hin.
»Klar doch«, nickte er.
Drei Minuten später hatte er vier Namen auf das Papier geschrieben:
Herbert dessen, Bad Münstereifel, Im- und Export Hans Becker, Maria Laach, Kaufmann und Unternehmer Andre Kleimann, Euskirchen, Unternehmer und Finanzier Dr. Lothar Grimm, Koblenz, Industriebeteiligungen Hardbeck stand schon in der Haustür, als Rodenstock ihm nachrief: »Und diese Männerrunde macht in Müll? Alle?«
»Ja«, antwortete Hardbeck. »Alle. Sie haben Firmen oder
Weitere Kostenlose Bücher